Im Allgemeinen benutzen wir unsere Kommunikationsfähigkeit dazu, anderen unsere Bedürfnisse mitzuteilen oder die Bedürfnisse anderer zu beantworten. Normalerweise wird dabei an ein nützliches Ziel gedacht, wie z.B. bestimmte Informationen zu bekommen, um etwas zu bitten.
Auch wenn diese Gespräche sehr wichtig sind, werden sie unserer tatsächlichen Sprachfähigkeit nicht gerecht. Sprechen dient einem viel bedeutsameren Sinn, wenn das Gespräch selbst und die Verbindung, die es erzeugt, das Ziel ist. Freunde telefonieren miteinander, um in Verbindung zu bleiben. Die Themen, die besprochen werden, sind nicht so wichtig, wie das Gespräch selbst. Kinder rufen ihre Eltern an. Manchmal gibt es einen Grund für diese Telefonate und finanzielle Bitten stehen ganz oben auf der Liste der „Gründe“. Aber meistens ist der Grund des Gesprächs, sich kurz zu schließen. Ein junges Paar kann Stunden damit verbringen, sich über alles und nichts zu unterhalten. Mit Instant Messaging werden diese Gespräche - sehr zum Missfallen des Arbeitgebers - auch während der Arbeitszeit weitergeführt. Und scheint die Unterhaltung zu Ende zu gehen, findet einer der beiden Seiten noch ein anderes „wichtiges“ Thema. Keiner möchte die Verbindung, die durch das Gespräch entstanden ist, zerstören: Keiner möchte „Auf Wiedersehen“ sagen.
Hier haben wir den klassischen Fall, dass das Ganze größer als die Summe seiner Teile ist: Die Themen, die diskutiert werden, sind nicht so wichtig, wie das Gespräch selbst.
Alles das trifft auch auf unser tägliches „Gespräch“ mit G-tt zu, was wir auch „Gebet“ nennen. Gebet ist natürlich, wenn jemand – G-tt bewahre – Schwierigkeiten hat. Aber leidenschaftliches Gebet, wenn alles relativ gut zu gehen scheint, ist ein viel bedeutsameres Erlebnis. Das ist so, weil unsere Gespräche einem zweifachen Sinn und Zweck dienen: Sie sind eine Gelegenheit, unseren Versorger um Gesundheit, Wohlstand und Nachas (Genugtuung) von unseren Kindern zu bitten. Noch wichtiger ist aber, dass wir uns in solchen Augenblicken mit unserem geliebten Vater im Himmel kurz schließen. Tatsächlich ist bis zu einem gewissen Grad unser Gebetsinhalt weniger wichtig, als das Erlebnis selbst, - nämlich die Möglichkeit zu haben, sich mit G-tt zu verbinden.
Du hast Seine Aufmerksamkeit: Sprich so lange Du möchtest! Der bedeutsame Weise Rabbiner Yochanan hat es mit diesen Worten zusammengefasst: „Könnten wir nur den ganzen Tag lang beten!“
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