In unserem Wochenabschnitt stoßen wir auf folgendes Gebot: Sobald man ein Wild oder einen Vogel schlachtet, soll man sein Blut auf die Erde schütten und damit bedecken.1 Dieses Gebot betrifft nur Wild und Vögel, die an sich nicht für die Darbringung auf dem Altar tauglich sind (man schlachtet sie, um sie zu essen). Deren Blut ist zu bedecken. Doch bei der Schlachtung von Vieh (auch wenn man es nur essen möchte) muss das Blut nicht verdeckt werden, da es an sich für die Darbringung auf dem Altar tauglich ist.
Die Thora begründet dieses Gebot wie folgt: Denn die Seele des Fleisches ist im Blut und es soll auf den Altar.2 Das Blut der Opfer gehört dem Altar, denn es ist Teil der Sühne, welche das Opfer mit sich bringt. Doch Wild und Vögel können keine Opfer sein und somit ist auch deren Blut nicht für den Altar tauglich. Deshalb wird es verschüttet und bedeckt, um zu zeigen, dass es keine Wichtigkeit hat.
Wohin mit dem Blut?
In der Symbolwelt des Judentums steht Blut für Lust und Begeisterung, denn auch physisch spendet Blut den Körperteilen Leben und gibt ihnen Kraft. Die Thora legt fest, dass das Blut auf den Altar gehört, symbolisch heißt das, dass die Lust und Begeisterung des Juden dem „Altar“, also G-tt gewidmet, werden soll.
Der Jude hat im Laufe des Tages sehr viel mit Profanem zu tun – Essen, Arbeiten und noch vielerlei weltlicher Angelegenheiten. Dies an sich ist kein Problem, jedoch soll er sie ohne „Blut“ angehen, nicht mit zu großer Lust und Leidenschaft. Denn das „Blut“ soll man für den Dienst an G-tt verwenden.
Drei Lebensbereiche
Dabei gibt es drei Stufen, angedeutet in dem Gebot „das Blut zu bedecken“: 1) Das Blut von Wild und von Vögeln, das auf jeden Fall bedeckt werden muss; 2) das Blut von Vieh für den profanen Gebrauch, das nicht bedeckt werden muss; 3) das Blut von Opfern, deren Blut sogar auf den Altar gespritzt werden muss.
Diese Unterteilung steht für die drei Bereiche im Leben, mit denen sich der Jude auseinandersetzen muss:
- Angelegenheiten, welche den Juden verführen, blenden und schließlich zu Fall bringen können (wie essen, Diverses spielen) – „Wild und Vögel“. Vor diesen Dingen muss er besonders auf der Hut sein.
- Angelegenheiten, die der Jude für den Dienst an G-tt verwenden kann (wie arbeiten, Sport betreiben) – „Vieh für den profanen Gebrauch“. Diese Dinge muss er an den G-ttesdienst knüpfen, um ihnen einen höheren Sinn zu verleihen (wie sportlich zu sein, für die Gesundheit, denn um G-tt zu dienen, muss man gesund sein und nicht für die Verherrlichung desKörpers).
- religiöse Angelegenheiten, wie Thorastudium, Gebet und Mitzwot – „Opfer“.
Unbefleckte Lust
Die Thora lehrt, dass der Jude im ersten Lebensbereich – profane Angelegenheiten, welche zu Fall bringen können – auf jeden Fall das „Blut bedecken muss“. Diesen Angelegenheiten muss die Lust und Leidenschaft entzogen werden und sie sind sachlich und mit kühlem Kopf anzugehen, um von ihnen nicht negativ beeinflusst zu werden.
Doch wenn es um Thora und Mitzwot geht, muss das „Blut“ auf den „Altar“ gespritzt werden. Die Lust und Begeisterung des Juden, welche qualitativ hohe Seelenkräfte sind, sollen G-tt gehören.
Interessant ist vor allem der zweite Lebensbereich, jene zwar profanen Angelegenheiten, die der Jude jedoch für den Dienst an G-tt verwenden kann. Hierbei muss „das Blut nicht verdeckt werden“ und dies deutet an, dass man mit der richtigen Einstellung den profanen Teil im Leben dem G-ttlichen anschließen kann, bis sogar die Freude daran nicht mehr aus den Trieben des Menschen entspringt, sondern von viel höherer, spiritueller Natur kommt.
Wer es schafft, diese zwei Welten derart zu vereinen, sieht in der Weltlichkeit nur mehr ein Mittel, G-tt zu dienen. Und so wie er seine profanen Angelegenheiten als Werkzeug benutzt, um G-tt zu dienen, gehört auch das „Blut“ für diese Dinge bereits G-tt. Er hat zwar Lust am Weltlichen, doch diese ist keine „normale“ Lust, von Trieben befleckt, sondern ist geheiligt und entspringt seiner reinen Seele.
(Likutej Sichot, Band 37, Seite 48)
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