Steht die technische Entwicklung im Widerspruch zum Judentum, wie bei manch anderen Religionsgemeinschaften? Oder existiert zwischen ihnen gar harmonischer Einklang?
Unsere Gelehrten erklären1, dass einer der Gründe für die Sünde des Goldenen Kalbs, deretwegen Mose das jüdische Volk in unserem Wochenabschnitt tadelt, der Überfluss an Gold war, welches die Sinne der Kinder Israels geblendet hatte. Bekanntlich kann das größte (moralische) Elend gerade vom Reichtum herbei beschwört werden. Und da nun das jüdische Volk wegen des Goldes in Sünde versank, wäre anzunehmen, dass von nun an G-tt – um solches Elend in Zukunft zu vermeiden – gewisse Beschränkungen bezüglich des Goldes setzen würde. Aber die Geschichte lehrt das Umgekehrte: Denn die erste Gabe für die Errichtung des Stiftszelts – welches ja die Sünde des Goldenen Kalbs sühnen sollte – war Gold!
Das Gold und sein Sinn
In diesem Zusammenhang heißt es im Midrasch: „Die Welt war des Goldes nicht würdig. Warum dann wurde es erschaffen? – Für das Stiftszelt und den Tempel.“2 Der eigentliche Sinn für die Erschaffung des Goldes also galt den Heiligtümern. Und nachdem es für diesen Zweck erschaffen wurde, gestattete man dem Menschen die Nutzung des Goldes auch für profane Zwecke.
Wir stoßen hier auf eine grundlegende Regel in der jüdischen Weltanschauung: Alles Erschaffene auf dieser Welt findet seine Bestimmung durch den Dienst an der G-ttlichkeit! Und so lehrt die Mischna: „Alles, was G-tt in Seiner Welt erschuf, erschuf Er nur für Seine Ehre.“3
Freie Wahl
Dennoch verlieh G-tt dem Menschen die freie Wahl, welche es ihm ermöglicht die Welt für Gutes zu gebrauchen und für ihre eigentliche Bestimmung oder einen schlechten Nutzen aus ihr zu ziehen, bis zum absoluten Gegenteil ihres ursprünglichen Sinns – wie die Verwendung des Goldes, das von Anfang an für den Tempel bestimmt war, doch stattdessen für den Götzendienst missbraucht wurde. Dennoch aber ändert die Tatsache, dass die Elemente der Welt auch für Böses gebraucht werden, nichts an ihrer g-ttlichen Bestimmung, denn G-tt gibt Seine Schöpfung nicht der „Narren wegen“ auf.4
Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Dinge, welche in den sechs Schöpfungstagen erschaffen wurden, sondern auch für alle Erfindungen des Menschen, bis zu den neuesten Errungenschaften der modernen Technologie; denn auch diese Fähigkeit wurde durch G-tt erschaffen und dem Menschen verliehen, und auch auf sie trifft die Aussage der Mischna zu: „Alles, was G-tt in Seiner Welt erschuf, erschuf Er nur für Seine Ehre.“ Somit liegt die Bestimmung aller Gegenstände gänzlich in „der Offenbarung der g-ttlichen Wahrheit“. Und nichts, auch nicht die Tatsache, dass manche sich ihrer für Schlechtes bedienen, kann daran etwas ändern!
Multimedia für das Judentum
Wir sehen also, dass das Judentum in dem Fortschritt der Technologie keinen Widerspruch sieht, sondern ganz im Gegenteil: Nicht nur, dass es dem Fortschritt nicht aus dem Weg geht, sondern es bedient sich sogar der Technologie für jüdische Zwecke, denn gerade darin liegt ihre Bestimmung!
Diese Entwicklung, welche in unserer Generation nie gekannte Dimensionen erlangt hat, steht in unmittelbarer Verbindung mit der vollkommenen Erlösung! Denn im Sohar steht folgendes geschrieben: „In der letzten Periode vor der Erlösung werden sich die Quellen der Weisheit in der unteren Welt offenbaren!”5 Deshalb verdeutlichte der Lubawitscher Rebbe immer wieder, dass der technische Fortschritt nur eine einzige Bestimmung hat: die Verbreitung des g-ttlichen Lichts der Thora unter dem jüdischen Volk und auf der ganzen Welt — durch das Radio, Fax, Fernseher, Internet usw. Denn dafür wurde die Technologie ins Leben gerufen — um im Dienst G-ttes zu stehen, um die vollkommene Erlösung zu bringen!
(Sefer haSichot, Jahrgang 5748, Band 2, Seite 593)
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