Als geborener Zyniker, der den Glauben verkünden soll, bin ich oft hin und her gerissen zwischen sogenannten religiösen Grundsätzen und meiner inneren Skepsis, übernatürliche Vorkommnisse zu melden. Nehmen wir Wunder als Beispiel. Ich liebe eine gute chassidische Geschichte über Glauben, Kameradschaft und Erlösung vom Leid. Man mische sie mit einem klugen Wortspiel und ein wenig auf der Tora basierender Psychologie, und ich bin hingerissen. Aber wenn die Geschichte auf Wunder gründet, fühle ich mich ungemütlich und frage mich, ob sie wahr ist. Wie kam sie zustande? Gab es Zeugen? Und wenn ja, war vielleicht alles Zufall? Wenn die Geschichte unglaubhaft oder zu fantastisch klingt, ist mein Zweifel dann ein Zeichen für fehlenden Glauben?
Es gibt Wunder. Aber nicht jeder, der eine Wundergeschichte erzählt, ist von vornhinein glaubhaft. Der Kotsker Rebbe soll einmal gesagt haben, wer alle Wundergeschichten über den Baal Schem Tow glaube, sei ein Narr; andererseits sei jeder, der sie für unmögliche halte, ein Häretiker. Wenn ich das richtig verstehe, gibt es Prophetie. Wunder geschehen. Dennoch dürfen wir nicht jedem sofort glauben, der eine Wundergeschichte erzählt. In dieser falschen Welt erfinden mache Menschen solche Geschichten, und wenn wir leichtfertig Geld und Glauben darein investieren, sind wir töricht. Aber daraus zu schließen, alles sei unwahr, ist unnötig zynisch und führt zu Apathie und ins Verderben.
Darum sichere ich mich ab. Ich bin davon überzeugt, dass G-tt und seine Tora wahr sind. Ich weiß, dass nichts auf dieser Welt zufällig geschieht. Jedes einzelne Blatt im Wind ist ein wichtiger Teil des g-ttlichen Meisterplanes. Ich akzeptiere es, dass G-tt seinen Plan gelegentlich durch Vermittler, Propheten genannt, der Welt offenbart. Trotzdem nehme ich mir das Recht, jede Behauptung durch die Linse meiner angeborenen Skepsis zu prüfen, in der Hoffnung, dass es sich wirklich um Inspiration und nicht um Täuschung handelt.
Es gibt Betrüger. Religion ist das natürliche Spielfeld für Scharlatane, die mit der Leichtgläubigkeit anderer das schnelle Geld verdienen wollen. Scharlatane verhökern Kabbala-Wasser und rote Fäden, flüstern heiligen Unsinn und segnen Menschen gegen Bezahlung. Wie können wir zwischen dem Heiligen und dem Profanen, dem Tiefgründigen und dem Lächerlichen unterscheiden?
Die Tora prüft den Boten vor der Botschaft. Wenn der Prophet (Mann oder Frau) kein tugendhafter, demütiger Mensch mit untadeligem Lebenswandel ist, dann lügt er oder er ist verrückt. G-tt wählt keine solchen Menschen aus, um mit uns zu sprechen, und wenn das Herz und der Verstand eines Menschen nicht synchron arbeiten, ist er kein Instrument G-ttes.
G-tt sendet der Welt ständig Botschaften. So übermittelt er den Gläubigen seinen Willen und seine Befehle. An der Botschaft ist nichts falsch, aber die meisten von uns sind nicht auf die richtige Frequenz eingestimmt. Nur wer nach den Geboten G-ttes lebt und sich zu einem Kanal für G-ttes Willen macht, kann sich auf die Botschaft konzentrieren, ohne vom statischen Rauschen des Materiellen abgelenkt zu werden. Der wahre Prophet steht auf dem Boden der Tora und der Mizwot, des Heiligen und des wahrhaft Spirituellen und wird so zu der Rohrflöte, deren g-ttliche Musik wir alle folgen möchten.
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