Ein junges Mädchen ging zum Rabbiner ihres Dorfes und schilderte ihm mit Tränen in den Augen ihre Lage. Sie war verlobt, aber ihre Freude auf die Hochzeit wurde von der Tatsache getrübt, dass sie und ihr Bräutigam arme Waisen waren. Sie hatten kein Geld für das Brautkleid und eine anständige Hochzeitsfeier.

Der gutmütige Rabbiner sagte: „Hab keine Angst, mein Kind. Mit G-ttes Hilfe werden wir eine schöne Hochzeit feiern.“ Getröstet von den Worten des Rabbis, ging das Mädchen nach Hause. Kaum war sie fort, zog der Rabbiner den Mantel an und verließ das Haus, um Geld für die Hochzeit zu sammeln.

Zuerst besuchte er eines der reichsten Gemeindemitglieder, einen großzügigen Mann. Bei ihm, dachte der Rabbi, würde er gewiss Erfolg haben.

Als er ankam, begrüßte der Reiche ihn herzlich. „Friede sei mit Euch, Rabbi“, sagte er. „Euer Besuch ist mir eine Ehre. Bitte erlaubt mir, die Mizwa, Gäste zu bewirten, angemessen zu befolgen.“

Dann bot er dem Rabbiner einen Platz und Obst an. Der Rabbiner zeigte auf die Früchte und sagte: „Ich danke dir für die Früchte, die du mir anbietest. Aber ich möchte auch, dass du die Frucht genießt, die ich dir mitgebracht habe.“ Der Mann war überrascht, und der Rabbiner erklärte:

„Wie wir im Morgengebet sagen, gibt es Dinge, deren Früchte wir auf dieser Welt genießen und die uns Ehre in der kommenden Welt einbringen: Seinen Vater und seine Mutter ehren, wohltätig und gastfreundlich sein, Kranke besuchen, eine Braut ausstatten und so weiter. Siehst du, mein Freund, ich sammle Geld, damit ein armes Waisenmädchen heiraten kann, und ich gebe dir die Möglichkeit, an dieser großen Mizwa – hachnasat kalla – teilzuhaben.“

Lächelnd erwiderte sein Gastgeber: „Wenn du bleibst und dich erfrischst, übernehme ich die gesamten Kosten. Und wenn deine Zeit es dir erlaubt, möchte ich dir eine Geschichte erzählen, die erklärt, warum ich so begierig bin, diese Mizwa zu erfüllen.“

Natürlich war der Rabbiner neugierig zu erfahren, warum sein Gastgeber ein so großzügiges Angebot machte. Er setzte sich bequem hin und hörte aufmerksam zu.

„Es geschah kurz nach meiner Hochzeit. Zum ersten Mal ging ich auf den Markt, um mein Glück zu machen. Ich hatte viel Geld in der Tasche und wollte mich in den Lärm und die Aufregung des Handels stürzen. Auf einmal bemerkte ich eine arme Frau, die abseits stand und leise weinte. Ich war bestürzt und ging zu ihr, um sie nach dem Grund ihrer Tränen zu fragen. Sie erzählte mir, ihre Tochter wolle bald heiraten, aber sie habe kein Geld. Sie und die Braut seien verzweifelt.

Das Geld in meiner Tasche fühlte sich plötzlich wie eine schwere Last an. Ich holte es heraus und gab es der Frau, ohne ein Wort zu sagen. Dann lief ich weg, bevor sie sich bedanken konnte. Mir blieb keine andere Wahl, als nach Hause zu gehen, denn ich hatte kein Geld mehr, um damit zu handeln.

Unterwegs hielt mich ein Fremder an, grüßte mich freundlich und bot mir einige Diamanten zum Kauf an. Da mein Vater Diamantenhändler gewesen war, verstand ich etwas von diesen Steinen. Sie waren sehr schön, und der Preis war angemessen. Ich sagte, ich würde die Steine gerne kaufen, hätte aber kein Geld. Das schien den Fremden nicht zu überraschen. Er sagte: ‚Ich kannte deinen Vater und weiß, dass du ein ehrlicher Mann bist. Nimm sie auf Kredit, und wenn du sie verkauft hast, bezahlst du mich. Du findest mich in der Studienhalle.‘

Es fiel mir nicht schwer, die Diamanten mit großem Gewinn zu verkaufen. Am Ende des Tages eilte ich in die Studienhalle, um meine Schulden zu bezahlen. Aber der Fremde war nirgendwo zu finden. Als ich wieder zu Hause war, berechnete ich meinen Gewinn – er war zehnmal höher als der Betrag, den ich der armen Frau gegeben hatte. Ich legte das Geld beiseite, aber ich habe den Fremden nie wieder gesehen.

Seitdem bin ich, G-tt sei Dank, sehr erfolgreich gewesen und war mir der Bedeutung dieser Mizwa immer bewusst. Darum erlaubt mir, Rabbi, die Hochzeit der verwaisten Braut in meinem Haus auszurichten.“

Der Reiche gab dem Rabbiner Geld für das Hochzeitskleid und einen zusätzlichen Betrag, mit dem das Paar ein Haus bauen konnte. Die Hochzeit wurde mit großer Freude gefeiert, und das junge Paar konnte ein jüdisches Heim einrichten, das der Stolz der Gemeinde war.