V. In der Tora heißt es über die Mizwa von Sefirat haOmer (Zählen des Omer): „Und ihr sollt für euch zählen von dem Morgen nach dem Ruhetag ...“1 Die Gemara2 berichtet, dass die Boethusianer diesen Vers falsch verstanden und die Worte „von dem Morgen nach dem Ruhetag“ auf den Schabbat bezogen; d. h., sie dachten, dass das Zählen immer an einem Sonntag beginnen müsse. Das machte es für die Weisen notwendig, mit ihnen zu diskutieren und eine Reihe von Beweisen zu erbringen, dass sich das Wort Schabbat (Ruhetag) in diesem Fall auf den Jom Tow (das Fest des ersten Pessach-Tages) bezieht.3
Auf Anhieb wirft dies eine offensichtliche Frage auf: Warum hat die Tora den Ausdruck „von dem Morgen nach dem Schabbat“ verwendet, wenn dies wahrscheinlich missverstanden werden kann, als bezöge es sich auf den Schabbat? Warum heißt es nicht eindeutig „von dem Morgen nach Pessach“?
VI. Die Tora sagt von Jezi-at Mizrajim (dem Auszug aus Ägypten): „Wenn du das Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr G-tt auf diesem Berg dienen.“4 Das bedeutet, dass Matan Tora (die Übergabe der Tora) das eigentliche Ergebnis und der Zweck des Exodus ist. Zwischen dem Auszug aus Ägypten und Matan Tora liegt Sefirat haOmer. Das bedeutet, dass es zur Erreichung des letztendlichen Ziels des Exodus zuerst Sefirat haOmer geben muss, denn es ist das Zwischenglied zwischen dem Beginn von Jezi-at Mizrajim (d. h. dem eigentlichen Auszug aus Ägypten) und seiner Vollendung, d. h. Matan Tora.5
Die ersten drei Monate sind also: Nissan – die Zeit von Jezi-at Mizrajim; Ijar – die Zeit von Sefirat haOmer (denn alle seine Tage sind mit der Zählung verbunden, wie in der vorangegangenen Sicha erklärt); und Siwan – die Zeit von Matan Tora.
(Die ersten Tage von Siwan sind zwar noch Teil der Tage von Sefira. Rosch Chodesch Siwan (der erste Tag von Siwan) ist jedoch bereits die Vollendung der ersten drei Tage der siebten Woche von Sefira, d. h. der Chagat – der allgemeinen Prinzipien aller Midot – dieser letzten Woche.6 Daraus folgt, dass der Hauptaspekt von Siwan nicht Sefirat haOmer ist, sondern Matan Tora. So steht geschrieben: „Im dritten Monat ... kamen sie in die Wüste Sinai“7, und wie unsere Weisen es ausdrücken: „Die dreifache Tora wurde im dritten Monat gegeben.“8 )
Der Exodus wird in Verbindung mit jedem dieser drei Monate erwähnt: Von Nissan heißt es: „Der Monat Awiw, denn in ihm bist du aus Ägypten ausgezogen.“9 Von Ijar heißt es: „Im zweiten Monat, im zweiten Jahr, nachdem sie aus Ägypten ausgezogen waren.“10 (Im einfachen Sinn dieses Verses bezieht sich die Formulierung „nachdem sie aus Ägypten ausgezogen waren“ auf die vorhergehenden Worte „im zweiten Jahr.“ Der Sohar sagt jedoch, dass die Ausdrücke „der zweite Monat“ und „das zweite Jahr“ als „ganz und gar eins“ zu verstehen sind.11 Daraus folgt, dass sich der Ausdruck „nachdem sie aus dem Land Ägypten ausgezogen waren“ auch auf „den zweiten Monat“ bezieht.) Von Siwan heißt es: „Im dritten Monat nach dem Auszug der Kinder Israels aus Ägypten.“12
Zwar sind alle Monate des Jahres mit Nissan – „dem Beginn der Monate“13 – verbunden, der die Zeit des Exodus darstellt. Dennoch wird nur in diesen drei Monaten ausdrücklich auf den Auszug aus Ägypten Bezug genommen.
Der Grund dafür ist, dass diese drei Monate drei Aspekte bezeichnen: den tatsächlichen Auszug aus Ägypten, das Zählen des Omer und die Übergabe der Tora. Diese drei Aspekte sind Wege und Ebenen von Jezi-at Mizrajim. Jezi-at Mizrajim war abgeschlossen, als die Tora gegeben wurde.
