In unserem Wochenabschnitt erfahren wir von dem Versprechen G-ttes an Awraham: Deinen Nachkommen werde ich dieses Land geben.1 In diesem Vers wird die Zukunftsform verwendet „werde geben“; doch nachdem Awraham das Land durchwandert hat, wiederholt G-tt sein Versprechen mit einer kleinen Änderung: Deinen Nachkommen habe ich dieses Land gegeben;2 nun wird die Vergangenheitsform verwendet „habe gegeben“ – ich habe es ihnen bereits gegeben.
In jenem Moment trat dieses Land, welches bis dahin den sieben Völkern gehörte, in den Besitz des jüdischen Volkes über und wurde zum Heiligen Land. Und auch während des Exils gehörte das Land Israel ständig dem Volk Israel.
Heiliges Land
Die Kombination der zwei Wörter „Land“ und „Israel“ trägt eigentlich einen Widerspruch in sich. „Land“ drückt grobe Materie aus und „Israel“ steht für Erhabenheit und Heiligkeit (Dieser Name wurde Jakow gegeben, als er den Engel besiegte, da er heiliger und erhabener war, als er).
Auch die Kombination der Wörter „Heiliges Land“ steht im Widerspruch. Wie gehen grobe Materie und Heiligkeit zusammen?
Darin liegt eben die Aufgabe des jüdischen Volkes: Materialismus und Heiligkeit in Harmonie zu bringen; aus „dem Land der sieben Völker“ ein heiliges Land zu machen.
Diese Aufgabe kann auch auf die Seele übertragen werden: Jeder muss „das Land seiner Seele“ erobern, den Verstand, die Gedanken und Gefühle, sowie auch alle seine irdischen Bedürfnisse und sie heiligen, das heißt, in den Dienst G-ttes stellen. Auch seine irdischen und weltlichen Angelegenheiten sollen einen höheren Sinn haben, nämlich dadurch G-tt besser dienen zu können; dadurch wird unser Alltag geheiligt. Man kann z.B. essen und arbeiten, um seine irdischen Bedürfnisse zu stillen, oder eben um Kraft zu haben, um die Mitzwot zu erfüllen.
Wohlgefälliges Land
Doch Gegensätze zu verbinden ist nicht einfach, wenn gar unmöglich. Wie kann man das meistern? Indem der Jude selbst diese zwei Gegensätze in sich trägt, hat er auch die Kraft, sie überall zu verbinden.
In den Propheten3 nennt G-tt das jüdische Volk „wohlgefälliges Land“.4 Das sind zwei Extremen: Einerseits „Land“, niedrig und jedermanns Abtreter, doch andererseits „wohlgefällig“, wichtig und genussvoll. „Land“ symbolisiert den Körper des Juden und „wohlgefällig“ steht für seine Seele, von der G-tt höchsten Genuss hat.
Indem der Jude die Fähigkeit hat, durch seine Seele den Körper zu heiligen, sobald er damit die Mitzwot erfüllt, ist es ihm auch möglich, die materielle Welt an die Heiligkeit zu knüpfen, indem er sie für den Dienst an G-tt gebraucht.
Man muss nur suchen!
Der Baal Schem Tow5 bringt einen weiteren Aspekt für die besondere Bezeichnung des jüdischen Volkes „wohlgefälliges Land“: So wie wir in keiner Weise abschätzen können, wie viele großartige Schätze die Erde in sich verbirgt, kann sich niemand auch nur vorstellen, welche großen Schätze sich im Herzen jedes Juden verbergen. Oberflächlich gesehen mag da nur „Erde“ sein, doch darin versteckte G-tt die größten Schätze! Jedem Juden ist damit die Kraft gegeben, die Welt zu heiligen.6
Und diejenigen, die behaupten, dass sie davon nichts spüren und nur die „grobe Erde“ vor Augen haben, antwortet unser Wochenabschnitt: Obwohl in dem Land Israel noch die sieben Völker lebten und es noch nicht wie das Heilige Land aussah, schreckte Awraham nicht davor zurück, durchwanderte das Land und verbreitete überall den Glauben an einen G-tt; bis sich herausstellte, dass es bereits das Heilige Land war: Deinen Nachkommen gab ich es bereits.
Sobald der Jude seiner Aufgabe nachgeht, die Mitzwot zu erfüllen und seinen Alltag zu heiligen, kann ihm nichts wirklich im Weg sein, denn die Thora hat versprochen: Deinen Nachkommen gab ich es bereits!
(Likutej Sichot, Band 20, Seite 308)
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