Dieses wilde Monster ist in Wirklichkeit die liebe schüchterne Sara aus der zweiten Klasse. Die wunderschöne Königin Esther mit der juwelenbesetzten Krone ist in Wirklichkeit dein Bruder Mosche. Ist das, was da die Straße entlang geht, eine riesige dreieckige Hamantasche mit Mohnfüllung? Und wie ist dem kleinen Michael dieser üppige weisse Bart gewachsen?
Warum verkleiden wir uns an Purim? Weil an Purim nichts so ist, wie es zu sein scheint. Dass die Königin Waschti in Ungnade fiel – war das einfach etwas, was eben passiert, wenn ein ausschweifender persischer Herrscher betrunken ist? Dass Mordechai hörte, wie ein Komplott geschmiedet wurde, den König zu ermorden – war das blosser Zufall? Wählte Achaschwerosch Esther als seine Königin aus, weil es sich gerade so ergab, dass sie die schönste Frau in seinem Reich war?
War es einfach Pech, dass Haman genau in dem Moment zum König ging, als dieser sich vorlesen liess, wie Mordechai (durch die Aufdeckung des Mordkomplotts) ihm das Leben gerettet hatte? Lag es am Charme von Esther und an der Frivolität von Achachwerosch, dass der König plötzlich seinen Lieblingsminister an den Galgen hängen liess?
Das Purim-Fest wurde eingeführt, weil das jüdische Volk damals verstand, dass all diese Ereignisse von G-tt selbst veranlasst wurden, um Sein Volk zu retten. Er versteckte sich nur hinter einer Seifenoper im persischen Palast.
Als G-tt an Pessach die Kinder Israels aus Ägypten herausführte, war die ganze Umgebung – von Gize bis Gaza, von Memphis bis Mesopotamien – von den Wundern beeindruckt, die Er für sie bewirkt hatte.
Als an Chanukka das Öl aus einem kleinen Krüglein acht Tage lang brannte, sah auch der skeptischste Hellenist, dass das ein Akt G-ttes war.
Purim (was „Lose“ bedeutet) ist insofern einzigartig, als die wundersamste aller Rettungen in das Gewand von „Natur“, Glück und Zufall gehüllt war. G-tt war und blieb verborgen, und Sein Name erscheint der ganzen Megilla (Esther-Rolle) kein einziges Mal.
Purim ist eine Maskerade. Das Buch Esther (was auch „ich werde verbergen“ bedeuten kann) ist zusammengerollt. Sogar die Füllung von Mohn (oder ist es Pflaumenmus?) schaut kaum aus dem Teig der Hamantaschen geraus, um gar nicht von der ganz verborgenen Fleischfüllung in den Kreplach zu reden.
Es ist kein Paradox, dass Purim auch das freudigste Fest im jüdischen Kalender ist. Es ist schön, Wunder zu feiern – aber wie oft passiert einem schon ein Wunder? Viel erhebender ist die Einsicht, dass nichts so ist, wie es zu sein scheint, dass G-tt alle Fäden in der Hand hat, selbst wenn es so aussieht, als würden die Dinge „einfach so passieren“.
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