VII. In diesen drei Perioden finden wir, dass Pessach mit dem Verzehr von Mazza (ungesäuertem Brot) verbunden ist; Sefirat haOmer hat mit Gerste zu tun, da unsere Weisen14 sagten, dass „alle Speiseopfer aus Weizen bestehen, mit Ausnahme des ‚Speiseopfers der Eifersucht‘15 und des ‚Speiseopfers des Omer‘16 – die beide aus Gerste bestehen“; und Schawuot hat mit Broten zu tun, die „mit Chamez (gesäuert) gebacken werden sollen.“17
Dies wirft die folgenden Fragen auf: a) Warum muss das Omer aus Gerste sein, anders als alle anderen Speiseopfer? Die Mischna erklärt, dass das „Speiseopfer der Eifersucht“ aus Gerste sein muss, denn „wie ihr Verhalten das Verhalten eines Tieres war, so besteht ihr Opfer aus dem Futter eines Tieres.“18 Was aber ist der Grund für das Speiseopfer des Omer?
b) Chamez ist an Pessach gänzlich verboten, denn Chamez bedeutet Eitelkeit, Arroganz19 und ist ein Symbol für Jezer haRa (die böse Neigung).20 Warum ist Chamez dann das ganze Jahr über erlaubt, und an Schawuot ist es nicht nur erlaubt, sondern die Mizwa der zwei Brote verlangt gerade Chamez?21
VIII. Die drei Aspekte dieser drei Monate werden in dem Vers „Moschcheni (zieh mich), Acharecha Naruza (wir werden Dir nachlaufen); der König hat mich in seine Gemächer gebracht“22 angedeutet: „Zieh mich“ bezieht sich auf die Zeit des Exodus; „Wir werden Dir nachlaufen“ bezieht sich auf die Zeit von Sefirat haOmer; und „Der König hat mich in seine Gemächer gebracht“ bezieht sich auf die Übergabe der Tora.23
Das bedeutet:
Es gibt eine Reihe von Unterschieden zwischen den Begriffen Moschcheni und Naruza: a) Moschcheni ist ein Ausdruck für Herausziehen, Ziehen, während Naruza ein Ausdruck für Laufen ist; b) Moschcheni bedeutet „Du ziehst mich“: Die Gemeinschaft Israels bittet den Allmächtigen, „ziehe mich – von Oben.“ Naruza, wir werden laufen, bedeutet, dass wir es aus eigener Kraft tun werden, von unten nach oben. c) „Zieh mich“ steht im Singular, während „Wir werden laufen“ im Plural steht.
IX. Zur Zeit des Exodus befanden sich die Juden in den „49 Pforten der Unreinheit.“24 Sie waren keine Gefäße, die in der Lage waren, die G-ttlichkeit aufzunehmen – „Du warst nackt und bloß.“25 Der Heilige, gesegnet sei Er, offenbarte Sich jedoch in Seiner Herrlichkeit höchstpersönlich26 und zog sie aus Ägypten heraus.
Die Erlösung erfolgte also nicht aufgrund der eigenen Awoda des jüdischen Volkes, sondern aufgrund einer Manifestation des G-ttlichen Lichts, das von Oben kam. Diese Manifestation veränderte also nicht ihr eigenes Wesen, denn sie waren keine Gefäße, die das Licht in sich aufnehmen konnten. Sie bewirkte lediglich, dass sie zur G-ttlichkeit hingezogen wurden.
Daraus folgt, dass diese Manifestation des G-ttlichen Lichts nur die G-ttliche Seele in jedem Einzelnen berührte, denn sie ist ein für die G-ttlichkeit empfängliches Gefäß. Auf die tierische Seele wirkte sie jedoch nicht ein. Mit anderen Worten, zur Zeit des Exodus waren sie nicht von dem Bösen in ihnen befreit, denn die tierische Seele blieb in ihrer vollen Intensität erhalten.
