Simcha (Freude) ist eine Planierraupe, die Schranken durchbrechen kann. Depression kann zu apathischer Lähmung führen. Im Chassidischen Lebensstil ist der Spruch „Diene G-tt mit Freude“ nicht nur eine Redewendung, sondern es ist die Tagesordnung des Lebens. Man stelle sich nur vor, dass zwei Ringer im Ring miteinander Kämpfen. Der eine mag zwar stärker sein als der andere, aber derjenige, der gewandter und enthusiastischer ist, wird gewinnen. Ähnlich ist es im G-ttes-Dienst (Awodat Haschem). Die Nefesch HaBehamit kämpft andauernd mit der Nefesch Elokit. Nur mit einer frohen Einstellung und Himmlischer Hilfe wird man seine Schwächen überwinden. Depression ist nicht eine der 365 negativen Gebote, aber sie kann zu tiefsten spirituellen Abgründen führen. Im Buch Tanja unterscheidet Rabbiner Schneur Zalman zwischen Melancholie, bzw. Bitternis und Depression. Wenn ein Mensch wegen seiner spirituellen Lage traurig ist und sich nach einer höheren Ebene sehnt, dann kann die Bitternis als Sprungbrett zu erneuter Anstrengung dienen, um die spirituelle Leiter zu erklimmen. Wenn jedoch diese Traurigkeit in Depression umschwingt, die zu Faulheit und Apathie führt, dann ist das ganz bestimmt nicht koscher und kommt von der bösen Neigung. Durch diese Unterscheidung kann schnell herausgefunden werden, woher jene Gefühle kommen. Man kann sich fragen „Werden diese Gefühle zu etwas Gutem führen? Wird das, was ich fühle, dazu führen, dass ich mich mehr anstrenge, oder wird es mich auf die schiefe Bahn bringen?“
„G-tt mit Freude dienen“ nennt Maimonides Awodat Gedola – eine immense Anstrengung. Der Zustand der Simcha (Freude) hat nichts mit leichtfertigem Treiben oder oberflächlicher Bedürfnisbefriedigung zu tun. Freude kann als das Wissen definiert werden, dass man jederzeit genau das tut, was G-tt will. Der Arisal sagt, dass all seine größten spirituellen Erfahrungen durch Simcha Schel Mitzwa, d.h. durch Freude bei der Ausführung eines Gebotes erlangt wurden. Eine Begebenheit im Leben des früheren Lubawitscher Rebben, Rabbiner Yosef Yitzchak Schneerson, illustriert diesen Punkt. Er beschreibt einen Juden, der in der kleinen Stadt Lubawitsch in Russland lebte. Er hieß Reb Yisrael der freilicher (Israel der Frohe). Er vollführte wahre Freudentänze and sagte oft: “Wenn Reb Yisrael Gornischt (Rabbi Israel der Nichtige) G-tt Freude (Nachas) durch das Erfüllen eines Gebotes (Mitzwa) bereiten kann, sollte ich dann keine Freudentänze vollführen?“ Seine Aussage war eine Einfache. Im Vergleich mit G-tt sind wir nichts. Nichtsdestotrotz hat G-tt uns wissen lassen, dass er Freude daran hat, wenn wir seine Gebote erfüllen. Wenn man sich vorstellt, dass ein sterbliches Wesen dem Allmächtigen Freude bereiten kann, dann ist das sicherlich Grund zum Feiern. Reb Yisrael verstand, dass dies eine immense Chance war. Er verstand, dass wir ein einzigartiges Geschenk bekommen haben, nämlich die Fähigkeit, mit Heiligkeit verbunden zu sein.
Rabbiner Schneur Zalman erklärt diesen Punkt in Tanja mit einer Analogie: Man stelle sich einen Menschen vor, der ein mittelloses und unglückliches Leben führt. Dann kommt ein mächtiger König, der sich dieses elenden Menschen an nimmt und ihn aus dem Sumpf holt. Er bringt ihn in die innersten Kammern seines Palastes. In der Abgeschiedenheit umarmt der König diese arme Kreatur, umarmt und küsst ihn und erzählt ihm, wie sehr er ihn mag. Der Mann ist überwältigt! Jemand hat Interesse an ihm gefunden, und dies ist sogar der König! Er ist total von der Güte und Ernsthaftigkeit des Königs überwältigt. So ist es mit G-tt. Er brachte die Juden aus der Mittellosigkeit und Verderbtheit Ägyptens und heiligte sie mit den Geboten. Er erwählte uns aus allen Völkern und gab uns Sein ewiges Geschenk.
