Frage?
Warum sehen wir heute keine Wunder mehr, wie die Juden sie in der Chanukka-Geschichte erlebten? Sagen Sie jetzt bitte nicht, jeder Tag sei ein Wunder, eine Geburt sei ein Wunder, und der Sonnenaufgang sei ein Wunder. Ich denke an die Teilung eines Meeres, die Auferweckung von Toten, Stimmen von Himmel und Worte an Wänden. Was ist mit übernatürlichen Ereignissen? Warum haben nur die Menschen die Bibel sie erlebt und wir nicht? Hat G-tt sich zurückgezogen?
Antwort!
Hatten Sie je den Wunsch, wieder ein Kind zu sein?
Haben Kinder es nicht gut? Das Kind ist hungrig, und schon bekommt es Essen. Es verletzt sich, und sofort wird es getröstet. Die Mutter bringt es abends liebevoll zu Bett und weckt es morgens liebevoll auf. Es ist ein bequemes Leben in Sicherheit. Aber es dauert nicht lange.
Wenn das Kind sich entwickelt und heranwächst, ziehen Eltern sich allmählich zurück. Aus dem Säugling wird ein Kleinkind, das allein gehen, essen und einige seiner Bedürfnisse befriedigen kann. Bald kann es tagsüber ohne Eltern aus dem Haus und in die Schule gehen. Ein Teenager will noch unabhängiger sein. Er wischt den Rat der Eltern vom Tisch, weil er seinen eigenen Weg finden muss. Er glaubt, alles besser zu wissen. So schwierig diese Phase auch ist, Eltern müssen sie als Teil des kindlichen Reifungsprozesses akzeptieren und dem Kind in gewissen Umfang erlauben, dumme Fehler zu machen. Andernfalls wird es nie erwachsen.
Eltern müssen loslassen, weil ihre Kinder nur dann erwachsen werden. Als Erwachsene können sie ihren Eltern dann respektvoll und verständnisvoll begegnen. Sie brauchen die Eltern nicht mehr, um Nahrung und Kleidung zu bekommen; das beschaffen sie sich selbst. Aber sie können nun ein tiefes und echtes Verhältnis zu ihnen haben; denn jetzt, als Erwachsene, wissen sie, was ihre Eltern für sie getan haben: Sie verdanken es der Liebe und Zuwendung ihrer Eltern, dass etwas aus ihnen geworden ist.
Ähnlich verhält es sich mit der Menschheit. Am Anfang war G-tt wie ein liebevoller Vater, der sich unübersehbar um uns kümmerte. Er sprach mit uns, gab uns Anweisungen und bewirkte Wunder, um seine Kinder vor Schaden zu bewahren. Die Sünder wurden sofort bestraft, die Frommen belohnt. Das war die Kindheit der Menschen. Wir mussten erst noch die spirituellen Werkzeuge entwickeln, um uns G-tt auf subtilere oder sublimere Weise zu nähern. Darum „fütterte“ er uns zunächst mit Wundern.
Als die Menschheit sich spirituell entwickelte, verzichtete G-tt darauf, offen in unser Leben einzugreifen. Aber Eltern, die sich nicht einmischen, entziehen uns natürlich nicht ihre Liebe und Zuneigung. Sie achten auf jeden Schritt ihres heranwachsenden Kindes und führen es behutsam und unauffällig auf den richtigen Weg. Auch G-tt ist so gegenwärtig wie früher. Er hält die Fäden der Geschichte und des menschlichen Schicksals in der Hand, aber nicht so offensichtlich und aufdringlich wie durch ein Wunder. Er verbirgt sich hinter Zufällen und täglichen Ereignissen, die oberflächlich betrachtet ganz normal sind. Aber bei genauerem Nachdenken sind sie es nicht: Die Hand G-ttes ist deutlich erkennbar.
In den letzten paar Jahrhunderten war die Menschheit rebellisch wie Heranwachsende. Wir warfen das Joch unseres himmlischen Vaters ab und strebten nach Unabhängigkeit. Der Glaube an G-tt galt als kindische Krücke und unreifer Mythos. Aber unsere Generation hat aus den Fehlern der modernen Geschichte gelernt und beginnt zu reifen. Wir begreifen allmählich, dass die Werte unseres himmlischen Vaters doch nicht falsch sind. Unsere Generation will sich wieder mit G-tt und der wahren Spiritualität verbinden – nicht als Kinder, die Wunder brauchen, um überzeugt zu werden, sondern als spirituelle Erwachsene, welche die Magie hinter dem Alltag und das g-ttliche im Weltlichen erkennen. Wir werden endlich erwachsen.
Vielleicht ist dieser neue Durst nach G-tt das größte aller Wunder.
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