Laut dem Judentum wird der Mann bei Austritt seines Samens unrein. Doch die Thora spricht auch von der Krankheit des „Samenflüssigen“, welchem vermehrt unnatürlicher Samen abgeht. Die dadurch hervorgerufene Unreinheit ist viel strenger. Unser Wochenabschnitt berichtet von den verschiedenen Graden der Unreinheit des „Samenflüssigen“.

Dabei gibt es drei Zustände: Hatte der Mann am Tag nur einen solchen Samenaustritt, auch wenn ungewollt, ist er bis zum Abend dieses Tages unrein. Bei zwei Samenaustritten, wobei der zweite gewollt war, ist der Mann von stärkerer Unreinheit befallen, die sieben Tage andauert. Bei drei Samenaustritten aber, auch wenn der dritte ungewollt war, reichen sieben Tage nicht aus um von der Unreinheit auszuheilen, sondern der Mann muss zusätzlich ein Opfer bringen.

Das Schlechte – eine Krankheit

Der Samenaustritt an sich gehört zum normalen Zustand des Mannes. Auch die dadurch bewirkte Unreinheit gehört zur Natur des Menschen. Doch der „Samenflüssige“ ist krank, er befindet sich nicht in seinem normalen Zustand. Seine Unreinheit ist nicht natürlich, sondern geht viel tiefer.

In jedem Menschen steckt von Natur aus Schlechtes, mit dem er geboren wurde, wie es in der Thora heißt1: Die Triebe des Menschen sind von seiner Kindheit an schlecht. In den Körper mit seinen schlechten Trieben kleidet sich die heilige Seele, von der die guten Eigenschaften entspringen. Doch jeder Mensch hat auch ein gewisses Maß an angeborenem Schlechten.

Es gibt aber auch eine ärgere Art von Schlechtem, die nicht in der Natur des Menschen liegt. Dieses Schlechte dringt in den Menschen durch die Sünde. Ein solcher Zustand gilt als krank, da er nicht der Natur des Menschen entspricht. Deshalb sagten unsere Meister: „Die Krankheit – das ist der böse Trieb (welcher zur Sünde verleitet hat).“2 Durch die Sünde vergrößert der Mensch das Schlechte in sich.

Der Trieb wird aufgereizt

Beim Schlechten, das durch die Sünde hervortritt, gibt es an sich drei Stufen: Durch die Sünde des ersten Menschen sollte in all seine Nachkommen ein weiteres Maß an Schlechtem eindringen. Im Talmud steht geschrieben3, dass die Schlange, als sie Eva verführt hatte, ihre Seele mit Unreinheit vergiftete – und dadurch alle Menschen. Dieses weitere Maß an Schlechtem ist ein Symbol für den „Samenflüssigen“, der einen Samenaustritt hatte. Deshalb ist seine Unreinheit verhältnismäßig leicht.

Eine schlechtere Stufe ist, wenn der Mensch seinen bösen Trieb willentlich aufreizt. Er bringt ein größeres Maß an Schlechtem auf sich, als er bereits durch die Sünde des ersten Menschen erhielt. Diese Art von Schlechtem wird in dem „Samenflüssigen“ gedeutet, der zwei Samenaustritte hatte, wovon der zweite gewollt war. Denn der Mensch selbst will zusätzlich zu seinem angeborenen Schlechten und dem weiteren Maß durch die Sünde des ersten Menschen noch mehr Schlechtes aufnehmen.

Niemals zu spät!

Doch ein noch ärgerer Zustand ist der Samenflüssige, der drei Austritte gehabt hat. Eine Sache, die dreimal wiederholt passiert, gilt als „festgelegt“; d.h. in diesem Zustand ist das Schlechte im Menschen so dominant geworden, dass es als festgelegt und unverrückbar gilt. Dazu schreibt Rambam: „Sobald der Mensch so tief in Sünde verfällt, dass ihm die Tschuwa unmöglich erscheint, wird er im himmlischen Gericht allein für die Tatsache zur Rechenschaft gezogen, dass er sich in einen solchen Zustand gebracht hat, in welchem die Tschuwa sich als sehr schwierig ergibt.“4

Obwohl bei einem derartigen Maß an Schlechtem eine Verbesserung aussichtslos scheint, legt die Thora dennoch fest, dass sich sogar derjenige, bei dem das Schlechte sich so eingefressen hat, dass es als festgelegt gilt, aus seinem Tiefpunkt heraus und von seinem Übermaß an Schlechtem völlig befreien kann; genauso, wie der „Samenflüssige“ schließlich ein Opfer bringt und dann vor G-tt gereinigt ist, als ob er nie in Unreinheit gesunken wäre.

(Likutej Sichot, Band 37, Seite 42)