In diesem Zusammenhang erklärt der Alte Rebbe die Formulierung „Denn das Volk ist geflohen.“27 Auf den ersten Blick ist diese Formulierung schwer zu verstehen. Hätte man dem Pharao gesagt, er solle sie dauerhaft befreien, hätte er das tun müssen. Warum mussten sie dann fliehen? Der Alte Rebbe erklärt daher, dass das Böse in den Seelen der Juden zur Zeit des Auszugs noch in voller Intensität vorhanden war und sie deshalb aus Ägypten fliehen mussten.28
X. Wir können nun den Begriff Moschcheni („ziehe mich“) mit all den Feinheiten dieses Wortes verstehen:
a) Moschcheni ist ein Ausdruck des Heraus- und Heranziehens. Etwas durch Meschicha (Heraus-/Heranziehen) zu erwerben, ist nicht dasselbe, wie etwas durch Chasaka zu erwerben.29 Im Fall von Meschicha wird an der Sache an sich nichts verändert: Sie bleibt genau so, wie sie war, außer dass sie aus dem Bereich des Verkäufers in den des Käufers verbracht wurde. Dasselbe galt im Fall von Jezi-at Mizrajim: Es gab keine Veränderung in der Essenz des jüdischen Volkes, außer dass sie aus Ägypten – „der Nacktheit der Erde“30 in den Bereich der Heiligkeit zogen.
b) Moschcheni impliziert das Ziehen von Oben; denn zur Zeit des Exodus gab es noch keine Awoda von Seiten des Menschen.31
c) Moschcheni steht im Singular, denn die Manifestation des G-ttlichen Lichts zur Zeit des Exodus betraf nur die G-ttliche Seele, und nicht die tierische Seele.
XI. Das letztendliche Ziel ist, dass die G-ttliche Seele im Menschen die tierische Seele läutert und verfeinert. Wenn es nur auf die G-ttliche Seele ankäme, könnte sie oben in den Himmlischen Sphären bleiben [und es gäbe keine Notwendigkeit für sie, in dieser Welt verkörpert zu sein]. Die G-ttliche Seele selbst braucht überhaupt keinen Tikun (Korrektur, Wiederherstellung), und der letztendliche Zweck ihrer Herabkunft in diese Welt ist nur, die tierische Seele zu läutern und zu verfeinern.32 So steht geschrieben: „Du sollst den Ewigen, deinen G-tt, von ganzem Herzen lieben“33, wozu unsere Weisen anmerken: mit beiden deiner Neigungen [der guten und der bösen].34 Wenn die G-ttliche Seele die tierische Seele läutert, bewirkt dies auch für sie selbst eine Erhöhung, und zwar aufgrund der Eigenschaften der tierischen Seele, wie geschrieben steht: „Die Kraft des Ochsen bringt reichen Ertrag.“35
Der Mensch ist anders als ein Tier. Der Mensch hat einen Verstand. Seine Begierden und Emotionen werden daher nicht übermäßig stark sein, weil der Intellekt sie durch seine Macht, sie zu kontrollieren, abschwächt.36 Beim Tier hingegen sind alle seine Begierden sehr intensiv. So ist es auch bei jedem Menschen: Der Wille oder das Verlangen der G-ttlichen Seele ist nicht so intensiv wie bei der tierischen Seele. Wenn also die G-ttliche Seele die tierische Seele so beeinflusst, dass deren Wille, der sich mit großer Intensität ausdrückt, auf die G-ttlichkeit gerichtet ist, wird auch die G-ttliche Seele einen intensiven Willen zur G-ttlichkeit haben.
Jetzt können wir verstehen, warum das Speiseopfer des Omer aus Gerste bestehen sollte, was ein Tierfutter ist: denn das Omer bedeutet Birur (Läuterung) der tierischen Seele.37
XII. Die Midot (emotionale Attribute) des Menschen werden durch Hitbonenut (Kontemplation) verfeinert. Denn die Betrachtung von Elokut (G-ttlichkeit) wird in ihm Gefühle der Liebe und Ehrfurcht erwecken.38
Hitbonenut ist jedoch nicht immer der richtige Ansatz. Ganz am Anfang der Awoda einer Person, wenn man noch in Unreinheit versunken ist und somit wahrscheinlich gegen das Tora-Gesetz verstößt, ist für Hitbonenut nicht der richtige Zeitpunkt. In einem solch frühen Stadium muss es einen Ansatz von „Das Volk ist geflohen“ geben, um sich selbst zu beherrschen und vor dem Bösen zu fliehen. Danach, wenn man aus Ägypten, „der Nacktheit der Erde“, heraus ist, wird man nicht mehr von verbotenen Vergnügungen angezogen. Dennoch muss man das Verlangen, sich erlaubten Vergnügungen hinzugeben, noch beherrschen. Das ist also die Zeit für Hitbonenut und für Ithapcha: die Midot (die emotionalen Attribute) in ihrem innersten Kern zu verwandeln.39
XIII. Wir können nun den Begriff Naruza mit allen Feinheiten dieses Wortes verstehen:
a) Naruza bedeutet Laufen, im Gegensatz zum Gehen. Das Verlangen der tierischen Seele ist sehr intensiv, wie oben erwähnt. Wenn die Awoda des Menschen erreicht, dass auch die tierische Seele G-ttlichkeit begehrt, wird dieses Verlangen nach G-ttlichkeit intensiver sein als das der G-ttlichen Seele.
