In unserem Wochenabschnitt gebietet die Thora dem jüdischen Volk: Stelle einen König über dich.1 Darauf erklärt der Talmud: Drei Gebote erhielt das jüdische Volk, als es ins Heilige Land kam: einen König zu ernennen, Amalek zu vernichten und den Tempel zu bauen.2

Die Ernennung eines Königs ist also eine große Mitzwa, die sogar an das Heilige Land gebunden ist. Als das jüdische Volk jedoch an den Propheten Schmuel trat und ihn bat, einen König zu ernennen, war ihm dies missfällig und G-tt sprach zu ihm: Sie verabscheuen mich als König über sie.3

Die Ernennung eines Königs ist doch eine große Mitzwa, weshalb sah G-tt darin etwas Schlechtes?! Und andererseits: Wenn G-tt diese Idee so missfiel, weshalb befahl er dann dem Propheten Schmuel, der Bitte des Volkes nachzugehen?!

Wozu ein König?

Die Lehre der Chassidut4 erklärt, dass die grundlegende Aufgabe des Königs es ist, Recht und Ordnung im Land zu schaffen. Doch sobald die Bürger ein hohes, ethisches Niveau erreicht haben, liegt es nun an den König sie auf ein höheres, spirituelles Niveau zu bringen, welches sie von sich aus nicht erreichen können. Dies kann nur der König, da er von G-tt auserwählt ist, weil er eine sehr hohe Seele hat.

Anders als bei anderen Kulturen, hat der jüdische König die Aufgabe, das Volk G-tt näher zu bringen. Dabei gibt es zwei Stufen: Wenn die spirituelle Lage des Volkes niedrig ist, bringt ihm der König G-ttesfurcht bei, welche es davon abhält zu sündigen. Doch wenn sich das Volk auf ein hohes, spirituelles Niveau befindet, g-ttesfürchtig und g-ttestreu ist, bringt ihm der König wahre Liebe und Hingabe zu G-tt bei, Attribute, die einen Menschen viel näher zu G-tt bringen.

Die Enttäuschung

G-tt wünschte sich, dass das jüdische Volk ein hohes, spirituelles Niveau erreicht hätte und die Notwendigkeit des Königs darin läge, es wahre Liebe und Hingabe zu G-tt zu lehren. Doch das jüdische Volk wollte einen König wie alle anderen Völker haben, der Recht und Ordnung schaffe. Die Forderung des Volkes bewies, dass seine spirituelle Lage sehr niedrig war und es die G-ttesnähe nicht suchte. Deshalb sagte G-tt: Sie verabscheuen mich.

Und dennoch wies G-tt den Propheten Schmuel an, die Bitte des Volkes zu erfüllen und einen König über es zu stellen. Zwar galt der eigentliche Sinn des Gebots einen König zu ernennen, damit er dem Volk Liebe und Hingabe zu G-tt lehre, doch wenn die spirituelle Lage des Volkes so niedrig ist, bis sie in Sünde verfallen können und der König sie verbessern kann, soll sofort ein König ernannt werden. Und mit der Zeit kann er das Volk emporheben und es schließlich auch Liebe und Hingabe zu G-tt lehren.

Mach dir einen Rabbi!

Wie kann man heutzutage zumindest ansatzweise das Gebot „einen König über sich zu stellen“ erfüllen? Darauf sagen unsere Meister: „Wer sind die Könige? – die Gelehrten.“5 Tatsächlich sollte jeder der Anweisung der Mischna folgen: „Mach dir einen Rabbi!“6

Wozu braucht jeder einen Rabbi? Idealerweise ist der Rabbi dazu da, um von ihm Thora zu lernen und sich mit ihm darüber zu beraten, wie man sein spirituelles Niveau noch mehr steigern kann; genauso wie der König idealerweise das Volk noch näher zu G-tt bringen soll. Doch die Thora bringt uns bei, dass der König auch dazu da ist, Recht und Ordnung zu schaffen, wenn die Menschen auf einem niedrigen Niveau stehen.

Dafür braucht man auch einen Rabbi: Mit dem Rabbi berät man sich nicht nur in Sachen Religion, sondern er soll auch in privaten, irdischen und sogar „niedrigen“ Angelegenheiten eine Vertrauensperson sein, mit der man offen reden und sich Rat einholen kann. Er ist deshalb die beste Ansprechperson, weil er objektiv ist (und nicht wie oft Familienangehörige) und das Wissen der Thora hat, welche alle Bereiche des Lebens erfasst.

Deshalb sollte sich jeder einen Rabbi machen, mit dem er sich über jede Sache beraten kann und auch bereit ist, seine Anweisungen zu befolgen.

(Likutej Sichot, Band 24, Seite 104)