Das unvorhergesehene Treffen ereignete sich in einer europäischen Stadt. Der Chabad-Chassid war gerade in die Straßenbahn eingestiegen, als er auf den Chassid mit langen Schläfenlocken und einem klassischen chassidischen Mantel traf (dessen Namen aus triftigem Grund anonym bleibt). Sein Erscheinungsbild war sehr ungewöhnlich für diese Gegend. Er konnte nicht anders, als den Mann anzusprechen. Dieser sagte ihm, dass er zu einem Chassidut-Shiur fahre. Der Chabad-Chassid wunderte sich, was der Chassid hier zu suchen hatte, und warum er gerade hier die Lehre der Chassidut studierte. Darauf erzählte ihm der Chassid seine Geschichte:
„Mein ganzes Leben lebte ich in Meah Schearim (ein ultra-orthodoxes Stadtviertel in Jerusalem). Wie auch meine Frau wurde ich dort geboren und lebte immer nur dort. Uns wurden fünf Kinder geboren, die ebenso in Meah Schearim aufwachsen sollten. Es war alles in Ordnung! Doch eines Tages änderte sich meine Frau. Sie verschwand öfters für einige Stunden und hatte immer Ausreden parat. Ich schöpfte keinen Verdacht, bis sie schließlich überhaupt nicht mehr zurückkam! Ich suchte nach ihr, aber keiner wusste, wo sie war; bis ich eines Tages einen Brief erhielt, in dem sie schrieb, dass sie einen Muslim kennengelernt hatte, und mit ihm mitgegangen war! Sie hinterließ keine Kontaktdaten. Alle waren total schockiert! Einige Tage später kam noch ein Brief. Diesmal fragte sie nach den Kindern. Ich verstand den Ernst der Lage und wandte mich sofort an einen Anwalt. Er sagte, dass ich mir keine Sorgen machen müsste, solange die Frau nicht das Sorgerecht beantragen würde. Denn dann würde das Gericht in so einem Fall immer zu Gunsten der Mutter entscheiden. Allerdings erhielt ich kurz darauf eine Vorladung zum Gericht. Der Anwalt war verzweifelt: ,Sie wird von den fünf besten arabischen Anwälten vertreten. Wir haben keine Chance!‘, seufzte er. ,Vielleicht geschieht ein Wunder und das Gericht wird Dir ein oder zwei Kinder lassen‘. Als ich das hörte, wurde mir schwarz vor Augen. Dann traf ich auf einen Chabad-Chassid, den ich flüchtig kannte. Er schlug mir vor, dem Rebben einen Brief zu schreiben.
,Einen Brief?‘, fragte ich, ,heutzutage, wo der Lubawitscher Rebbe nicht mehr unter uns ist?!‘ Der Chabad-Chassid erklärte mir, dass man den Brief in eines der Bücher „Igrot Kodesch“ legt und dann auf der jeweiligen Seite eine Antwort findet.
(Die Igrot Kodesch bestehen aus über 20 Bänden und sind eine Ansammlung tausender Antwortbriefe des Rebben, welche die verschiedensten Bereiche des Lebens behandeln. Da heutzutage der Rebbe nicht direkt befragt werden kann, pflegen viele Chassidim den Rebben um Rat und Segen mittels der Igrot Kodesch zu bitten. Man verfasst einen Brief, legt ihn zwischen zwei beliebige Seiten der Igrot Kodesch, welche zufällig aufgeschlagen werden, und erhält auf den aufgeschlagenen Seiten eine Antwort für sein Anliegen.)
Obwohl ich kein Chabad-Chassid war, folgte ich seinem Rat. Die einzig relevante Zeile, die wir dann vorfanden war: ‚Man darf nie die jüdische Erziehung vernachlässigen. Man darf auf kein Kind verzichten!‘ Ich sah darin eine eindeutige Antwort des Rebben. Ich erklärte meinem Anwalt, dass ich alle Kinder behalten wolle, wie es der Rebbe gesagt hatte! Der Anwalt sah mich zwar mitleidig an, war aber bereit, mich darin zu unterstützen.
Am Tag des Gerichts betraten wir gemeinsam den Gerichtssaal. Ich sah meine Frau nach langer Zeit wieder. Sie war von ihren fünf arabischen Anwälten umzingelt. Der Richter eröffnete die Verhandlung. Die Anwälte fingen an zu sprechen. Sie waren wirklich gut. Sie beeindruckten den Richter mit schlagkräftigen Argumenten. Er schien bereits überzeugt zu sein, als er sich an uns wandte und mein Anwalt vorsprechen durfte: ,Euer Ehren! Ich weiß, dass die Kinder laut Gesetz zur Mutter gehören. Ich bitte sie jedoch, dass zumindest ein oder zwei Kinder beim Vater bleiben!‘ Ich war überrascht, dass mein Anwalt die Abmachung gebrochen hatte, sprang gleich auf und sagte: ‚Euer Ehren! Mein Anwalt vertritt mich hiermit nicht mehr! Ich vertrete mich ab nun selbst. Ich möchte folgendes sagen: Der Lubawitscher Rebbe hat gesagt, dass man bei jüdischer Erziehung auf kein Kind verzichten darf! Daher fordere ich, dass alle Kinder bei mir bleiben!‘
‚Ist das alles, was Sie zu sagen haben‘, fragte der Richter. Ich bejahte, und er zog sich zur Urteilsfällung zurück. Es sah nicht sehr gut aus. Als er den Saal verlassen hatte, passierte jedoch etwas Unvorhersehbares: Meine Frau fing plötzlich an, herum zu brüllen! Sie verfluchte mich, die Rabbiner, den Richter und alle Juden: ‚Wie schade, dass Hitler euch nicht vergast hat!“, brüllte sie. „Gut, dass es Selbstmord-Attentäter gibt!‘ Ihre Anwälte versuchten, sie zu beruhigen. Der Richter war unterdessen wieder zurück und wurde Zeuge des Ausbruchs. Nicht einmal er konnte sie zur Ordnung rufen! Als sie sich dann doch beruhigt hatte, sagte er: ‚Ich wollte eigentlich zugunsten der Mutter urteilen. Aber jetzt verstehe ich, dass die Mutter keine Kinder aufziehen möchte, sondern Terroristen! Ich entscheide hiermit, dass alle Kinder beim Vater bleiben!‘
Die Anwälte und meine Frau brausten hinaus. Ich war noch wie gelähmt von dem, was vorgefallen war. Da sagte mir der Richter leise: ‚Du hattest ein Riesenglück! Doch bald werden die arabischen Anwälte Berufung einlegen. Ich rate euch, das Land so schnell wie möglich zu verlassen!‘ Ich hörte auf den Richter und floh mit meinen Kindern. Als ich mir ein Ziel aussuchen musste, war mir eines klar: Da der Rebbe uns gerettet hat, wollte ich für meine Kinder nur mehr eine echte Chabad-Erziehung. Deshalb kam ich in diese Stadt. Meine Kinder lernen alle in Chabad-Schulen und auch ich habe begonnen, mich mit der Lehre der Chassidut zu befassen“, beendete der Mann die Geschichte und blickte in die vor Rührung glänzenden Augen des Chabad-Chassids.
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