Viele Kulturen haben im Laufe der Geschichte geheime oder weniger geheime Handzeichen gehabt, die eine religiöse, politische, kulturelle oder soziale Bedeutung haben. Der Ursprung und der Sinn dieser Zeichen verlieren sich oft in der Geschichte, selbst wenn sie weiter benutzt werden.
Manche Zeichen dienen der Information. Zeigt der Daumen nach oben, bedeutet das Unterstützung. Zwei Daumen nach oben können eine Beleidigung sein. Solche Zeichen sind in jeder Kultur unterschiedlich. Ein und dasselbe Zeichen kann in verschiedenen Ländern ganz unterschiedliche Bedeutungen haben. Das kann für einen Reisenden peinlich oder gar gefährlich werden.
Manche Zeichen werden von politischen, militärischen oder religiösen Gruppen verwendet. Das Militär ist wohl am bekanntesten für seine Handzeichen, vor allem für das Salutieren. Die Art des Salutierens ist in jedem Land verschieden.
Manche militärischen Zeichen werden auch im Zivilleben angewandt, etwa der Gruß der Pfadfinder. Andere sind rein zivil, zum Beispiel der Gruß der Hindus, die ihre Handflächen aneinanderlegen. Manche Zeichen haben nichts mit einer Organisation zu tun, etwa die „High Five“ der jungen Afroamerikaner, den viele amerikanische Jungendliche übernommen haben.
Viele Religionen haben ebenfalls Handzeichen. Christen machen das Kreuz, Moslems heben die Hände und bedecken beim Gebet ihr Gesicht.
Warum Zeichen?
Hände können kommunizieren und Respekt oder Loyalität ausdrücken. In der Religion kann es um eine Kommunikation mit G-tt gehen oder darum, andere zum Respekt oder zum Gehorsam vor G-tt aufzufordern. Ein Handzeichen fügt der religiösen Praxis des Sprechens oder Singens eine physische Komponente hinzu.
Ein Zeichen kann ein Merkmal einer Gruppe oder Gemeinschaft sein. Wer der Gruppe beitritt und das Zeichen kennt, kann sich gegenüber anderen Mitgliedern identifizieren. In manchen Gruppen waren diese Zeichen geheim, weil die Mitglieder Botschaften überbringen mussten, die sie in Gefahr bringen konnten.
Jüdische Handzeichen
Handzeichen spielen in der jüdischen Religion keine so große Rolle wie in einigen anderen Gruppen. Da die Zeichen meist Tradition haben, werden sie von weniger traditionellen Juden seltener oder gar nicht benutzt. Zweifellos gibt es viele Juden, die einige dieser Handzeichen nie gesehen haben und weder ihre Herkunft noch ihren Sinn kennen.
Das Zeichen des Priestersegens
Das berühmteste jüdische Handzeichen ist das des Priestersegens, des Birchat Kohanim, aber man sieht es selten. Beide Hände werden in Schulterhöhe unter einem Tallit (Gebetsschal) ausgestreckt, und die Finger sind gespreizt, während der Kohen die Gemeinde segnet. Sein Gesicht ist bedeckt. Hände in der Position des Priestersegens sehen wir oft als Dekoration auf Schmuck oder auf dem Grabstein eines Priesters.
Die Finger sind gestreckt, der kleine Finger jeder Hand steht vom Ringfinger ab, und zwischen dem zweiten und dritten Finger ist ein Abstand, ebenso zwischen beiden Daumen. So entstehen fünf Zwischenräume. Die Handflächen zeigen nach unten. Die rechte Hand liegt ein wenig über der linken. Dieses Heben der Hände beim Priestersegen heißt Nesiat Kapaim.
Klopfen auf die Brust
Während einer Beichte, wenn wir die Worte „Wir haben gesündigt“ oder ähnliche Worte gesprochen haben, ist es Brauch, mit der rechten Faust auf die linke Seite der Brust über dem Herzen zu schlagen. In vielen Religionen ist es üblich, sich selbst zu peitschen. Das jüdische Brustklopfen soll hingegen keine Schmerzen hervorrufen. Es ist ein Symbol, das uns an die gesprochenen Worte erinnern und uns zur Buße auffordern soll.
Deuten auf die Tora
Nach der Tora-Lesung wird die offene Rolle hochgehoben, so dass alle sie sehen Kohen. Bei dieser Hagba ist es in manchen Gemeinden Brauch, mit dem kleinen Finger auf die Tora zu zeigen. Andere deuten auf sie, während sie die Zizit (Fransen) des Tallit halten und die Worte „Und dies ist die Tora“ sprechen.
Segen über den Schabbat-Kerzen
Wenn wir die Schabbat-Kerzen anzünden, vollziehen wir ein Ritual, an dem die Hände beteiligt sind. Zuständig dafür ist die Frau, welche die Kerzen anzündet. Aber wenn keine Frau im Haus ist, muss ein Mann das Ritual übernehmen. Die Kerzen werden angezündet, und sie wedelt das Licht mit beiden Händen dreimal auf sich zu. Damit zieht sie symbolisch den Geist des heiligen Schabbat zu sich heran. Sie schließt die Augen, bedeckt sie mit den Händen und spricht den Segen. Der Anblick dieser Bewegung, getaucht in das sanfte Licht der Kerzen, und das leise Murmeln ihrer Gebete hat sich dem Gedächtnis vieler jüdischer Generationen eingeprägt.
Es ist oft der physische Aspekt eines Rituals, der uns dessen Sinn so deutlich macht, dass wir noch lange nach dem Ende des Rituals an ihn denken. Genau darum geht es bei den jüdischen Handzeichen.
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