Unser Wochenabschnitt handelt von dem Gebot „Hakhel“: Zur Zeit des Tempels versammelte sich das jüdische Volk einmal in acht Jahren (nach dem Schmita-Jahr1 zum Sukkotfest) im Tempel und lauschte, wie der König gewisse Abschnitte aus der Thora verlas. Sie handelten von der Verbundenheit zu G-tt und dem Erfüllen der Mitzwot und sollten die Zuhörer erwecken, sich darin zu stärken, wie die Thora sagt: auf dass sie hören und lernen und G-tt ehrfürchten.2
Die Tosefta3 erzählt, dass an jenem Tag der Versammlung die Kohanim in den Straßen Jerusalems standen und in ihre goldenen Trompeten bliesen, damit sich das Volk im Tempel versammle. Abschließend sagt die Tosefta: „Über einen Kohen, der keine Trompete mit sich trug, sagte man, dass er kein Kohen sei.“4
Der Sinn des Weihrauchs
Die letzte Aussage des Talmuds bedarf einer Erläuterung. Die Aufgabe der Kohanim war es, im Tempel den G-ttesdienst zu verrichten. Das Volk anhand der Posaunen in den Tempel zu rufen, war nur Mittel zum Zweck für das Gebot von Hakhel und galt an sich nicht als Teil des G-ttesdienstes im Tempel. Warum war es dann so schlimm, wenn ein Kohen keine Trompete mit sich geführt hatte, bis man sogar über ihn sagte, dass er kein Kohen sei?!
Schauen wir uns einmal die Aufgaben der Kohanim im Tempel näher an und dann werden wir die Aussage des Talmuds besser verstehen. Eines ihrer hauptsächlichen Aufgaben war die Darbringung des Weihrauchs. Rambam zufolge diente der Weihrauch dazu, schlechte Gerüche zu entfernen und einen wohlriechenden Duft im Tempel zu erzeugen.5 Dies ist aber nicht nur im einfachen Sinn zu verstehen. Das Sohar erklärt, dass der Weihrauch die Unreinheit des bösen Triebs entfernen sollte.6
Die Arbeit mit dem Volk
Der Weihrauch bestand aus Pflanzen, die nicht zum Verzehr geeignet waren. Eine davon war Galban (חלבנה), dessen Geruch sehr schlecht war. Es deutete die niedrigen Elemente der Welt an (laut dem Talmud die Sünder Israels7). Durch die Darbringung des Weihrauchs (von dem Galban ein Bestandteil war) wurden auch die niedrigen Elemente der Welt in die Heiligkeit emporgehoben. Dies taten die Kohanim, denn ihre Hauptaufgabe im Tempel lag darin, die Welt näher zu G-tt zu bringen.8
Und diese besondere Aufgabe der Kohanim kam sehr stark beim Gebot von Hakhel zum Ausdruck. Die Kohanim, welche sieben Jahre zuvor damit beschäftigt waren, die niedrigen Elemente der Welt in die Heiligkeit zu erheben, sollten sich nun dem jüdischen Volk widmen, es auf ein höheres Niveau der Heiligkeit zu bringen.
Jeder ist ein Kohen
Deshalb wurde auch der Kohen in dieser Sache auf die Probe gestellt: Wenn er spürte, dass es seine Aufgabe war, seine Mitmenschen zu inspirieren und stärker an G-tt zu binden und sodann auf die Straßen ging und mit seiner Posaune das Volk aufrief zum Tempel zu kommen, bezeugte er, dass er seiner Aufgabe als Kohen gerecht war. Doch sollte er im Tempel bleiben und sich nicht um das Volk kümmern, „sagte man über ihn, dass der kein Kohen sei“!
Eigentlich ist jeder Jude wie ein Kohen, wie die Thora sagt: Und ihr sollt mir ein Priestervolk sein.9 Die Aufgabe jedes Juden und vor allem derjenigen, die auf andere offenkundig Einfluss haben, liegt darin, nach draußen zu gehen und seine jüdischen Mitmenschen zum „Tempel“ zu rufen – sie in dem Erfüllen der Thora und Mitzwot zu stärken, auf dass sie hören und lernen und G-tt ehrfürchten.
(Likutej Sichot, Band 14, Seite 127)
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