Experten lieben Verallgemeinerungen. Die eine Hälfte der Welt ist so, die andere so - und das erklärt dann auch fast alles.
Nun denn, dies ist unsere eigene Verallgemeinerung: die Welt besteht aus Götzendienern und Transzendentalisten. Götzendiener essen, trinken und schlafen; Transzendentalisten arbeiten für den Weltfrieden. Götzendiener glauben, dass die Dinge am besten sind, wie sie nun sind; Transzendentalisten glauben, dass wir auf Erden sind, um die Dinge zu ändern. Götzendiener beten die Natur an; Transzendentalisten G-tt.
Die Ägypter waren Götzendiener, die Hebräer Transzendentalisten. Die Hebräer waren Sklaven der Ägypter; dann intervenierte G-tt, erniedrigte die Ägypter, befreite die Hebräer und entließ sie in die Welt. Dieses ist - mehr oder weniger in 30 Wörtern - die Geschichte der Geburt des jüdischen Volkes.
So lesen wir über die 10 Plagen, die über die Ägypter hereinbrachen. Diese werden allgemeinhin als Strafe für ihre grausame Behandlung der Juden angesehen. Allerdings offenbart eine genauere Lesung der Schilderung der Tora, dass sie auch eine fundamentale Funktion inne hatten: die Götter der Ägypter zu diskreditieren, so dass sie "wissen sollen, dass Ich G-tt bin."
Der Nil - die Quelle des ägyptischen Lebensunterhalts und am meisten verherte Gottheit - wird zu Blut; der Boden wird zu Ungeziefer, aus dem Himmel ergießt sich eine Tod bringende Sintflut von Feuer und Eis, das Tageslicht verwandelt sich in Schwärze. Die Natur verwandelt sich von einer nährenden Mutter in eine launenhafte Hexe.
Die Juden aus Ägypten herauszuführen hätte rein gar nichts erreicht, wenn die Juden Ägypten mit sich genommen hätten. Also mussten die Juden die Zerstörung der ägyptischen Götter miterleben: sie mussten hören, wie ihre Herren die natürliche Ordnung verleugnen, die sie verehrten; sie mussten die "Güte" der Natur als den Betrug erkennen, der sie war.
Erst als das Götzendienertum aus ihren Herzen verschwand, konnten die Kinder Israel zum Berg Sinai fortschreiten, um dort ihr Mandat als "Licht der Nationen" zu erhalten. Erst dann konnten sie der Welt lehren, dass man die Natur nicht anbetet, sondern sich durch sie verbessert; dass die Dinge, so wie sie sind so werden, wie sie sein sollten.
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