Unter Monotheismus versteht man den Glauben an Einen G-tt, welchen Awraham der Welt verkündet hat. Es gibt nur einen Schöpfer und Lenker der Welt. In unserem Wochenabschnitt wird die jüdische Auffassung des Monotheismus erläutert, welche viel tiefgründiger ist als die bloße Annullierung eines Mehrgottglaubens: Und erkenne heute und nimm dir zu Herzen, dass G-tt der G-tt im Himmel und auf der Erde ist, keiner sonst!

Unserem Vers zufolge also teilt sich die Einzigartigkeit G-ttes in drei Bereiche: 1) im Himmel, 2) auf der Erde, 3) keiner sonst. Was heißt keiner sonst? Der Midrasch erklärt: Auch nicht einmal in irgendeinem anderen Element.1

Es stellt sich die einfache Frage: Hätten wir tatsächlich geglaubt, dass sich eine Gottheit im Himmel oder im Wasser verbirgt, sodass G-tt ausdrücklich befehlen muss daran nicht zu glauben, mit der zusätzlichen Warnung: und nimm es dir zu Herzen? (Außerdem werden diese Worte an das Volk Israel gerichtet, welches die Wunder G-ttes in Ägypten und am Meer mit eigenen Augen sah!)

Existenzlos

Die Lehre der Chassidut erklärt2 die Tiefgründigkeit dieses Verses. In ihm warnt G-tt gar nicht davor an andere Götter im Himmel oder im Wasser zu glauben. Hier will die Thora betonen, dass es außer G-tt überhaupt keine andere Existenz gibt, sondern jede Sache ein Teil G-ttes ist!

Die Welt und ihre Geschöpfe scheinen uns als eine selbstständige Existenz. Dabei handelt es sich allerdings um eine Einbildung, welche das Resultat einer mangelnden Feinfühligkeit ist in jeder Sache die g-ttliche Kraft zu sehen, die den Kosmos belebt. Wenn die Menschen dieser Wahrheit ins Auge blicken könnten, verstünden sie, dass G-tt nicht nur die Welt erschaffen hat, sondern alles ein Teil der g-ttlichen Kraft ist; auf den Punkt gebracht: Es gibt nichts außer G-tt!

Der Götze „Mensch“

Diese Auffassung des Monotheismus bedeutet viel mehr als nur die Akzeptanz Eines G-ttes. Denn auch der Mensch, wenn er sich als ein unabhängiges Wesen von G-tt sieht, wird dabei zu einer fremden Gottheit. Nur durch die Hingabe an G-tt wiederum akzeptiert er seine Stellung in G-ttes Welt. Aus diesem Grund lehrten unsere Weisen3, dass der Hochmütige dem Götzendiener gleichzustellen ist. Dem eigenen Egoismus den Kampf anzusagen ist eine große Herausforderung, welcher sich der Mensch nicht immer stellen will. Deshalb warnt uns die Thora: Nimm dir zu Herzen, dass G-tt der G-tt im Himmel und auf der Erde ist, keiner sonst!

Ein Frühstück mit G-tt

Die Erkenntnis der Allgegenwärtigkeit G-ttes führt den Menschen dazu in jeder Sache G-tt zu suchen und zu erkennen. „Himmel“, „Erde“ und „jedes andere Element“, wie sie in unserem Vers vorkommen, symbolisieren drei verschiedene Ebenen im Leben des Menschen, auf welchen er G-tt zu erkennen hat. „Der Himmel“ ist die Seele des Menschen. „Die Erde“ steht für den Körper des Menschen. Und „jedes andere Element“ drückt all jene Bereiche aus, mit denen der Mensch sich tagtäglich auseinandersetzt.

Es reicht nicht aus, G-tt nur als „G-tt des Himmels“ zu akzeptieren, eine rein seelisch-geistige Beziehung mit Ihm einzugehen. G-tt befindet Sich ebenso auf „der Erde“; auch der Körper muss an einer Beziehung mit G-tt teilnehmen. Doch damit ist es auch nicht getan. Denn G-tt ist ebenso „jedes andere Element“. In allen Bereichen des Lebens soll G-tt miteinbezogen werden! Auch wenn der Jude die Synagoge verlässt, das Thorastudium beendet und eine Mitzwa vollbracht hat, muss er sich G-tt weiterhin stets vor Augen halten. Dadurch werden all seine Handlungen schließlich in einem Punkt vereint, nämlich im Einklang mit der g-ttlichen Einheit zu stehen!

(Likutej Sichot, Band 29, Seite 26)