Die dieswöchige Parascha erzählt uns von Jom Kippur, dem heiligsten Tag im Jahr. An diesem Tag essen und trinken wir nichts, wir waschen uns nicht und tragen auch keine Schuhe aus Leder. Es ist daher nicht allzu schwer, sich an einem solch besonderen Tag, an dem so vieles anders ist, heilig zu fühlen. Der Name der Parascha lautet Acharej, was soviel wie "nachdem" oder "nachher" bedeutet. Denn ein Jude soll sich nicht nur am Jom Kippur heilig fühlen beziehungsweise sich in einer heiligen Weise verhalten. Auch "nachher", das heißt an jedem anderen Tag im Jahr, soll er heilig sein.

Doch wie beschreibt man eigentlich einen heiligen Menschen?

Wir stellen uns vielleicht unter einem heiligen Menschen eine Person vor, die zurückgezogen lebt, weit weg vom Lärm der Stadt. Dort, in völliger Ruhe und Abgeschiedenheit, kann sich dieser Mensch darauf konzentrieren, noch heiliger zu werden. Er kleidet sich möglicherweise ganz anders als andere Menschen, vielleicht fastet er die meiste Zeit oder er ernährt sich zumindest sehr einfach und karg. Wahrscheinlich kümmert er sich nicht viel um die Welt da draußen vor seiner Haustür, stattdessen verbringt er seine Zeit fast ausschließlich mit Gebet, Lernen und Nachdenken.

Diese Vorstellung deckt sich jedoch nicht mit dem, was die Tora uns als heilig beschreibt. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall! Die Tora sagt uns, dass wir heilig sein sollen und verbindet dies mit Mitzwot, die sich mit Essen, Kleidung, Ehe- und Familienleben, Geschäftsleben, Landwirtschaft und vergleichbaren Dingen beschäftigen. Wenn wir also beispielsweise Essen in der Weise zubereiten, wie G-tt es uns lehrt, erwerben wir dadurch Heiligkeit. Kaufen oder nähen wir uns Kleidung, die den Vorschriften der Tora entspricht - erwerben wir dadurch Heiligkeit. Verhalten wir uns im Geschäftsleben so, wie G-tt es von uns erwartet - erwerben wir dadurch Heiligkeit.

Wir müssen uns also nicht aus dem ganz normalen Leben zurückziehen oder uns in völlige Abgeschiedenheit begeben, um heilig zu werden. Im Gegenteil, wir sollen uns vielmehr mit den alltäglichen Dingen dieser Welt befassen, allerdings in genau der Weise, wie sie uns die Tora lehrt.

G-tt sagt uns, dass "wir heilig sein sollen, weil Er heilig ist." Zu diesem Zweck hat G-tt alle Gegenstände mit Funken von Heiligkeit versehen - Kleidung, genauso wie Essen oder Geld. Wenn wir also die Welt so nutzen, wie G-tt es von uns erwartet, dann bringen wir die Funken von Heiligkeit, die in allen Dingen stecken, zum Vorschein. Dies ist es, was uns heilig macht.

(Übersetzt aus "Please Tell Me What the Rebbe Said, Vol. I", basierend auf Likutei Sichot, Band 1, Paraschat Kedoschim)