Während seiner Gefangenschaft in Ägypten musste Josef vieles durchmachen. Zuerst war er ein Sklave in Potifars Haus und seine Lage verschlimmerte sich, als er zum Sträfling im Gefängnis wurde. Doch in beiden Situationen gelang es Josef, Wohlgefallen in den Augen seiner Vorgesetzten zu finden. Potifar ernannte ihn zum Verwalter seines Hauses und auch im Gefängnis stellte ihn sein Vorgesetzter über alle anderen Gefangenen. Die Thora beschreibt den Erfolg Josefs in beiden Situationen auf sehr ähnliche Weise, aber doch unterschiedlich. In Bezug auf Potifars Haus heißt es: Alles was er tat, ließ G-tt in seiner Hand gelingen1; und bezüglich dem Gefängnis heißt es: Alles, was er tat, ließ G-tt gelingen.2

Ein Geschenk von G-tt

Erfolg ist ein Segen. Diesen Segen kann sich der Mensch nicht wirklich verdienen, sondern er ist ein Geschenk von G-tt.3 Dabei gibt es zwei Arten von Erfolg: Es gibt Menschen, die sehr erfolgreich sind, indem was sie tun, sodass man erkennt, dass sie von G-tt gesegnete Menschen sind und deshalb ihr Erfolg so groß ist. Doch es gibt noch eine ganz andere Art von Erfolg. Dieser ist so übernatürlich, dass man ihn keineswegs mehr auf die Taten des Menschen beziehen kann, sondern es fällt gleich auf, dass die Hand G-ttes dahintersteckt.

Im Haus Potifars erhielt Josef den Segen für die erste Art des Erfolgs – „Alles was er tat, ließ G-tt in seiner Hand gelingen“ – alle haben gesehen, dass er in all seinem Tun erfolgreich war. Doch im Gefängnis wurde Josef mit viel größerem Erfolg gesegnet – „Alles, was er tat, ließ G-tt gelingen“ – sein Erfolg war nicht mehr von dieser Welt und alle sahen gleich, dass G-tt dahintersteckte.

Ego-Gefühl zurückschrauben

Zu diesem übernatürlichen Segen kam Josef ausgerechnet im Gefängnis. Denn um so einen gewaltigen g-ttlichen Segen für Erfolg empfangen zu können, muss man sein Ego-Gefühl auf null zurückschrauben. Je mehr der Mensch sein Ego-Gefühl zurückschraubt, desto empfänglicher wird er für den Segen G-ttes. Und je mehr sein Ego-Gefühl ihn aufbläht, desto weniger hat der g-ttliche Segen bei ihm Platz.

In den Propheten heißt es: Auf Solchen blicke Ich, auf den Armen und der gebeugten Gemütes ist.4 G-tt achtet ausgerechnet auf den „Armen“ und steht ihm bei; das ist derjenige, der bescheiden und demütig ist. Als Josef im Gefängnis war, war seine Demut viel größer, als im Hause von Potifar. Deshalb erhielt er gerade im Gefängnis den übernatürlichen Segen G-ttes und alle erkannten gleich, dass G-tt mit ihm war.

Die Galut

Doch auch als Sklave in Potifars Haus, strahlte Josef den Glauben an G-tt aus. Auf den Vers Und sein Herr sah, dass G-tt mit ihm war5, erklärt Raschi, dass Josef stets über G-tt redete. Und da er seinen Erfolg auf den Segen G-ttes zurückführte, überzeugte dies sogar Potifar, ein Götzenanbeter, dass „G-tt mit ihm war“. Doch im Gefängnis musste Josef nicht einmal erwähnen, dass sein überwältigender Erfolg von G-tt kam, weil dies so offensichtlich war.

Es stellte sich also im Nachhinein heraus, dass gerade weil Josef so viel durchmachen musste, erst als Sklave und dann sogar als Sträfling, dies in ihm echte Demut bewirkte und er erst dadurch des großen, g-ttlichen Segens würdig wurde. So handelt es sich auch mit dem jüdischen Volk: Der Frondienst in Ägypten machte es demütig und somit für den Erhalt der Thora empfänglich. Deshalb muss auch das jüdische Volk so viel in der Galut durchmachen, um den vollkommenen, g-ttlichen Segen zur vollkommenen Erlösung erhalten zu können!

(Likutej Sichot, Band 25, Seite 213)