b) Naruza – „wir werden laufen“, bedeutet „durch unsere Initiative“, von unten nach oben, denn es ist das Ergebnis der Awoda.
c) Naruza steht im Plural, weil diese Awoda nicht nur von Seiten der G-ttlichen Seele, sondern auch von Seiten der tierischen Seele erfolgt.
Der Begriff Naruza, der „Laufen“ bedeutet, bezieht sich sowohl auf die G-ttliche Seele als auch auf die tierische Seele. So wird sich auch die G-ttliche Seele in einem Zustand von Naruza befinden. Denn wie bereits erwähnt, ist die G-ttliche Seele an sich begrenzt; aber da sie diejenige ist, die in der tierischen Seele ein „Laufen“ in Richtung der G-ttlichkeit bewirkt, wird dies auch in ihr selbst ein „Laufen“ erzeugen. Auf diese Weise wird die G-ttliche Seele emporgehoben.
XIV. Nach der Awoda von Sefirat haOmer erreicht man die Offenbarung von Matan Tora. Diese Offenbarung bewirkte Bitul Bimezi-ut (Aufhebung des Selbst; d. h. ein Bewusstsein der persönlichen Bedeutungslosigkeit, eine Aufhebung des Egos oder des Selbstbewusstseins).40 Eine Verfeinerung der Midot ist keine Aufhebung des Selbst, denn sie ist im Intellekt und in der Kontemplation verwurzelt – was impliziert, dass es noch ein Selbstbewusstsein gibt. Zur Zeit von Matan Tora jedoch „entflogen ihre Seelen bei jeder (G-ttlichen) Äußerung.“41
Wir können nun verstehen, warum Chamez das ganze Jahr über erlaubt ist, bis hin zu dem Punkt, dass es am Schawuot verpflichtend (eine Mizwa) wird, ungeachtet der Tatsache, dass es an Pessach gänzlich verboten ist.
Zu Beginn der Awoda, wenn das Böse im Menschen noch intensiv ist, muss man den Intellekt beiseite lassen, denn „sie sind weise, Böses zu tun.“42 Während Sefirat haOmer, also inmitten der Awoda, ist man in der Lage, den Intellekt zu benutzen; denn dann besteht nicht mehr die offensichtliche Gefahr, dass „sie weise sind, Böses zu tun.“43 Sefirat haOmer hat die Wirkung, alles Böse auszusieben,44 bis man die Ebene von Bitul Bimezi-ut (Aufhebung des Selbst) erreicht, d. h., dass das eigene Sein nur noch für G-tt allein da ist. An diesem Punkt besteht die Verpflichtung, speziell Chamez zu verwenden, denn der eigene Intellekt oder das eigene Denken muss ein Gefäß für die G-ttlichkeit sein.
XV. Unsere Weisen sagen: „In jeder Generation und an jedem einzelnen Tag ist der Mensch verpflichtet, sich selbst so zu betrachten, als wäre er an diesem Tag aus Ägypten ausgezogen.“45 Jeden Tag muss man die Erfahrung von Jezi-at Mizrajim (dem Auszug aus Ägypten) erneut durchleben. Daraus folgt, dass alle drei Aspekte von Jezi-at Mizrajim, die oben besprochen wurden, für die tägliche Awoda des Menschen relevant sind.
Der Beginn der täglichen Awoda ist das Rezitieren von Mode Ani46 – Ich danke G-tt – das Prinzip von Hoda-a (Dank, Anerkennung). An diesem Punkt ist man jenseits der Vernunft und jenseits des Gefühls. Es gibt nur eine Anerkennung und eine allgemeine Unterwerfung unter die Güte G-ttes. Der Beginn der täglichen Awoda ist somit analog zur Awoda zu Beginn von Jezi-at Mizrajim, dem Aspekt des Monats Nissan.
