In der Nähe der Stadt Premischlan lebte ein reicher jüdischer Mann, dem der Gedanke gekommen war, an den hohen Feiertagen, für seine Gemeinde als Vorbeter (Chasan) zu fungieren. Der Mann hatte keine schöne Stimme und war auch nicht für seinen wunderschönen Charakter bekannt, doch obwohl die Gemeinde wegen seiner Entscheidung sehr unglücklich war, wagte es niemand, ihn davon abzuhalten. Er war nämlich sehr mächtig in seiner Gemeinde.

In ihrer Verzweiflung kamen einige Gemeindemitglieder zu Rabbi Meir von Premischlan, um ihm ihr Leidwesen zu klagen. Rabbi Meir antwortete nur, dass sich die Angelegenheit noch vor Rosch Haschana erledigen würde.

Nun war es in jenen Gemeinden eingeführt, dass alle Chasanim der verschiedenen Gemeinden am Tag vor Rosch Haschana zu Rabbi Meir kamen, damit er ihnen ein Segen für ein erfolgreiches Gebet gebe. Auch jener reicher Mann kam.

Als er mit Rabbi Meir alleine im Zimmer war, sagte dieser zu ihm: “Im Tehillim (den Psalmen) finden wir drei verschiedenartige Gebete: Es gibt Tefillah Lemosche (das Gebet von Moses), Tefillah Ledavid (das Gebet von David) und Tefillah Leani (das Gebet des Armen). Moses war nicht unbedingt als grosser Sänger bekannt, doch dafür war er Moses, der grosse Lehrer und Zaddik (Gerechter) seiner Generation. David war ein grosser Poet und hatte eine wunderschöne Stimme. Der Arme hat vielleicht nicht so viele Verdienste oder eine wunderbare Stimme, doch dafür hat er ein zerbrochenes Herz und solche Gebete finden immer Zugang vor den g"ttlichen Thron.

Du aber weißt selbst, dass Du nicht unbedingt der grösste Zaddik bist. Wahrscheinlich weißt Du auch, dass Du nicht die schönste Stimme hast und arm bist du G"tt sei Dank auch nicht. Nun erwartest Du sicher nicht von mir, dass ich Dich plötzlich über Nacht zu einem Zaddik mache oder dir eine wunderschöne Stimme verleihe, das weißt Du ja selbst, dass dies unmöglich ist. Das einzige das mir übrig bleibt, ist zu beten, dass Du arm wirst.!"

Der arme reiche Mann verzichtete natürlich sofort auf die Stelle welche nicht für ihn bestimmt war und ein Mann, würdig dem Posten, übernahm sie.