Rabbi Elimelech, der Rabbiner von Lisensk, war als frommer, heiliger Jude und großer Gelehrter allgemein bekannt. Einmal besuchte ihn ein junger Toragelehrter.

„Rabbi“, sagte der Gast, „wir sind beide Gelehrte und kennen das jüdische Gesetz. Aber Ihr übertrefft mich an Heiligkeit bei weitem. Was besitzt Ihr, was mir fehlt?“

Rabbi Elimelech deutete auf die Schale mit Früchten, die vor ihnen auf dem Tisch stand. „Dankst du G–tt, wenn du einen Apfel isst?“
„Selbstverständlich!“, erklärte der Besucher. „Nun, das ist der Unterschied! Siehst du, wenn du einen Apfel essen willst, sprichst du ein Gebet. Wenn ich ein Gebet sprechen will, esse ich einen Apfel.“

Kommentar: Wenn wir einen Freund segnen, wünschen wir ihm Erfolg. Können wir auch G–tt Erfolg wünschen? Fehlt G–tt etwas, was unsere Gebete ihm geben könnten? Diese Geschichte lehrt, dass ein Gebet es uns ermöglicht, dem Schöpfer der Welt näher zu kommen. Wir danken ihm nicht nur für seine Güte, sondern wir werden dadurch auch auf eine höhere spirituelle Ebene gehoben.

Der Besucher betete, um G–tt für seinen materiellen Segen zu danken. Das ist lobenswert. Doch Rabbi Elimelech nutzte das Gebet, um sich mit G–tt zu verbinden. Der Apfel war dafür nur ein Mittel.

Auch wir sollen beten, wenn sich eine Gelegenheit bietet, um spirituell bewusster zu werden. Je mehr wir beten, desto bewusster werden wir. Das ist der Sinn des Gebetes. Es ist, als würden wir etwas für G–tt tun: Wir bringen ihn hierher auf die Erde, anstatt ihn in den Himmel zu verbannen.‘