Von der Verkündung der Geburt Itzchaks durch G-tt schien Awraham nicht besonders begeistert zu sein. Er sah in Ismael seinen Nachfolger, welcher in den Wegen G-ttes wandeln sollte. Doch G-tt hatte andere Pläne und verkündete Awraham: In Itzchak wird dein Samen weiterleben. Von Ismael würde er zwar Zufriedenheit haben, aber Itzchak wird ihm wahres Wohl bereiten.
Der Midrasch1 beschreibt2 die Mutter Ismaels, Hagar, als eine g-ttesfürchtige Frau, welche eine Königstochter war und auf allen Prunk und Reichtum verzichtete, nur um die Magd Awrahams zu sein. Hagar war so edel, dass sie sogar mit dem Weihrauch im Tempel verglichen wird. Ihrem Sohn gab sie natürlich die allerbeste Erziehung. Deshalb sah Awraham in Ismael den passenden Nachfolger und hielt einen weiteren Sohn für nicht dringlich. G-tt erwählte aber Itzchak zum Vorvater des jüdischen Volkes. Weshalb sollte Ismael dieses Recht nicht gebühren?
Eine begrenzte Bindung
Ismael und Itzchak unterscheiden sich in zwei prägenden Punkten:
- Die Geburt Ismaels erfolgte auf natürliche Weise; die Geburt Itzchaks hingegen war ein wahres Wunder, so überwältigend, dass Awraham selbst es einfach nicht glauben konnte.
- Im Alter von dreizehn Jahren trat Ismael in den Bund mit G-tt ein, als er sich bewusst beschneiden ließ, im Klaren darüber, wie wichtig dieser Akt ist. Itzchak hingegen wurde mit acht Tagen beschnitten ohne im Mindesten zu wissen, was ihm widerfahren war.
Ismael symbolisiert die Welt mit ihren natürlichen Prozessen. Seine Bindung zu G-tt basiert auf der menschlichen Einsicht und dem Verstand. Die Festigkeit dieser Bindung hängt von der Tiefe des G-ttesverständnisses ab. Zweifellos können dabei hohe Ebenen erreicht werden − doch eine solche Bindung ist begrenzt, da sie eben dem begrenzten Menschen entspringt! Die Bindung zwischen G-tt und Seinem auserwählten Volk sollte eine andere, eine übernatürliche, sein.
Das Wundervolk
Eine solche Bindung kommt in Itzchak zum Ausdruck, denn er kam auf wunderliche Weise zur Welt. Itzchak symbolisiert die Übernatürlichkeit.
Seine Bindung zu G-tt hört nicht dort auf, wo der Verstand nicht mehr weiter kann. Aus diesem Grund auch musste der Vater der jüdischen Nation bereits mit acht Tagen in den Bund mit G-tt treten, bevor er sich überhaupt die Fähigkeit des Verständnisses angeeignet hatte, denn sein Bund mit G-tt sollte nicht auf dem Verständnis beruhen.
Für das auserwählte Volk reichte G-tt nicht die Verbundenheit Ismaels zu Ihm aus. Seine Treue zu G-tt ist nicht in seinem Wesen verankert, sondern entwickelte sich durch das Umfeld und die Erziehung durch seine Mutter. Was, wenn das Kind unter einer anderen Erziehung aufgewachsen wäre und sein Verstand selbst jegliche Zuneigung zu G-tt ablehnte? In einem solchen Fall existierte einfach eine Bindung zu G-tt nicht, da sie nicht Teil seines Wesens ist.
Deshalb wollte G-tt einen anderen Begründer für das jüdische Volk. Jemanden, dessen Verbundenheit zu Ihm über die Grenzen des Verstandes hinausgeht, einen Bund mit seinem innersten Wesen – Itzchak.
Somit ist der Jude an G-tt gebunden, nicht weil er Mitzwot erfüllt oder eine jüdische Erziehung erhält. Die Verbundenheit mit G-tt ist das Jüdischsein selbst! Auch wenn er völlig nichtjüdisch erzogen wurde, steckt tief in ihm eine jüdische Seele, die fest an G-tt glaubt und wie ein Kind an seinen Vater gebunden ist!
Immunität
Unser Wochenabschnitt erteilt uns eine wichtige Lektion in Sachen jüdischer Erziehung: Das Entwickeln eines jüdischen Bewusstseins bei einem Kind darf man nicht nur auf das Verständnis stützen. Die Logik des Menschen kann schwanken; eine solche jüdische Erziehung ist instabil.
Ein jüdisches Kind muss auf dem Grundstein eines reinen Glaubens, der in ihm von Geburt an verwurzelt ist, erzogen werden, über die Grenzen des Verständnisses hinaus. So wächst eine gesunde jüdische Generation heran, die ihrem Judentum selbst in den schwersten Zeiten die Treue hält!
(Likutej Sichot, Band 1, Seite 18)
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