Jedes Jahr zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur sammelte Rabbi Awraham Abusch für die Armen in seiner Stadt. Er ging von Haus zu Haus, damit jeder seinen Beitrag leistete. Einmal ging er ins Hotel und bat einen der Gäste, einen reichen Händler, um eine Spende. Der Fremde hielt ihn für einen Bettler und wies ihn brüsk ab. „Lass mich in Ruhe“ rief er verärgert. „Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?“ Rabbi Abusch schluckte die Beleidigung hinunter und sagte kein Wort.
Der Fremde wandte sich wieder seinen Papieren und Rechnungen zu. Als er wenig später fertig war, merkte er, dass sein Gehstock mit Silberspitze fehlte. „Das war bestimmt der Bettler, der sich rächen wollte“ rief er. Er rannte hinaus, um den Mann zu suchen und sich seinen Stock zurückzuholen. Als er Rabbi Awraham von weitem sah, lief er zu ihm, bearbeitete ihn mit Fäusten und schrie: „Dieb! Gib mir meinen Stock zurück! Was ist das für ein Benehmen – mir den Stock zu stehlen, nur weil ich dir kein Geld gegeben habe?!“
„G-tt verhüte es!“ flüsterte Rabbi Busch demütig. „Nicht einmal im Traum würde ich einen Stock stehlen. Ich habe Ihren Stock bestimmt nicht.“ Aber der Geschäftsmann glaubte ihm nicht und schlug ihm zweimal ins Gesicht. Rabbi Awraham reagierte nicht. Er blieb einfach stehen, stumm und bescheiden. Der Fremde drehte sich um und eilte ins Hotel zurück.
Der Schabbat kam. Rabbi Awraham Abusch, der Rabbiner der Stadt, sollte wie jede Woche sprechen. Wie gewöhnlich war die Synagoge gefüllt, denn niemand wollte die goldenen Worte verpassen, die von seinen Lippen strömten. Auch der Geschäftsmann war anwesend. Er drängte sich nach vorne, um mehr zu hören und zu sehen. Als er den Rabbi erblickte, fiel er in Ohnmacht. Man weckte ihn auf, und er begann zu weinen. „O weh, was habe ich getan! Ich habe den großen Mann entehrt! Ich habe ihn sogar geschlagen!“ Leute umringten ihn, versuchten ihn zu beruhigen, aber er war untröstlich. Jemand schlug ihm vor, zum Rabbi zu gehen und ihn um Verzeihung zu bitten. „Er ist ein so edler Mensch – er wird dir bestimmt vergeben!“, versicherten sie ihm.
Der Mann nahm all seinen Mut zusammen, und als die Predigt beendet war, drängte er sich nach vorne, um mit dem Raw zu sprechen. Rabbi Abusch sah ihn kommen und nahm in seiner Schlichtheit und Demut an, er suche immer noch nach seinem Stock. Bevor der Fremde den Mund öffnen konnte, sagte der Rabbi: „Glauben Sie mir bitte, ich habe Ihren Stock nicht genommen. Verdächtigen Sie mich bitte nicht einer so schrecklichen Sache wie eines Diebstahls. Ich würde niemals etwas nehmen, was mir mich gehört! Ich rufe Himmel und Erde als Zeugen dafür an, dass ich Ihren Gehstock nicht gestohlen habe!“

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