Die nächste Stufe der täglichen Awoda ist das Rezitieren von Pessukej deSimra, den Segenssprüchen des Schma und das Rezitieren des Schma selbst.47 Dies ist die Awoda von Hitbonenut, der Kontemplation. (Dies gilt sogar für den ersten Vers des Schma, da das Wort Schma „hören“ im Sinne von Verstehen und Begreifen bedeutet.) Dies ist auch die Awoda der Umwandlung der Midot (emotionale Attribute) bis zu dem Punkt, an dem die höchsten Stufen der Liebe zu G-tt erreicht werden, nämlich „mit ganzem Herzen und ganzer Seele“ und sogar „mit ganzer Kraft.“48 Dieses Stadium ist analog zur Awoda von Ijar, wenn der ganze Monat mit Sefirat haOmer verbunden ist.
Bei all dem bleibt jedoch ein Gefühl des Selbstbewusstseins bestehen; der Mensch behält seine Identität als eigenständige Einheit. Aber dann geht man zum nächsten Stadium über, dem Gebet der Amida, wenn man „wie ein Diener vor seinem Herrn“ steht.49 Dies ist das Stadium von Bitul Bimezi-ut – der Negation und Aufhebung der eigenen Realität bis zu dem Punkt, an dem man nicht mehr in der Lage ist, selbst zu sprechen, und daher betet: „Herr, öffne meine Lippen ...“50 Er ist wie jemand geworden, der nicht selbst sprechen kann und nur noch antwortet oder dem Vorbeter nachspricht.51 Dieses Stadium ist analog zur Awoda des Monats Siwan.
XVI. Wir können nun verstehen, warum die Schrift schreibt: „von dem Morgen nach dem Schabbat“, im Gegensatz zu „nach [dem Fest des ersten Tages von] Pessach.“
Die Läuterung und Verfeinerung der tierischen Seele erfordert eine sehr erhabene Kraft, denn „je höher man ist, desto tiefer kann man hinabsteigen.“52
Dies ist vergleichbar mit dem Auszug aus Ägypten. Damals war das jüdische Volk in die „49 Pforten der Unreinheit“ versunken. Es bedurfte also einer G-ttlichen Manifestation, „Er in Seiner Herrlichkeit höchstpersönlich“, denn nur so konnten sie von dort herausgezogen werden. So wird in den Lehren von R. Jizchak Luria erklärt, dass Engel, selbst aus der Klasse der Serafim usw., nicht in der Lage gewesen wären, irgendjemanden aus Ägypten zu befreien, und sie darüber hinaus selbst dort gefangen worden wären.53
Deshalb heißt es in der Tora „von dem Morgen nach dem Schabbat“: Der Schabbat ist die höchste Ebene der Zeit. Dennoch ist er immer noch Teil der zeitlichen Dimension, ein integraler Bestandteil des regulären Zyklus von sieben Tagen.54 In diesem Zyklus von sieben Tagen ist der Schabbat die höchste Ebene, wie unsere Weisen den Vers55 „Und G-tt vollendete Sein Werk am siebten Tag“ kommentieren: „Was hat der Welt gefehlt? Die Ruhe! Es kam der Schabbat – es kam die Ruhe.“56 Die Ruhe des Schabbat ist relevant und steht in Beziehung zur Realität der Welt. Der Aspekt des „Morgens nach dem Schabbat“ geht jedoch über den Schabbat selbst hinaus; er ist „ein Licht, das die Hischtalschelut (die Ordnung des Schöpfungsprozesses) überschreitet.“
Dies ist also die Bedeutung von „Ihr sollt für euch selbst zählen von dem Morgen nach dem Schabbat an“: Die Möglichkeit oder Fähigkeit von „Usefartem – ihr sollt für euch selbst zählen“, d. h., die 49 Tage, die alle Ebenen der emotionalen Attribute der tierischen Seele bedeuten,57 zu nehmen und sie zu läutern und zu verfeinern (Usefartem als sprachlich verwandt mit Sapirut – Glanz und Helligkeit58 zu lesen), erfordert eine Infusion von dem „Morgen nach dem Schabbat“, von jenseits der gesetzmäßigen Ordnung des Schöpfungsprozesses.
(Auszüge aus dem Ma-amar Usefartem 5711 und Ma-amar Injan Matan Tora 5713)
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