Es war der Sommer 1974. Rabbi Israel und seine Frau Aviva Deren wurden vom Lubawitscher Rebben nach Amherst, einer Studentenstadt der Universität von Massachusetts, entsandt, um mit den jüdischen Studenten zu arbeiten und das Licht des Judentums in Ihrem Umfeld zu verbreiten.
Rabbi Deren wollte die Eröffnung des Chabad-Hauses mit einer eindrucksvollen Feier begehen, die allen lange in Erinnerung bleiben sollte. Er beschloss, im Konzertsaal des Art Centers, das zur gleichen Zeit an der Universität eröffnet wurde, eine Show zu veranstalten, an der der berühmte jüdisch-amerikanische Sänger Theodore-Meir Bickel teilnehmen sollte, der damals als großer Star galt.
Rabbi Deren scheute keine Mühe, um die Veranstaltung öffentlich zu bewerben. Er druckte aufmerksamkeitsstarke Anzeigen und schaltete Werbung in den lokalen Medien. Viele Hoffnungen wurden in das Konzert gesetzt, das als erfolgreicher Startschuss für seine bevorstehende Arbeit dienen sollte.
Doch zwei Stunden vor Schabbat wurde alles plötzlich auf den Kopf gestellt. Rabbi Deren hatte nämlich in der Kartenverkaufsstelle angerufen, um sich zu erkundigen, wie viele Karten bereits verkauft wurden. „Warten Sie einen Moment“, sagte die Angestellte, „siebenundachtzig Karten.“
Rabbi Deren traute seinen Ohren nicht. „Nein, ich spreche von der Vorstellung, die am Sonntag stattfindet“, sagte er. „Ja, ich meine diese Vorstellung“, antwortete die Angestellte entschieden. Rabbi Deren konnte es nicht fassen. Das bedeutet einen totalen Misserfolg für die Veranstaltung!
So sehr er auch versuchte, seine Sorgen während des Schabbats zu unterdrücken, es gelang ihm einfach nicht. Am frühen Samstagabend stand er im zweiten Stock des neuen Chabad-Hauses und blickte mit gebrochenem Herzen auf den Konzertplatz hinaus.
Plötzlich blitzte in seinem Gedächtnis eine Geschichte über den Chassid Rabbi Menachem-Mendel Futerfas auf, der ein Teil des chassidischen Untergrunds war. Menschen wie er hielten das Judentum in der Sowjetunion unter schwierigsten Bedingungen am Leben. Rabbi Mendel wurde von den Behörden festgenommen und zu acht Jahren Gefängnis und harter Arbeit in einem Zwangsarbeitslager in Sibirien verurteilt.
Eines Tages spürte Rabbi Mendel, dass sein Leid zu groß geworden war. Er war gebrochen und erschöpft von der harten Arbeit, dem Hunger und der Kälte. Die Einsamkeit und die Trennung von seiner Familie und dem Rabbi brachen seinen Geist. „In guten Zeiten“, so dachte er sich, „würde ich einen Brief an den Rebben schreiben. Aber von hier aus kann ich keinen physischen Brief abschicken. Wenn das so ist, werde ich einen Brief in Gedanken schicken“. Daraufhin bereitete er sich geistig vor und „schrieb“ dem Rebben einen „Brief“ in Gedanken.
Die Jahre vergingen. Rabbi Mendel konnte das Lager verlassen und war wieder mit seiner Familie vereint, die in London lebte. Er war überrascht, als er von seiner Frau erfuhr, dass zur gleichen Zeit, als er den Brief an den Rebbe „schickte“, ein Brief vom Rebben im Hause seiner Familie eintraf, in dem der Rebbe schrieb, dass er den Brief von Rabbi Mendel erhalten hatte. Der Chassid erklärte seiner Familie, dass er den Brief nur in Gedanken abgeschickt hatte.
Rabbi Deren reflektierte über diese Geschichte und dachte sich: „Wenn ich ein wahrer Chassid wäre, würde ich mich wie Rabbi Mendel verhalten! Ich würde jetzt einen Brief an den Rebben „schicken“ und schreiben: "Rebbe! Du hast mich hierher geschickt, um G-ttes Namen zu verherrlichen, doch das genaue Gegenteil wird hier bald geschehen. Bitte, Rebbe, rette mich!"
Nach dem Frühstück am Sonntagmorgen, marschierte er mutlos in Richtung des Konzertplatzes und bereitete sich innerlich auf das Schlimmste vor. Als er an der Straßenecke vorbeikam, bot sich ihm ein erstaunlicher Anblick: Lange Schlangen bildeten sich vor den Kassen. Eine riesige Menschenmenge war gekommen, um Karten für die Show zu kaufen. Rabbi Deren rieb sich die Augen. Er musste sich kneifen, um sicher zu sein, dass er nicht träumte.
Schnell kam er wieder zur Besinnung und begrüßte die Besucher mit einem breiten Lächeln. Mehr als tausend Menschen kamen zu der Veranstaltung, und sie war in jeder Hinsicht erfolgreich. Einen größeren Erfolg hätte er sich nicht wünschen können.
Unter den Teilnehmern war auch die Großmutter von Rabbi Deren, die extra aus New York angereist war. Am Ende der Show eilte sie zurück nach New York, weil sie und Rabbi Derens Eltern anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter ein privates Treffen mit dem Rebben vereinbart hatten.
Im Laufe der Audienz segnete der Rebbe die Braut und den Bräutigam und anschließend erzählte die Großmutter dem Rebben von dem Konzert in Amherst. Der Rebbe begann, Fragen zu jedem Detail des Events zu stellen. Schließlich fragte er: „Und, wie viele haben teilgenommen?“. Die Großmutter antwortete: „Mehr als tausend!“
„Mehr als tausend!“, wiederholte der Rebbe ihre Worte, „und gestern war die Stimmungslage von Israel noch so schlecht!“ Als sie die Audienz verließen, riefen die Familienmitglieder Rabbi Deren an und berichteten ihm von der Reaktion des Rebben. Sie fragten ihn: „Hast Du den Sekretär des Rebben angerufen und ihm von Deinen Sorgen erzählt?“ „Nein“, antwortete er ihnen. „Ich habe keinen physischen Brief geschrieben und ich habe nicht telefoniert. Ich habe den ,Brief‘ nur im Geiste abgeschickt, und es hat sich herausgestellt, dass der Rebbe ihn erhalten hat“...
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