Die dieswöchige Sidra Toldot beginnt mit den Worten (Genesis 25, 19): "Und dies sind die Nachkommenschaften Isaaks, des Sohnes Abrahams; Abraham hatte den Isaak gezeugt." Sofort drängt sich eine Frage auf, und zwar: Warum steht hier diese Wiederholung? Nachdem Isaak der Sohn Abrahams war, folgt daraus doch als ganz selbstverständlich, dass Abraham sein Vater war. Liegt daher – so lässt sich weiter fragen – in dieser Wiederholung in der Tora eine Moral verborgen, und wie sollte diese lauten?

Wie der Midrasch darlegt (Bereschit Rabba zum zitierten Vers), will die Tora mit eben diesem Schema "Isaak, der Sohn Abrahams – Abraham, der Vater Isaaks" klarmachen, wie die idealen Beziehungen zwischen jüdischen Eltern und ihren Kindern sein sollten – Beziehungen, welche unter den Vorzeichen von "gegenseitiger Achtung und Hochschätzung" stehen sollten.

Nicht selten hört man, wie Kinder sich ihrer vortrefflichen Eltern und Großeltern rühmen. Da denn kann man in vielen Wohnungen, sogar in manchen Büros, an prominenter Stelle an der Wand ein Bild hängen sehen, eine Photographie eines bejahrten Paares: Der Mann trägt eine breite und hohe "Jamulka", hat weise, ernste Augen und einen langen weißen Bart; die Frau hat ihre Haare vollständig bedeckt, und ihr Gesichtsausdruck ist gütig und edel. Wer ist dieses Paar? Und unser Freund, wenngleich er persönlich keinerlei Ehrgeiz an den Tag legt, es ihnen gleichzutun, brüstet sich dennoch voller Stolz und lässt uns wissen: "Das sind meine Großeltern" – und dabei ergeht er sich in einer feurigen Schilderung ihres religiösen Lebens, er erklärt uns, wie intensiv und vielgestaltiges gewesen war.

Es ist gewiss herzerfrischend, bei solchen Anlässen zur Kenntnis nehmen zu können, wie der Stolz eines Juden auf seine Eltern und Großeltern so zum Ausdruck kommt, aber all dies ist lediglich "Isaak, der Sohn Abrahams": Isaak ist stolz auf seinen Vater Abraham. Indessen wäre es ebenso wichtig, wenn die zweite Generation – "Isaak" – ihrerseits den Eltern Grund geben würde, stolz auf sie zu sein.

Wenn daher unser Freund das "Bild an der Wand" betrachtet, wenn er dabei an die Schönheit des Schabbats im großelterlichen Hause zurückdenkt, an die ebenso natürliche wie behutsame Entschlusskraft und Zielbewusstheit in ihrem Leben, wie jede Mizwa ihnen teuer war, dann sollte er sogleich auch an sich selbst denken. Er sollte sich die Frage stellen: "Haben sie 'Nachas' (Gefallen) an meiner Lebensweise? Habe ich bis zum Letzten dieses reiche Erbe eines von der Tora geleiteten Lebens genutzt und ausgeschöpft, das sie mir hinterlassen haben?"

Es genügt nicht, wenn Kinder für sich das "S'chut Awot", das Verdienst ihrer Vorfahren, in Anspruch nehmen wollen; die Vorfahren müssen sich genauso auf das "S'chut Banim", die Verdienste ihrer Kinder, verlassen können.

Sehr im Einklang mit diesem Gedanken stehen die Anweisungen, die unser Gesetzeskodex in Bezug auf das Kaddisch-Sagen vorlegt (Kizzur Schulchan Aruch 26, 22): "Obwohl das Rezitieren des Kaddisch und der Gebete den verstorbenen Vorfahren nützt, ist dies letzten Endes nicht die Hauptsache; die Hauptsache ist vielmehr, dass die Kinder auf dem rechten Wege gehen, denn damit schaffen sie Verdienste für die Vorfahren ... Jedem Manne obliegt es, seinen Sohn dazu zu bringen, dass er eine Mizwa besonders intensiv und genau erfüllt; dann wird es weit höher angerechnet (das heißt: es hat für den verstorbenen Vater weit mehr Wert) als das Kaddisch." Und – so schließt dieser Absatz – das gleiche gilt für die Töchter.