Lieber Leser,

Ein zentrales Pessach-Thema lautet: "Wenn dein Kind dich fragt". So geht denn auch die ganze Haggada (die Erzählung vom Auszug aus Ägypten) auf das Gebot der Tora zurück: "Du sollst deinem Kinde erzählen"; das Wort "Haggada" selbst bedeutet ja "Erzählung".

Beim Seder lesen wir in der Haggada: "Die Tora spricht im Hinblick auf vier Söhne, einen weisen, einen bösen, einen einfältigen und einen, der nicht einmal zu fragen versteht". Dann zitiert die Haggada die Fragen, die von jedem dieser "Söhne" gestellt werden, und die Antwort, die wir jedem geben sollen.

Wenn somit die vier Söhne in verschiedenartiger Weise auf den Seder reagieren, haben sie doch eins gemeinsam: sie sind alle beim Seder zugegen. Selbst der "böse" Sohn ist anwesend, und er zeigt ein zwar rebellisches, aber dennoch aktives Interesse in den Vorgängen im jüdischen Leben um ihn herum. Diese Tatsache berechtigt uns zumindest zu der Hoffnung, dass eines Tages auch der "Böse" weise wird, und dass aus allen jüdischen Kindern; die dem Seder beiwohnen, einmal gewissenhafte und positive Juden werden.

Leider jedoch gibt es in unserem Zeitalter der Verwirrung und des spirituellen Bankrottes noch einen anderen Typ von jüdischem Kind – einen "fünften Sohn", der dadurch auffällt, dass er beim Seder überhaupt fehlt; es ist dies der Sohn, dem jegliches Interesse an Tora und Mizwot, an unseren Gesetzen und Gebräuchen abgeht, dem der "Seder schel-Pessach" überhaupt unbekannt ist, und der daher nichts weiß über den Auszug aus Ägypten und die darauf folgende Offenbarung am Sinai.

Gleichzeitig mit dieser Feststellung ist uns eine äußerst ernste Aufgabe auferlegt, auf die wir uns schon lange vor Pessach und der Sedernacht konzentrieren sollten; denn nicht ein einziges jüdisches Kind darf "aufgegeben" werden.

Chag Sameach und Schabbat Schalom