Unser Wochenabschnitt beginnt mit der Beschreibung über die Einweihung des Heiligtums.1 Sieben Tage lang wurde das Heiligtum errichtet und der achte Tag galt seiner Einweihung.
Einer der Ausdrücke für die Heiligkeit jenes besonderen Tages war das Feuer, welches vom Himmel herabstieg und die dargebrachten Opfer verschlang: Es fuhr von G-tt eine Feuerflamme aus und verzehrte auf dem Altar das Ganzopfer und die Fettstücke; und das ganze Volk sah und jubelte und fiel auf sein Angesicht.2 Das war einer der heiligsten Momente an jenem achten Tag.
Großes Verlangen nach G-tt
Des Weiteren erzählt unser Wochenabschnitt über den plötzlichen Tod von Arons Söhnen, Nadaw und Awihu. Der Mystik zufolge war der Grund ihres Ablebens ihre hohe geistige Stufe, nämlich das große Verlangen ihrer Seelen, G-tt nahe zu sein, bis sie ihren irdischen Körpern entschlüpften, um sich an G-tt zu binden.3
Daraufhin warnte Mose das jüdische Volk, sich nicht von diesem Vorfall mitreißen zu lassen. Denn G-tt möchte, dass die Seele am Körper gebunden sei. Auch daraus wird ersichtlich, in welch hohem geistigen Zustand sich das jüdische Volk an jenem achten Tag befand, sodass Mosedas Volk sogar warnen musste, nicht von dem Verlangen nach G-tt zu vergehen.
Ungeziefer
In demselben Wochenabschnitt, an dem wir erfahren, welche geistig hohe Stufe das jüdische Volk an jenem achten Tag erreicht hatte, lernen wir auch über das Verbot, unreine Tiere zu essen, bis hin zum Verbot des Verzehrs von Kriechtieren und Ungeziefer.4
Jemand, der in der Lage ist Ungeziefer zu essen, zeigt von sich, auf welch niedrigem Niveau er ist. Denn der Mensch verabscheut von Natur aus Ungeziefer5 und auch sein Verstand begreift, wie ekelhaft sie für den Verzehr sind. Wenn die Thora es für notwendig erachtet, das jüdische Volk über den Verzehr von Ungeziefer zu warnen und dies sogar anhand eines Verbots bekräftigt, beweist das doch, dass die Thora die Menschen auf einem sehr niedrigen Niveau anspricht!
Wie kann es sein, dass das Verbot über den Verzehr von Ungeziefer unmittelbar der Erzählung über den besonders hohen Status des jüdischen Volkes folgt?! Diese Gegensätze sollten nicht in ein und demselben Wochenabschnitt vereint sein!
Kabalat Ol
Die Thora will uns hiermit ein großes Fundament im G-ttesdienst ans Herz legen, nämlich die Notwendigkeit von Kabalat Ol (das Einhalten der Mitzwot, nur weil G-tt es befohlen hat).
Manchmal scheint es, dass Kabalat Ol nur bei einer niedrigen Stufe im G-ttesdienst notwendig ist, wenn man keine Liebe zu den Mitzwot empfindet und sie nicht versteht. Dann dient man eben, weil der Befehl verpflichtet, sprich, weil man muss. Doch jemand, der bereits viel gelernt hat und G-tt aus Freude dient, braucht nicht mehr Kabalat Ol. Die Thora lehrt uns jedoch, dass das Fundament für den G-ttesdienst bei jeder Stufe Kabalat Ol sein muss.
Die Mitzwot rein aus Gefühl, Lust oder Laune zu erfüllen, oder weil man meint sie zu verstehen, ist nicht richtig und kann den Menschen sogar gänzlich vom richtigen Weg bringen. Der Verstand ist biegsam und kann zu falschen Entschlüssen kommen. Die Gefühle sind inkonstant, einmal schwächer, einmal stärker. Außerdem können Verstand und Gefühle von der tiergleichen Seite im Menschen missbraucht werden. Deshalb muss das Fundament bei den Mitzwot immer Kabalat Ol sein (auf das Verstand und Gefühle aufzubauen haben). Dann erfüllt man die Mitzwot unabhängig von Verständnis und Gefühl.
Indem unser Wochenabschnitt die hohe geistige Stufe bei der Einweihung des Heiligtums einerseits und die so niedrige Stufe im jüdischen Volk wegen dem Verbot über Ungeziefer andererseits vereint, verdeutlicht er, wie tief auch der höchste G-ttesdiener fallen kann, wenn er nicht mit Kabalat Ol arbeitet.
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 227)
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