In jeder Generation ist der Mensch verpflichtet, sich selbst als Flüchtling aus Ägypten zu betrachten. - Haggada
Der Baal Schem Tow pflegte am letzten Tag von Pessach drei festliche Mahlzeiten zu essen. Das dritte Mahl, gegen Abend, hieß „Moschiach-Mahl“, weil am letzten Tag von Pessach das Licht des Moschiach enthüllt wird. - Rabbi Josef Jizchak von Lubawitsch
Wahre Freiheit ist Freiheit von Begrenzungen – äußerlich und innerlich; materiell, psychisch und spirituell. Mizrajim, das hebräische Wort für „Ägypten“, bedeutet „Grenzen“ und „Einschränkungen“. Jeziat Mizrajim („Auszug aus Ägypten“) ist das Bestreben, Grenzen zu überschreiten und sich über alles zu erheben, was die Seele des Menschen hemmt.
Einer der Faktoren, der uns Menschen am stärksten einengt, ist die Zeit. Die Zeit trägt die Vergangenheit fort und verbirgt die Zukunft. Sie begrenzt unser Leben auf einen dahinsausenden Punkt, den wir „Gegenwart“ nennen.
Aber am ersten Pessach-Abend brechen wir die Fesseln der Zeit, denn wir haben die Aufgabe, den Exodus so zu erleben, als wären wir selbst Flüchtlinge aus Ägypten.
Wir denken an den Exodus, fassen ihn mit den Texten der Haggada in Worte, verdauen ihn in Form von Mazzot und Maror. Wenn wir die Jahrhunderte an uns vorbeiziehen lassen, wird die Erinnerung – dieser vage Rest der Vergangenheit, der meist unsere einzige Antwort auf die Tyrannei der Zeit ist – zur Erfahrung, und die Geschichte wird gegenwärtig und real.
Sprung in die Zukunft
Pessach ist ein achttägiges Fest mit zwei Eröffnungs- und zwei Schlusstagen, an denen wir besonders achtsam sind und die Erinnerungen noch intensiver wachrufen. Das Thema Freiheit gilt zwar für das ganze Fest, aber die ersten Tage von Pessach gelten hauptsächlich der ersten Erlösung, unserer Befreiung aus Ägypten vor 33 Jahrhunderten, während die letzten Tage auf die endgültige Erlösung anspielen, das künftige Zeitalter der Vollkommenheit, dessen Vorbote der Moschiach ist.
So tritt unser Bemühen, die Zeit zu transzendieren, in eine neue Phase: Die Erinnerung aufzufrischen, bis wir sie neu durchleben, ist das Eine; aber ein Ereignis real zu machen, das in der Zukunft liegt, vor allem wenn es einmalig ist und keine Parallele in der Geschichte hat, ist etwas ganz anderes.
Doch in den letzten Stunden von Pessach betreten wir die Welt des Moschiach. Wir haben Jahrtausende übersprungen und klettern nun über die weiße Mauer der Zukunft, um Mazza zu essen und den Wein der Erlösung zu trinken.
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