Der Beginn unseres Wochenabschnitts handelt von den Vorschriften des Aussätzigen, der als unrein galt. Der Aussätzige symbolisiert eine weite Ferne zur Heiligkeit. Deshalb legte die Thora über ihn fest: Abgeschieden soll er wohnen, außerhalb des Lagers sei sein Wohnplatz.1

Es gab viele Arten der Unreinheit. Raschi erklärt, weshalb gerade der Aussätzige vom Lager Israels abgesondert werden musste: „Denn er trennte durch böse Rede zwischen den Menschen, deshalb soll auch er von den Menschen getrennt werden.“2

Die Aussatz war eine himmlische Strafe für Laschon HaRa (böse Rede), auch in dem hebräischen Wort für „Aussätzig“ angedeutet: מוציא רע – מצורע. Die böse Rede ist so schwerwiegend – sie wird sogar mit Götzendienst gleichgestellt –, weil sie das genaue Gegenteil der Heiligkeit bewirkt.

Die Heiligkeit stellt G-tt in den Mittelpunkt und alles verbindet sich mit G-tt. Es besteht eine Einheit. Doch die böse Rede führt zu Zwiespalt und Streit. Diejenigen, die von ihr Gebrauch machen, sind von der Heiligkeit weit entfernt und deshalb haben sie nicht nur keinen Platz im Tempel (wie andere Unreine), sondern nicht einmal in den drei Lagern Israels, welche als heilig gelten.3

Die Rückkehr zu Heiligkeit

Wie kann der Aussätzige wieder rein werden? Die Thora sagt: Er werde zum Kohen gebracht.4 Es steht nicht „Er kommt“, sondern „Er werde gebracht“. Daraus lernen wir, dass er sogar gegen seinen Willen zum Kohen gebracht wird. In der jüdischen Symbolwelt steht der Kohen für G-tt.5

Das ist eine Anspielung darauf, dass schlussendlich jeder Jude Tschuwa tun wird, wie in den Propheten geschrieben steht: Nicht verstoßen bleibe von Ihm ein Verstoßener.6 Selbst jene, die sich gänzlich von G-tt distanziert haben, außerhalb der drei Lager geraten sind, werden auch gegen ihren Willen zum „Kohen“ (G-tt) gebracht werden.

Doch dann sagt die Thora weiter: Der Kohen gehe hinaus vor das Lager.7 Darin liegt ein Widerspruch. Wird nun der sündhafte Jude zu G-tt gebracht, oder kommt G-tt zum sündhaften Juden?

Nur anfangs gegen seinen Willen

Beides ist richtig. Zuerst wird G-tt jeden Juden zu Ihm zurückführen, sogar gegen seinen Willen. Was bedeutet „gegen seinen Willen“? – G-tt wird sein Herz dazu erwecken, die G-ttesnähe aufsuchen zu wollen, oder ihm äußerliche Signale schicken, die den Juden erkennen lassen, dass die Zeit gekommen ist, Tschuwa zu tun.

Obwohl hier keineswegs von Gewalt die Rede ist, bezeichnet die Thora diesen Prozess zur Tschuwa „gegen den Willen des Juden“, denn die Tschuwa kam nicht von ihm selbst, sondern er wurde dazu gebracht, auch wenn auf liebevolle Weise. Und dadurch fehlt ein wesentlicher Faktor bei der Tschuwa, nämlich der eigene Wille dazu, das Tschuwa-tun aus Ehrlichkeit und Überzeugung. (Aus diesem Grund hält das Judentum absolut gar nichts von aufgezwungenem Glauben.)

Unser Teil

Deshalb sagt die Thora weiter: Der Kohen gehe hinaus vor das Lager. Nachdem G-tt den sündhaften Juden zu Sich gebracht hat, indem Er ihm den ersten Anstoß zur Tschuwa gegeben hat, obwohl er nicht darum bat und es nicht einmal wollte, überlässt Er ihm den Funken von Tschuwa auf seiner niedrigen Stufe –„hinaus vor das Lager“; und wozu? – damit er mit dem erhaltenen Funken von Tschuwa nun selbst arbeite, ihn stärke und in Taten übergehen lasse.

G-tt gibt uns nur den Anstoß, denn Er möchte zu unserem Besten, dass unsere Tschuwa innerlich und aufrichtig sei.

(Likutej Sichot, Band 7, Seite 100)