VII. Das Vorangegangene hilft uns, die Aussage unserer Weisen zu verstehen, dass „die Nordseite (der Welt) nicht umschlossen ist.“1 Der Midrasch2 erklärt, dass der Grund dafür darin liegt, das Wunder der Schöpfung von Himmel und Erde zu zeigen: Wenn jemand kommt und behauptet, dass es nichts Wundersames an der Schöpfung von Himmel und Erde gibt, wird ihm gesagt: „Geh ruhig und vollende die Nordseite.“ So wird er zugeben müssen, dass die Schöpfung nur durch den gesegneten Schöpfer zustande kommen konnte.

Auf den ersten Blick erscheint dies jedoch ziemlich unverständlich. Wie kann jemand behaupten, dass an der Erschaffung des Universums nichts Wundersames ist?

Im Zusammenhang mit der vorangegangenen Sicha wird dies jedoch recht deutlich. Dem Jezer haRa (böse Neigung) ist es erlaubt, zu verführen und in die Irre zu führen, damit der Mensch die Freiheit der Wahl behält.3 Der Jezer haRa ist ein großer Experte in seiner Arbeit. So ist er in der Lage, den Menschen mit den wildesten Ideen zu überreden, bis hin zu der Annahme, dass es an der Schöpfung von Himmel und Erde nichts Wundersames gibt.

VIII. Die Verbergung der G-ttlichkeit lässt die Möglichkeit zu, einem so schweren Irrtum zum Opfer zu fallen. Andererseits gibt es auch eine Manifestation der G-ttlichkeit in allem (was auch für die Tatsache gilt, dass die Nordseite nicht umschlossen ist): Der Allmächtige hat ein Detail unvollendet gelassen, und kein Geschöpf kann es aus eigener Kraft vollenden. Dies ist der Beweis dafür, dass die Gesamtheit der Wirklichkeit nur durch den Schöpfer zustande kommen konnte.

So wie dies für die Erschaffung des Universums gilt, so gilt es auch für die Lenkung des Universums, sei es auf der Ebene des Wundersamen oder des Natürlichen.4 Ein Mensch mag sich einbilden, dass sein Erfolg das Ergebnis natürlicher Phänomene ist, oder dass „seine eigene Kraft und die Macht seiner eigenen Hand ihm seinen Reichtum verschafft haben.“5 Die der Weltlichkeit innewohnende Verhüllung und Verbergung lässt eine solche Behauptung zu. Der Allmächtige hat also einen Punkt übrig gelassen, den kein Geschöpf vollenden kann. Die Betrachtung dieses Punktes wird dann zu der Erkenntnis führen, dass auch alles andere nur aufgrund des G-ttlichen Segens existiert.

IX. Wenn ein Mensch also sieht, dass er in einem bestimmten Aspekt seiner Angelegenheiten nicht erfolgreich ist, muss er seinen Glauben und sein Vertrauen in G-tt stärken. Der Allmächtige wird dann auch diesen Aspekt vollenden.

Dies gilt für das Leben des Einzelnen ebenso wie für das Leben der Gemeinschaft. Wenn man die Unfähigkeit feststellt, einen Aspekt in einer Sache von allgemeinem Interesse zu vollenden, liegt die Lösung nicht in ausgeklügelten Plänen, sondern in der Stärkung des Glaubens und des Vertrauens in G-tt.6

Der Allmächtige wird dann auch die „Nordseite“ vollenden – „von Norden her wird das Böse beginnen ...“7 –, so dass die Welt wie ein Mem Setuma sein wird, ein nach allen Seiten geschlossenes Mem, das das Symbol der zukünftigen Erlösung ist.8 Man wird nicht mehr von den Gunstbezeugungen der Völker der Welt abhängig sein, von denen gesagt wird, dass „die Freundlichkeit der Völker Sünde ist“ und „sie es nur aus eigenem Interesse tun.“9 Der Allmächtige selbst wird uns in das „gute und weite Land“10 bringen, das Land, auf das „die Augen des Ewigen, deines G-ttes, gerichtet sind“11, durch unseren gerechten Maschiach, und zwar bald, noch in unseren Tagen.

(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Acharon schel Pessach 5717)