Der Wochenabschnitt Toldot behandelt u. a. die Vorkommnisse von Jakobs Geburt, Esaus Verkauf seines Erstgeburtsrechtes und Isaaks Segen. Als Isaak sich mit dem Wunsche trug, Esau, seinem Erstgeborenen, seinen Segen zu geben, war sich Jakob völlig der weitreichenden Auswirkungen bewusst, die diese Segnungen für ihren Empfänger und seine Nachkommen haben würden. Er zog Esaus Kleider an und verstand es mit List, seinen Vater davon zu überzeugen, dass er Esau sei; und so wurde der Segen ihm gegeben.
Diesem Vorfall können wir eine sehr wichtige Lehre und Anleitung für unser Verhalten in weltlichen Dingen entnehmen: Wenn wir uns mit Essen, Trinken und allen anderen materiellen Notwendigkeiten abgeben, so sollten wir dies auf listige und trügerische Weise tun! Obwohl der Jude – wie jeder andere – sich auch mit Essen, Trinken, Geschäften usw. abgibt, sollte er diese Tätigkeiten als "Esaus Kleider" ansehen. Wenn er in diese gekleidet ist, sieht er wie Esau aus. Wenn ein Jude isst oder Geschäfte betreibt, dann ist sein Jude-Sein – oberflächlich betrachtet – nicht augenscheinlich, nicht klar zu erkennen. Dennoch lebt "innerhalb" dieser weltlichen Angelegenheiten, dieser "Esauskleidung", ein Jakob; er verfolgt ein jüdisches Ziel. Des Juden wahre Absicht ist es, G-tt auch mit seinem Essen und in seinem Geschäftsleben zu dienen. Das äußerliche, physische Tun stellt überhaupt nicht sein wirkliches Ziel dar!
Es wird erzählt, dass die zwei jungen Söhne des berühmten und frommen Rabbi Samuel von Lubawitsch s.A. einmal miteinander über gerade diesen Punkt debattierten – nämlich ob die "körperlichen Angelegenheiten" eines Juden sich von denen eines Nichtjuden unterscheiden. Ihr Vater hörte ihre Diskussion mit an, und sofort rief er seinen Hausdiener herein, einen einfachen und ungelernten Juden namens Benzion. Im Beisein seiner Söhne fragte er den Benzion:
"Hast du heute gegessen?"
"Jawohl, ich habe gegessen."
"Hast du gut gegessen?", fuhr Rabbi Samuel fort.
"Was meint Ihr mit gut?", erwiderte Benzion. "Ich hatte genug, G-tt sei Dank."
Der Rabbi fragte weiter: "Warum hast du gegessen?"
"Um zu leben." war die Antwort.
"Und zu welchem Zwecke lebst du?", fragte der Rabbi schließlich.
"Damit ich ein guter Jude sein kann und das tue, was G-tt wünscht." Und mit diesen letzten Worten stieß Benzion gleichzeitig einen Seufzer aus.
Rabbi Samuel dankte ihm und bat ihn, den russischen Pförtner Ivan hereinzuschicken. Als dieser kam, legte der Rabbi ihm dieselben Fragen vor: "Hast du heute gegessen?" – "Ja." – "Hast du gut gegessen?" – "Ja." "Warum hast du gegessen?" – "Um zu leben." – Und schließlich auch: "Und weshalb willst du leben?" – Ivan kicherte, als er antwortete: "Damit ich Wodka trinken und einen guten Bissen essen kann."
Rabbi Samuel entließ ihn und wandte sich seinen Söhnen mit diesen Worten zu: "Also könnt ihr sehen: Es liegt schon allein in der inneren Natur eines Juden, dass er isst, um zu leben, und lebt, damit er ein guter Jude sein kann und das tut, was G-tt wünscht ..., und dabei stößt er einen Seufzer aus, als wenn er damit sagen möchte: 'Kann ich in aller Aufrichtigkeit behaupten, ich lebe nur für G-tt?' – Andere dagegen leben, damit sie Wodka trinken und einen guten Bissen essen können, und dabei kichern sie, weil sie mit großer Freude an ihre körperlichen Behaglichkeiten denken – ihren letzten Lebenszweck."
Das Leben eines der Tora ergebenen Juden ist ein Leben von "List"; er trägt die "Kleider Esaus", aber er verfolgt ein Ziel, das von Esaus materialistischer Vergnügungssucht grundverschieden ist.
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