Wer kennt nicht das belebte Treiben an Schawuot in der Synagoge? Am ersten Tag Schawuot strömen viele Menschen in die Synagoge, auch Mütter mit Kleinkinder, um die Zehn Gebote zu hören. Am zweiten Tag verlassen nach der Tora-Lesung viele Kinder und Erwachsene den Gebetsraum vor dem Jiskor-Gebet. Später, während des Mussaf-Gebets, versammeln sich wieder alle im Gebetsraum und die Väter bedecken sich und ihre Söhne mit dem Tallit während des Birkat Kohanim, dem Priestersegen.

Was ist eigentlich so besonders am Birkat Kohanim? Warum sind wir nur so bedacht darauf, während des Priestersegens im Gebetsraum zu sein?

Es gibt einen sehr guten Grund hierfür. Unsere Parascha berichtet davon, dass den Kohanim aufgetragen wurde, das jüdische Volk mit einem speziellen Gebet zu segnen.

Mit einem Gebet? Haben wir nicht gerade gesagt, dass es sich um einen Segen handelt? Und besteht überhaupt ein Unterschied zwischen einem Gebet und einem Segen?

Tatsächlich gibt es einen Unterschied. Erinnern wir uns einmal daran, wie Jakob seine Enkelsöhne Ephraim und Menasche segnete. Ephraim, der jüngere der beiden, erhielt den größeren Segen. War dies nun Jakobs eigene Entscheidung? Nein! Er gab nur exakt den jeweiligen Segen weiter, den G-tt für die beiden Stämme vorgesehen hat.

Der Segen eines Zaddik hilft insofern einem Menschen dabei, den von G-tt für ihn vorgesehenen Segen zu empfangen. Doch Gebete vermögen mehr. Gebete haben die Kraft Dinge zu verändern und zum Guten zu wenden. Wir beten beispielsweise für die Genesung eines kranken Menschen oder für das Wohlergehen eines Bedürftigen. Darum beginnen unsere Gebete und Fürbitten auch mit den Worten "Jehi Ratzon" - "möge es G-ttes Wille sein." Wir bitten G-tt hiermit, der betreffenden Person mehr zukommen zu lassen, als es bislang der Fall ist.

Unsere Weisen sel. A. erklären uns, dass auch der Segen der Kohanim die Qualität und Kraft eines Gebets hat. Die Kohanim geben den Segen G-ttes an uns weiter, für ein gutes Leben, für Frieden und für Sicherheit. Gleichzeitig entfaltet der Segen die Wirkung eines Gebetes und erwirkt mehr, als es ursprünglich für uns vorgesehen war.

(Übersetzt aus "Please Tell Me What the Rebbe Said, Vol. I", basierend auf Likutei Sichot, Band 10, Paraschat Lech Lecha)