In unserem Wochenabschnitt ermahnt Mose das jüdische Volk stets in den Wegen G-ttes zu gehen und Ihm aus ganzem Herzen zu dienen, denn G-tt begünstigt niemanden und nimmt keine Bestechung an.1 Es ist doch klar, dass G-tt unparteiisch und unbestechlich ist. Weshalb sah es Mose für notwendig, dies zu betonen?
Es ist nachvollziehbar, warum die Thora betont, dass G-tt niemanden begünstigt. Die Kinder Israels sind ja die Kinder G-ttes und ein Vater begünstigt seine Kinder. Deshalb betont die Thora, dass G-tt niemanden begünstigt. Und obwohl in der Thora ausführlich steht Mögest du bei G-tt Gunst finden2 (in der Bedeutung, dass G-tt das jüdische Volk begünstigen möge, indem Er seinen Zorn zurückhält und seine Sünden vergibt3) und daraus ersichtlich wird, dass G-tt doch das jüdische Volk begünstigt, spricht der Vers in unserem Wochenabschnitt „G-tt begünstigt niemanden“ von einer spezifischen Situation: nämlich, wenn das jüdische Volk die Gebote der Thora von sich wirft. In so einem Fall begünstigt G-tt das jüdische Volk nicht. Und dies sah Mose für notwendig zu betonen.
Bestechung auf dieser Welt
Doch es scheint gänzlich unverständlich, weshalb die Thora betonen muss, dass G-tt unbestechlich ist. Wie auch könnte es anders sein! Außerdem erfüllt doch G-tt selbst die Gebote, die Er dem jüdischen Volk vorschreibt und es ist ein ausführliches Verbot, sich bestechen zu lassen.
Die Erklärung dazu liegt in einem Vers im Buch Mischlej,4 aus dem hervorgeht, dass G-tt sich sehr wohl bestechen lässt, nämlich vom jüdischen Volk. Dort heißt es: Und Bestechung nimmt Er von den Frevlern an.5 Dazu erklärt der Midrasch: „Welche Bestechung nimmt G-tt vom jüdischen Volk auf dieser Welt an? – Tschuwa und Wohltätigkeit. So spricht G-tt: Machet Tschuwa, denn in dieser Welt lasse Ich Mich bestechen. Doch sobald Ich in der künftigen Welt Gericht halte, lasse ich mich nicht mehr bestechen.“6
Eigentlich Tschuwa aus Liebe
Das ausführliche Verbot sich bestechen zu lassen einerseits und der Vers in Mischlej andererseits lassen sich wie folgt vereinbaren: Wenn der Jude sündigt und keine Tschuwa macht (seine Sünde nicht bereut und erneut begeht), jedoch Mitzwot und Wohltätigkeit mehrt, in der Hoffnung, dass diese seine Sünde verdecken, wird G-tt Sich dadurch nicht bestechen lassen und die Sünde nicht vergeben. Doch sobald der Jude für seine Sünde Tschuwa macht, lässt Sich G-tt durch diese Tschuwa bestechen und vergibt die Sünde.
Diese Tschuwa gilt als Bestechung, da eigentlich der Jude eine vollkommene Tschuwa (die Tschuwa aus Liebe) begehen müsste, damit G-tt ihm seine Sünde vergibt. Doch G-tt ist bereit eine einfache Tschuwa zu akzeptieren und sobald der Jude seine Sünde bereut und auf sich nimmt, sie nicht wieder zu begehen, vergibt ihm G-tt auch schon seine Sünde. Darin liegt die Bedeutung des Verses in Mischlej: G-tt lässt Sich durch die einfache Tschuwa der Frevler (sie werden Frevler genannt, weil ihre Tschuwa nicht vollkommen ist) bestechen und vergibt ihnen ihre Sünden.
G-tt sieht in die Herzen
Doch wie darf trotzdem G-tt Bestechung annehmen, wenn Er es den Richtern Israels verbietet?
Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen G-tt und dem Menschen. Ein Richter darf unter keinen Umständen irgendeine Art von Bestechung annehmen und er muss sich strikt an die Richtlinie halten: „Der Richter urteilt nur anhand dessen, was er sieht.“7 Er weiß nicht, was sich wirklich im Herzen des Angeklagten/Klägers abspielt und darf sich nur nach Fakten orientieren. Doch G-tt sieht auch in die Herzen des Menschen, in seine tiefsten Winkel und weiß daher, dass bereits in einer einfachen Tschuwa der Funke für eine vollkommene Tschuwa steckt. Deshalb darf Er die einfache Tschuwa als Bestechung annehmen und vergibt gleich die Sünde.
Sobald ein Jude Tschuwa begeht, sogar eine einfache Tschuwa, sieht G-tt darin gleich, wie daraus in Zukunft eine vollkommene Tschuwa wächst und Er vergibt daraufhin die Sünde. Denn in jedem Juden stecken die Überzeugung und der Wille, G-tt aus reinem und ganzem Herzen zu dienen.
(Likutej Sichot, Band 34, Seite 59)
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