In der heutigen Generation ist es eine noch nie da gewesene Herausforderung, ein Leben zu führen, das der Tora und den Geboten gewidmet ist. Es gibt unzählige Ablenkungen. Heutzutage scheint niemand irgendwo vor Bildern oder Andeutungen sicher zu sein, die ihn in die Irre führen könnten. Trotz der eindringlichen Einwirkungen auf die niederen Instinkte kann man alles erreichen, wenn man motiviert ist. Einer der stärksten Antriebskräfte ist die Freude daran, ein Jude zu sein, die Gebote (Mitzwot) zu halten, Tora zu lernen und G-tt zu dienen. Wenn man G-tt bloß aus Gewohnheit oder, was noch schlimmer ist, gezwungenermaßen dient, dann wird man gegenüber den äußeren Kräften keinen Erfolg haben. Man kann einen Tora getreuen Lebensstil heutzutage damit vergleichen, eine Rolltreppe hochzugehen, die hinunterfährt. Wenn man still steht, geht man automatisch nach unten. Wenn man im normalen Tempo geht, bewegt man sich nicht vom Fleck. Um hochzugehen muss man laufen. Die Energie, die man dazu benötigt, wird durch Simcha erzeugt. Daher sollte man Traurigkeit und Apathie genauso bewusst vermeiden, wie man versucht, nicht krank zu werden.
Denke positiv, und es wird sich positiv entwickeln. Wenn man über die Allgegenwart und Allmacht G-ttes meditiert, dann wird man sich bewusst, dass man sich auf Seiner Welt befindet, und dass Er der Boss ist. G-tt sendet jeden Menschen zu einer bestimmten Zeit mit einem bestimmtem Auftrag an einen bestimmten Ort. Auftretende Schwierigkeiten sind nur dazu da, um überwunden zu werden. Aber um diese Hürden zu überwinden, braucht man Energie, Ausdauer und eine gute Ernährung. Eine positive Einstellung zusammen mit einem frohen Herzen, täglichem Torastudium und ernsthaftem Gebet sind nötig, um den Hürdenlauf zu bewältigen.
Viele Menschen denken, dass man ein Problem, mit dem man konfrontiert wird, umgangen oder vermieden werden sollte. Rabbiner Schmuel von Lubawitsch, der der Maharasch genannt wurde, sagte jedoch oft: „Lechatchila Ariber“, d.h. „direkt am Anfang sollte man es überspringen“. Wenn es sich dem Dienst am Ewigen in den Weg stellt, dann ist es nur ein trügerisches Hindernis. Daher sollte und kann man es direkt überwinden.
Das hebräische Wort für G-ttvertrauen ist Bitachon. In einer Privataudienz mit dem Lubawitscher Rebbe im November 1966 fragte er den Chassid Benzion Rader, ob er wisse, was das Wort Emuna bedeute. Rader antwortete: „Emuna bedeutet Glaube und Vertrauen.“ Dann fragte der Rebbe, ob Rader wisse, was das Wort Bitachon bedeute. Doch Rader verneinte. Da erklärte ihm der Rebbe: „Wenn man mit einem Problem konfrontiert wird und Emuna hat, dann hat man Glauben und Vertrauen. Aber wenn man Bitachon hat, dann sieht man gar kein Problem, denn G-tt schickt uns keine Probleme, sondern nur Herausforderungen!“ Angst und Furcht sind das Resultat eines Mangels an Vertrauen. Man sollte in jedweder Situation das Gefühl haben, „Ich will nur dem König gefallen. Er hat letztlich die Verantwortung für mein Schicksal“. Wir können nicht mehr verdienen als das, was Er entschieden hat, und wir werden auch nur haben, was uns von Ihm zugeteilt worden ist. Liebe G-tt mit all deiner Kraft. Liebe Ihn wie Er auch immer dich behandelt, - denn alles wird durch Ihn bestimmt, und wir empfangen es aus Seiner Hand.
Jede Seele hat einen bestimmten Auftrag zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu erfüllen, die allein durch G-ttliche Vorsehung bestimmt ist. Es ist daher zwecklos, seine geographische, materielle oder finanzielle Lage, sowie seine Sorgen und Probleme zu beklagen. Man sollte lieber das Beste aus dem machen, was einem zuteil geworden ist. Man sollte erkennen, dass es der G-ttliche Wille zu diesem Zeitpunkt ist, dass man G-tt unter den gegebenen Umständen angemessen dient. Es ist kein Widerspruch, dass man G-tt im Gebet um eine Verbesserung seiner Situation bittet, denn G-ttes Erlösung kann zu jedem Augenblick kommen.
Die ausgewogene Einstellung beinhaltet, dass man tut, was man tun soll, und was in der jeweiligen Situation zu tun ist; - aber dass man im Gebet um Abhilfe bittet, und dass man einen starken Glauben und ein festes Vertrauen darauf hat: „G-tt wird meine Angelegenheiten ideal regeln.“ Man kann dies von der Talmudischen Persönlichkeit Nachum Ish Gamtzu und dessen Lieblingsausspruch: „Gam Tzu Letowa“ („Auch dies ist zum Guten“) lernen.
ב"ה
Freude
Dreiundzwanzigstes Kapitel
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