G-tt schuf uns als irdische Menschen in einer irdischen Welt. Er schuf eine Welt in der wir unabhängig sein können und freie Wahl haben, eine Welt in der die geistigen tatsachen verdunkelt sind und die physische Realität an erster Stelle steht.
In gewisser Weise spielen sich daher zwei Realitäten gleichzeitig ab. In der kabbalistischen und chassidischen Terminologie nennt man die eine „Daat eljon“, die Sicht von oben (der geistige Standpunkt), und die andere „Daat tachton“, die Sicht von unten (der physische Standpunkt). Vielleicht kann man diese Perspektiven besser zutreffender mit „von-aussen-nach-innen“, und vice versa „von-innen-nach-aussen“. Wir sehen die Welt von aussen nach innen. Wenn wir Leute treffen, nehmen wir als erstes ihr Äusseres wahr. Dann beobachten wir ihre Körpersprache und versuchen, durch Kommunikation und andere Methoden, die Oberfläche zu durchdringen und das Innere zu entdecken.
Das einzige Lebewesen auf Erden, das wir wahrhaftig von innen nach aussen erleben, sind wir selbst. Wir brauchen in keinen Spiegel zu schauen, um zu wissen, wie uns zumute ist.
Die Tora und die Lehren der Kabbala sagen uns, dass dieses Phänomen auch für das gesamte Universum gilt. G-tt schuf eine Welt, die „von-aussen-nach-innen“ angeordnet ist, und gab uns den Auftrag, ihre G-ttlichkeit aufzudecken indem wir sie in ein „von-innen-nach-aussen“ umwandeln.
Wenn wir nun das Leben mit einer „aussen-nach-innen“-Perspektive betrachten, kann das Spirituelle, das mehr Innerliche, leicht als ein Nichts missverstanden werden. Jedoch von einer „innen-nach-aussen“-Perspektive ist gerade das Gegenteil wahr: Das, was an der äusseren Oberfläche stattfindet ist in Wahrheit nichtig. Aus dieser Perspektive ist das, was wir „Nichts“ nennen wirklich wesentlich (das Wesen der spirituellen Realität), und das, was wir für wesentlich halten (die äusserlischen Errungenschaften der materiellen Welt), ist relativ dazu ein Nichts.
Schabbat ist der Tag, der uns die Nichtigkeit des Wesentlichen und die Wesentlichkeit des Nichts aufdeckt. Wenn wir am Schabbes-Tisch sitzen und über Dinge sprechen, die weder von den Börsenkursen oder den Sportnachrichten handeln, noch mit Klatsch zu tun haben, so sind wir gezwungen, tiefer vorzudringen und unser wahres Selbst zu entdecken. Wir haben die Möglichkeit, die Schönheit von Familie zu erleben, Zeit mit unseren Kindern zu verbringen, über die wirklich wesentlichen Dinge zu sprechen, und mit Singen, Lernen und Gebet eine Beziehung zu G-tt herzustellen. Was dabei auftaucht ist eine „innen-nach-aussen“-Realität, eine Nichts-Realität, die wahrhaftig etwas ist.
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