Die dieswöchentliche Sidra enthält das bekannte "Schma Jisrael", das dreimal täglich zu verrichtende Gebet. Einer der Verse dieses Gebetes beginnt mit den Worte: "Und du sollst sie – (d.h. die Worte der Tora) – deinen Kindern einschärfen ..." (Deut. 6, 7).

Der Talmud (Taanit 23b) berichtet, dass der große Weise Abba Chilkija und seine Gemahlin beide mildtätige Menschen waren; jedoch wurden zu einer Zeit Dürre, als beide um Regen beteten, die Gebete der Frau vor denen ihres Mannes erhört. Die Erklärung hierfür ist folgende: Abba Chilkija gab den Armen Geld, um damit Nahrungsmittel zu kaufen. Seine Frau hingegen gab den Armen die Nahrungsmittel selbst, nicht die Geldmittel, um sie erst zu kaufen. Diese ihre Rücksichtsnahme wurde dadurch anerkannt, dass ihre Gebete vor denen ihres Gatten Erhörung fanden.

Wohltätigkeit ist nicht allein auf materielle Unterstützung beschränkt; sie erstreckt sich ebenfalls auf die Erfüllung der spirituellen Bedürfnisse eines anderen. Zum Beispiel stellt die Gewährleistung einer angemessenen jüdischen Erziehung der eigenen Kinder – denn Mildtätigkeit heißt nicht nur, anderen Leuten zu helfen, sondern auch der eigenen Familie – nicht weniger "Zedaka" dar, als sie zu ernähren und zu kleiden. (Talmud, Ketuwot 50a: "Wer seine eigenen jungen Söhne und Töchter ernährt und unterhält, gilt als einer, der ständig die Mizwa von Zedaka erfüllt.") Auch bei dieser Art von Wohltätigkeit können wir feststellen, dass der Vater die Mittel beschafft, während die Mutter dem Kinde die (spirituelle) Nahrung selbst gibt.

Jedem jüdischen Vater sind die Worte des "Schma Jisrael" anheimgegeben: "Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen. Dennoch belehren die meisten Väter ihre Kinder nicht direkt. Sie stellen vielmehr einen Lehrer an, oder sie beauftragen eine jüdische Schule, dies für sie zu tun, und so erfüllen die Väter ihre Verpflichtung auf indirekte Weise.

Der "Alte Rebbe", Begründer des Lubawitsch-Chabad-Chassidismus, sagte einmal zu einem Chassid: "Mir obliegt die Erfüllung der Mizwa 'Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen'. Dir obliegt die Mizwa, deine Familie zu ernähren. Lass uns einen Tausch machen. Ich gebe dir Geld, damit du deiner Mizwa nachkommen kannst, und dafür hilfst du mir, meine Mizwa zu erfüllen, indem du nämlich meinen Berel unterrichtest." Und so unterrichtete der Chassid den jungen Dov Ber, den später rühmlich bekannten "Mittleren Rebbe", zweiter Rebbe der Chabad-Dynastie (Hajom Jom, 8. Adar I).

Wenn der Vater seinem Kinde "Wohltätigkeit erweist", so muss das nicht heißen, dass er persönlich die (spirituelle) Nahrung liefert, sondern dass er sie anbahnt. Er bezahlt den Lehrer, und der Lehrer unterrichtet das Kind. Die Mutter dagegen gibt die spirituelle Nahrung selbst. Sie muss darauf achten, dass der kleine Junge zu allen Zeiten ein Tallit Katan trägt (ein viereckiges Kleidungsstück mit "Zizit"), dass er vor dem Essen oder Trinken die richtigen Brachot sagt usw. Denn es ist klar, dass sogar ein Kind, das fleißig in Cheder Jeschiwa oder jüdischer Tagesschule lernt, alle Bemühungen seiner Lehrer dadurch zunichte machen kann, dass es zu Hause versäumt, die der Schule gelernte Jüdischkeit in die Praxis umzusetzen. Es obliegt der Mutter, dieser Eventualität vorzubeugen und dem Kinde die richtige, der Tora gemäße Lebensführung beizubringen; und so wird es ihr Verdienst sein, wie bei der Frau Abba Chilkija, dass der erquickende "Regen" kommt – Segen und Erfolg für ihre ganze Familie.