I. Zu dem Vers „Und dies sind die Nachkommen Jizchaks, des Sohnes Awrahams; Awraham zeugte Jizchak“1 fragen die Kommentatoren: Was ist der Grund für die Wiederholung von „Awraham zeugte Jizchak“ nach der Angabe „Jizchak, des Sohnes Awrahams“?
Es gibt eine Erklärung, die sich aus dem einfachen Sinn des Verses ergibt: Die Realität einer „Nachkommenschaft Jizchaks, des Sohnes Awrahams“ – (Nachkommenschaft im wörtlichen Sinne sowie im Sinne der Midrasch-Interpretation: „Die wirkliche Nachkommenschaft der Gerechten sind ihre Tora und Mizwot“2) – wurde möglich, weil „Awraham Jizchak zeugte.“
II. Eine Reihe von Dingen begann mit Jizchak. Zum Beispiel war Jizchak der erste, der im Alter von acht Tagen beschnitten wurde,3 und er war der erste, der im Alter von 13 Jahren Bar-Mizwa wurde.
(Awraham wurde beschnitten, als er bereits 99 Jahre alt war, und er wurde nicht im Alter von 13 Jahren Bar-Mizwa. Unter unseren Weisen gibt es mehrere Meinungen darüber, wie alt Awraham war, als er den Schöpfer erkannte: drei Jahre4 oder 40 Jahre5 oder 48 Jahre6 – aber niemand erwähnt das Alter von 13 Jahren.)
Diese beiden Präzedenzfälle werden angedeutet in dem Vers: „Und das Kind wuchs heran, und es wurde entwöhnt (Wajigamal), und Awraham machte ein großes Fest am Tag, an dem Jizchak entwöhnt wurde (Higamel)“.7 Nach einer Meinung8 fand dieses Fest anlässlich der Beschneidung statt, worauf das Wort Higamel hinzuweisen scheint: Die erste Hälfte dieses Wortes entspricht numerisch der Zahl acht, und die zweite Hälfte bedeutet „beschnitten“, womit auf die Beschneidung angespielt wird, die stattfand, als Jizchak acht Tage alt war. Eine andere Meinung interpretiert das Wort Wajigamal dahingehend, dass „er vom Jezer haRa zum Jezer Tow hin entwöhnt wurde“9 – was im Alter von 13 Jahren geschieht.10
Der Midrasch11 erklärt, dass der Ausdruck „großes (Fest)“ bedeutet, dass (1) der Große Eine des Universums – G-tt – dort war. [Dies würde mit dem Vers „Mein Sohn, heute habe Ich dich gezeugt“12 übereinstimmen, wie er von unseren Weisen13 interpretiert wird, nämlich dass er sich auf den Tag der Bar-Mizwa von König David bezieht: G-tt sagte „Ich habe dich gezeugt“, d. h., Ich, sozusagen, und nicht die Sitra Achara (die „Gegenseite“ – die Seite des Bösen, wie der Jezer haRa), die bis jetzt vorherrschte. Mit anderen Worten, er wurde vom Jezer haRa zum Jezer Tow hin bewegt.]
(2) Das Wort „groß“ bedeutet, dass es ein Fest für die großen Persönlichkeiten gab: Og, der König von Baschan, und alle Großen der damaligen Generation waren anwesend. Alle Völker hatten Awraham zu ihrem König ernannt,14 als Awraham also dieses Festmahl gab, lud er die verschiedenen Könige ein, auch Og.
