IX. Als das jüdische Volk aus Ägypten zum Berg Sinai zog, um die Tora zu empfangen, mussten sie zwei Kriege führen: einen Krieg gegen den Pharao und einen gegen Amalek.

In dieser Parascha erzählt die Tora von den Anweisungen G-ttes, wie Israel mit beiden Kämpfen umgehen sollte. Für den Krieg gegen den Pharao gab es einen Befehl: „Der Ewige wird für euch kämpfen, und ihr werdet schweigen.“1 Für den Krieg gegen Amalek hieß es: „Ziehe hinaus, kämpfe gegen Amalek“2 – was auch bedeutet, eine Schlacht im wörtlichen, physischen Sinne zu führen.

X. Der Unterschied zwischen diesen Kriegen ist der folgende:

Der Pharao stand hinter den Juden. Er stand nicht zwischen Israel und dem Berg Sinai, sondern zwischen Israel und dem „Fisch, den wir in Ägypten zu essen pflegten“3, dem „Ihr werdet das Fett des Landes essen.“4 Pharao verkündete zwar, dass er das Gute Ägyptens zurückhalten würde, wenn sie nicht seine Sklaven würden, aber er stand nicht zwischen Israel und dem Berg Sinai. In diesem Fall lautete das Gebot der Stunde also: „Der Ewige wird für euch kämpfen, und ihr werdet schweigen.“

Amalek hingegen stand zwischen Israel und dem Berg Sinai. In diesem Fall handelte es sich nicht um ein gutes und weites Land, sondern um eine Wüste, wie unsere Weisen im Midrasch Tanchuma5 erklären, dass die Tora ausdrücklich in einer Wüste gegeben wurde. Amalek wollte Israel also nicht passieren lassen, um die Tora zu empfangen.

Es stimmt, „die Stimme ist Jaakows Stimme und die Hände sind die Hände Esaws.“6 Der Gebrauch der Hände, d. h. die Gewalt, gehört zu Esaw; das ist sein Anteil, wie es geschrieben steht: „Von deinem Schwert wirst du leben.“7 Aber wenn jemand versucht, den Empfang der Tora zu verhindern und zu erschweren, sind alle Abwägungen hinfällig, und man geht auf allen möglichen Wegen und mit allen möglichen Mitteln, um die Tora zu empfangen und sich mit ihr zu vereinen.

Aus diesem Grund wurde Amalek tatsächlich physisch bekämpft. Es ging nicht darum, „meine Stärke und die Macht meiner Hand“ zu demonstrieren.8 Es ging um einen Krieg für G-tt – denn „der (G-ttliche) Name wird nicht vollkommen sein, noch sein Thron vollkommen, bis der Same Amaleks ausgelöscht ist.“9

XI. Da der Krieg gegen Amalek geführt wurde, um die Tora zu erhalten, bezog sich der Krieg – mit all seinen Einzelheiten – auf Mosche, der die Tora am Sinai empfing.

Der Krieg wurde von Mosche initiiert: Er sagte: „Wähle uns Männer aus ... und ziehe hinaus, kämpfe gegen Amalek.“10 Der Krieg begann mit dem Gebet von Mosche. Er wurde von Mosches Männern geführt, wie Chassidut den Vers erklärt: „wähle uns Männer aus“, dass er sich auf „Männer von Mosche“ bezieht;11 und der Sieg kam durch Jehoschua, den Diener von Mosche.

XII. Israels Sieg über Amalek war eine übernatürliche Leistung.

Der Jeruschalmi12 stellt fest, dass Amalek ein Experte in der Hexerei war und seine Soldaten so auswählte, damit sie alle natürlichen Bedingungen überleben konnten. Daher hätte Amalek eigentlich siegreich sein müssen. Doch Amalek wurde besiegt. Denn jeder, der auszog, um gegen Amalek zu kämpfen, war sich der Tatsache bewusst, dass er nicht aus eigener Kraft und mit der Macht seiner Hand ausging, sondern entsandt war von Mosche und mit der Macht von Mosche, d. h., mit der Macht der Tora, wie oben über die „Männer von Mosche“ gesagt wurde. Wenn man auf diese Weise einen Kampf führt, ist man auf eine ganz natürliche Weise siegreich.

XIII. Die Tora befiehlt uns jeden Tag zu gedenken, was Amalek getan hat.13 Daraus folgt, dass das oben Gesagte auch eine Anleitung für unseren täglichen Kampf gegen den spirituellen Amalek ist.

Von Amalek heißt es: „Karcha – er hat dich abgekühlt“14, d. h., er hat Israel in seinem Eifer und seiner Begeisterung für den Empfang der Tora abgekühlt.

Israel befand sich nach dem Exodus in einem Zustand überwältigender Begeisterung, die sogar die Völker der Welt beeinflusste, wie der Midrasch Tanchuma mit dem Gleichnis eines kochenden Bottichs veranschaulicht.15 Jeder konnte sehen, dass sie es mit einer feurigen Flamme zu tun hatten, und gerade dann kam Amalek, um Israels Eifer, die Tora zu empfangen, abzukühlen.

Wann immer es also etwas gibt, das die Verbundenheit mit der Tora abkühlen könnte, haben wir die obige Anweisung: a) Man muss mit allen Mitteln dagegen ankämpfen, alles tun, um den Empfang der Tora sicherzustellen; b) man muss sich daran erinnern, dass man dies nicht mit seiner eigenen Kraft und Macht tut, sondern mit der Kraft von Mosche, der Kraft der Tora.

XIV. Unsere Weisen kommentieren den Vers „Und Jitro hörte: Welchen besonderen Bericht hörte er, sodass er (zu Mosche) kam? Über den Krieg mit Amalek!“16 Dieser Bericht reichte sogar bis nach Midjan; und wie im Sohar erwähnt, war Jitros Ausspruch „Jetzt weiß ich [dass der Ewige größer ist als alle Götter]“17 ein vorbereitender Schritt zur Übergabe der Tora.18

So ist es auch jetzt. Den Krieg gegen den spirituellen Amalek zu führen, und zwar mit der Kraft von Mosche, wirkt sich überall aus, sogar in Midjan,19 und dies wird ein vorbereitender Schritt zur Offenbarung und zum Empfang von Pnimijut haTora sein, die der gerechte Maschiach20 bald in unseren Tagen offenbaren wird.

(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Jud Schewat 5716)