Reb Awrahem Mordechai von Pintschow, ein Chassid des Sehers, wollte drei Töchter verheiraten. Aber ihm fehlte das Geld.
„Du bist doch Chassid des Sehers von Lublin“, pflegte seine Frau zu sagen. „Warum bittest du ihn nicht um Hilfe?“
Schließlich gab er nach und erzählte dem Seher von seinem Problem. Der sagte: Geh nach Krasnik. Dort findest du die Lösung.“
Der Chassid nahm Kleider, Bücher, Tallit und Tefillin und packte alles in eine Kiste. Dann fuhr er nach Krasnik und mietete ein Zimmer in einer Herberge. Als der Wirt die Kiste sah, nahm er an, dass sein neuer Gast reich war. Darum behandelte er ihn gut, servierte ihm warme Mahlzeiten und achtete darauf, dass er immer hatte, was er brauchte.
Der Chassid studierte die Tora und wartete darauf, dass die Bracha des Rebbe wahr wurde. So vergingen mehrere Wochen. Der Wirt wurde misstrauisch. „Hör mal“, sagte er eines Tages zu seiner Frau, „er hat noch nichts bezahlt und auch keine Geschäfte abgeschlossen, seit er hier ist. Anscheinend ist er gar nicht so reich. Ich werde ihn morgen um Geld bitten. Wenn er nicht zahlt, nehme ich, was er hat – auch wenn es weniger ist, als er mir schuldet –, und schicke ihn fort.“
An diesem Abend hatte Reb Mordechai einen Besucher. Es war der Lehrer, der die Kinder des Wirtes unterrichtete. Er sah sehr nervös aus. „Ich muss etwas mit dir besprechen“, sagte er. „Versprich mir, dass du es für dich behältst.“
„Ich werde niemandem ein Wort verraten“, erklärte der Chassid.
„Vor zehn Jahren kam mein Chef, der Gastwirt, von einer sehr profitablen Geschäftsreise zurück. Er hatte zehntausend Rubel verdient. Dieses Geld legte er in eine Schublade und verschloss sie. Ich war in dieser Nacht noch wach und bemerkte, dass er vor Aufregung den Schlüssel zur Schublade auf dem Tisch hatte liegen lassen. Plötzlich packte mich ein Verlangen nach dem Geld. Ich öffnete die Schublade, nahm das Geld heraus und versteckte es im Garten. Am nächsten Tag sah der Wirt, dass die Schublade leer war. Er wurde wütend und beschuldigte alle möglichen Leute, doch weder er noch seine Frau kamen auf den Gedanken, dass ich der Dieb gewesen sein könnte, denn sie hielten mich für einen ehrenwerten Mann.
Mein Gewissen plagte mich, als ich das alles sah. Ich wollte ihnen das Geld zurückgeben, aber dann hätte ich meinen guten Ruf verloren. Meine Missetat lastete Tag und Nacht auf mir. Oft war ich nahe daran, das Geld zurückzugeben, aber ich brachte es nicht über mich. Alle würden erfahren, was ich getan hatte, und ich wäre ein ruinierter Mann gewesen. Seit zehn Jahren frisst diese Sache an mir. Es tut mir leid, dass ich das Geld gestohlen habe. Tausend Mal habe ich es bereut. Ich habe nichts davon ausgegeben, obwohl ich es manchmal gut hätte gebrauchen können. Bitte, hilf mir! Würdest du ihnen das Geld zurückgeben? Ich kann nicht mehr essen und schlafen, solange das nicht erledigt ist. Mach dir keine Sorgen. Sie werden dich nicht verdächtigen, weil du vor zehn Jahren nicht hier warst. Und ich vertraue darauf, dass du mich nicht verrätst.“
Dann überreichte er dem Chassid zehntausend Rubel. Am folgenden Morgen sprach Reb Mordechai den Wirt an. „Ich möchte dir etwas im Vertrauen mitteilen. Aber du musst versprechen, mir keine Fragen zu stellen.“ Der Wirt versprach es.
„Wurde in deinem Haus jemals etwas gestohlen?“
„Nein, nicht dass ich wüsste. Warte - ja, aber das war vor langer Zeit, vor zehn Jahren.“ Der Chassid zog ein Geldbündel aus der Tasche und gab es dem verdutzten Wirt. Es waren die lang vermissten zehntausend Rubel.
„Was ist das?“, stammelte der Wirt. Aber dann fiel ihm sein Versprechen ein, und er verstummte. Aber vielleicht durfte er etwas anderes fragen. „Reb Mordechai, was machst du hier?“
„Das weiß ich selbst nicht genau. Ich tue nur, was mein Rebbe mir geraten hat.“ Dann erzählte er dem Wirt seine Geschichte. Der Wirt erkannte, dass er dem Chassid helfen konnte. Immerhin hatte der ihm eben einen riesigen Gefallen getan. „Wie viel brauchst du, um deine Töchter zu verheiraten?“, fragte er.
Der Chassid rechnete im Kopf und nannte eine Summe. Freudig gab ihm der Wirt das Geld, das er benötigte. Als Reb Mordechai nach Lublin zurückkehrte, erklärte ihm der Seher: „Der Lehrer sehnte sich so sehr nach Tschuwa, dass er mich nachts nicht mehr schlafen ließ. Darum habe ich dich nach Krasnik geschickt.“

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