Der Midrasch berichtet weiter,15 dass Og sagte: „Was bedeutet er schon? Ich kann Awrahams einzigen Sohn, Jizchak, mit einem Finger zerquetschen!“ Da sagte der Heilige, gesegnet sei Er, zu ihm: „Bei deinem Leben! Du wirst noch Tausende und Myriaden seiner Nachkommen sehen, und dein Schicksal wird sein, in ihre Hände zu fallen!“
III. Die einzigartigen Eigenschaften von Jizchak [Beschneidung mit acht Tagen und Bar-Mizwa mit 13 Jahren] lassen sich wie folgt erklären:
Der Vorteil der Beschneidung mit acht Tagen liegt in einer Bindung an G-tt, die über Vernunft und Verstand hinausgeht. Awraham beschnitt sich selbst, als er 99 Jahre alt war, nachdem er bereits große Weisheit erlangt hatte – wie sein Name „Awram – Aw Ram (erhabener Vater)“ andeutet, d. h. der „verborgene Intellekt jenseits aller Gedanken“, wie in den Werken der Kabbala und Chassidut erklärt wird.16 Die Beschneidung im Alter von acht Tagen ist jedoch höherwertig, denn hier wird ein Kind, das noch keinen Intellekt hat, mit G-tt in einer immerwährenden Bindung verbunden, die über Vernunft und Verstand hinausgeht.17 Dies ist keine Bindung, die auf irgendeiner Wahrnehmung beruht, sondern entspricht den natürlichen, instinktiven Gefühlen, die ein Kind gegenüber seinen Eltern hat und sich zu ihnen hingezogen fühlt.
IV. In einigen Texten wird in Frage gestellt, ob die Mizwa der Beschneidung zum Zeitpunkt der eigentlichen Beschneidung vollständig erfüllt ist, oder ob es sich um eine kontinuierliche Mizwa handelt – d. h. eine Mizwa, die auch nach dem eigentlichen Akt ständig erfüllt wird.18 Die Gemara19 berichtet, dass König David einmal ins Bad ging, und als er sich nackt sah, ausrief: „Wehe mir, dass ich nackt dastehe und keine Mizwot an mir habe!“ Aber sobald er die Beschneidung am Körper sah, war sein Gemüt beruhigt. Dies scheint eindeutig darauf hinzuweisen, dass die Beschneidung eine kontinuierliche Mizwa ist.
In Bezug auf die Awoda bedeutet dies, dass wir auch im späteren Leben, nachdem wir Vernunft und Verstand erlangt haben, die Bindung an und den Bund mit G-tt genau so beibehalten sollen, wie der Bund zum ersten Mal durch die Beschneidung im Alter von acht Tagen geschlossen wurde, d. h. über Vernunft und Wissen hinaus.
Wenn diese Bindung vom Intellekt abgeleitet und dem Intellekt unterworfen wäre, wäre sie ziemlich begrenzt – ob oberflächlich oder tiefgründig, aber in jedem Fall begrenzt. Daher muss die Bindung an G-tt auch nach Erreichen der intellektuellen Reife mit Mesirat Nefesch und Kabbalat Ol erfolgen, d. h. über Vernunft und Wissen hinausgehen.20
V. Als Awraham „an dem Tag, an dem Jizchak entwöhnt wurde“, ein Fest veranstaltete, um Jizchaks Bindung zu G-tt zu markieren – sei es durch den „ewigen Bund“ (die Beschneidung) oder wegen „Heute habe Ich dich gezeugt“, d. h. seine Bar-Mizwa –, verspottete ihn Og, der König von Baschan, und brüstete sich damit, dass er mit seiner Macht und Stärke alles zerstören könne. Awraham aber war von seiner Prahlerei unbeeindruckt. Vielmehr wurde der Tag, an dem Jizchak entwöhnt wurde, mit großem Pomp gefeiert. Außerdem begann schon damals der Untergang Ogs, denn die bloße „Rede des Heiligen, gesegnet sei Er, ist gleichbedeutend mit einer Handlung“21, und Og wurde an diesem Tag gesagt, dass er durch die Nachkommen Jizchaks fallen würde.
VI. All dies ist in unserem ursprünglichen Vers impliziert. Die Tatsache, dass „Awraham Jizchak zeugte“, machte es möglich, dass „Nachkommenschaft von Jizchak“ entstehen konnte, denn: (a) Awraham zeugte Jizchak, und (b) er ermöglichte es Jizchak, Nachkommen zu haben.
Von Awraham heißt es: „Awraham war (nur) einer“22, d. h., er war der einzige Jude auf der ganzen Welt: „Die ganze Welt war auf der einen Seite, er aber auf der anderen Seite.“23 Trotzdem übernahm er die Aufgabe, den Namen G-ttes überall zu verkünden: „Und er verkündete den Namen des Ewigen, E-l Olam (der ewige G-tt)“24. Er sagte nicht: E-l haOlam (G-tt des Universums), was bedeuten würde, dass G-tt und das Universum zwei getrennte Entitäten sind und G-tt lediglich der Herrscher des Universums ist. Awraham verkündete, dass das Universum an sich „nur durch Seine wahre Existenz besteht“;25 es ist nicht etwas, das von der G-ttlichkeit getrennt ist, denn „Es gibt nichts sonst außer Ihm.“26
Awraham übertrug und vererbte diese Lebensweise an seinen Sohn Jizchak. So machte er es möglich, dass es „Nachkommenschaft von Jizchak“ im Sinne von Tora, Mizwot und guten Taten sowie Nachkommenschaft im wörtlichen Sinne gibt – mit Nachkommen, die für immer Bestand haben und fest gegründet stehen werden, in deren Hand Og schließlich fallen würde.
VII. All dies ist für jeden Juden von Bedeutung:
Wenn ein Jude über seine Situation nachdenkt, wird er feststellen, dass er in einer rauen und bösen Welt lebt, in der die Bösen die Oberhand haben.27 Er stößt auf viele und vielfältige Hindernisse und Störungen. Er stellt fest, dass der größte Teil seiner Zeit von weltlichen Beschäftigungen in Anspruch genommen wird, die in starkem Gegensatz zu den Idealen der Heiligkeit stehen. Dieser Widerstand gegen die Heiligkeit ist wie die Macht von Og gegen ein acht Tage altes Kind – und sogar stärker als diese. Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für das jüdische Volk als Ganzes, von dem es heißt: „Ihr seid das kleinste unter allen Völkern.“28
Außerdem gibt es Zyniker, die spöttisch sagen, dass er dazu verdammt ist, zerquetscht und ausgerottet zu werden, wenn er heilige Handlungen vornimmt, insbesondere wenn er ein großes Fest veranstaltet, damit „alle Völker der Erde sehen, dass der Name des Ewigen über dir angerufen wird.“29
All dies mag ihn dazu bringen, sich zu fragen: „Wie kann ich denn Tora, Mizwot und gute Taten ausführen?“ Er kann sich dieser Pflicht nicht entziehen, denn sie wird von ihm nicht nur bei Ne-ila an Jom Kippur verlangt, sondern die ganze Zeit über. Wie kann er denn all diese störenden Hindernisse überwinden?
Zu diesem Zweck wird ihm folgende Anweisung gegeben: Die Begebenheiten (Taten) der Väter sind ein Zeichen für ihre Nachkommen und verleihen ihnen eine Fähigkeit.30 „Awraham zeugte Jizchak“; auch du bist ein Nachkomme Awrahams – des Vaters aller Juden, der sich von der ganzen Welt nicht beeindrucken ließ und laut verkündete: „E-l Olam, die Welt ist G-ttlich, es gibt nichts sonst außer Ihm!“ So zeugte er Jizchak in den beiden oben genannten Bedeutungen [Abs. I].
Kein Jude, egal wo und egal wann, hat etwas von denen zu befürchten, die nur an ihre Macht und die Stärke ihrer Hände denken. Er ist mit G-tt in einer Weise verbunden, die Vernunft und Verstand übersteigt, und er bezieht diese Verbindung auf seine alltägliche Existenz und seine Aktivitäten. Auf diese Weise verwandelt er das Physische in Werkzeuge für das G-ttliche31 – also die geistigen Nachkommen von Jizchak. Dies wiederum wird auch zu einer buchstäblichen Nachkommenschaft Jizchaks führen – d. h. zu tatsächlichen Nachkommen, die all jene besiegen werden, die wie Og gegen G-tt und seine Tora kämpfen. Dies wiederum ist die Grundsteinlegung und Vorbereitung für die Eroberung des Landes Israel, des Heiligen Landes, durch unseren gerechten Maschiach, und zwar bald in unseren Tagen, Amen.
(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat Chaje Sara 5719)
Diskutieren Sie mit