Auf dem Weg zum Verheißenen Land musste das jüdische Volk die Wüste passieren, welche in unserem Wochenabschnitt wie folgt beschrieben wird: Der dich geführt hat durch die große und furchtbare Wüste, wo es feurige Schlange, Skorpion und Entbehrung gibt, wo kein Wasser ist.1 Diese detaillierte Beschreibung über die Wüste birgt viele Lektionen in sich, welche uns in unserem tagtäglichen Leben begleiten sollen.

Die große Wüste drückt die langwierige Galut, in der wir uns noch immer befinden, aus. Und der Eintritt in das Heilige Land steht für die vollkommene Erlösung. Die Details über die Wüste sind eine Andeutung auf den Sinn und den Grund für die Galut. Indem wir den Grund für die Galut besser verstehen, wird es uns leichter fallen zu begreifen, wie wir die Galut aufheben und die vollkommene Erlösung erlangen können.

Der Urheber der Galut

In den Propheten wird die Wüste als ein Ort bezeichnet in der kein Mensch sich niederlässt.2 Wen es in die Wüste verschlagen hat, versucht ihr zu entfliehen. Deshalb gilt die Galut als eine Wüste und für das jüdische Volk, das darin ausharrt, ist dies ein unerträglicher Zustand. Das jüdische Volk befindet sich in der Galut inmitten der Weltvölker. Und so wie die Wüste flächengrößer ist, als bewohnbares Land, sind auch die Weltvölker um vieles zahlreicher, als das jüdische Volk, das in ihrer Mitte lebt. Und selbst im jüdischen Volk sind diejenigen, die Mitzwot erfüllen, in der Minderheit.

Lehrt uns die Thora: Gerade dieser Umstand, dass wir die Wüste als „groß“ betrachten, ist der Urheber für die Galut. Sobald man die Weltvölker und die „Welt“ als größer als das jüdische Volk betrachtet, lässt man sich einschüchtern und lässt zu, unter ihrem Einfluss zu stehen. Doch wir müssen uns einprägen, dass „Du uns von allen Völkern erwählt und erhoben hast“.3 Wenn sich dies ein Jude vor Augen hält, wird er seine Besonderheit schätzen und an G-tt hängen und keine Galut wird ihn unterwerfen.

Das Gift der Schlange

Der weitere Fall in der Galut wird in dem Wort „furchtbar“ angedeutet. Dies ist die Angst vor der Welt. Die Galut geht tiefer, sobald der Jude Furcht hat, dass ein Nichtjude seine jüdische Identität herausfindet. Eine andere Ausdrucksform dieser Furcht wäre, wenn man sich davor scheut, sich als Jude erkennen zu geben, der Mitzwot erfüllt. Somit beginnt die Galut sich in seine Seele zu fressen.

Daraus resultiert der weitere Fall in der Galut: „Schlange“. In den Schriften4 steht geschrieben, dass das Gift der Schlange heiß ist. Dies deutet an, dass in den Juden Begeisterung und Begierden für Weltliches eindringen, welche ihm die Begeisterung für Spirituelles nehmen. Nun ist es nicht mehr weit, eine weitere Stufe zu fallen, nämlich dass die Schlange auch „feurig“ ist. Dies ist bereits der Drang nach Verbotenem, der jegliche Feinfühligkeit für Mitzwot verbrennt.

Durstig vor der Wasserquelle

Noch schlimmer wird es durch den „Skorpion“. Sein Gift gilt als kalt. Dies ist Gleichgültigkeit und Kälte in der Seele. Wärme und Begeisterung, sogar für Weltliches, kann man in die richtige Bahn lenken, nämlich in Richtung Mitzwot. Doch sobald man kalt ist und kein Interesse hat, irgendetwas aktiv zu tun, ist man mit dem Gift des Skorpions infiziert und eine Befreiung aus der Galut wird sehr schwer.

Der darauffolgende Fall ist der Schlimmste: „Entbehrung und es gibt kein Wasser“. Es kommt vor, dass G-tt die Seele des Juden aufrüttelt und er spürt dadurch, dass ihm etwas fehlt. Seine Seele dürstet es. Doch da er sein Feingefühl für das Spirituelle verloren hat, weiß er nicht einmal, wie er seinen Durst stillen kann („Es gibt kein Wasser“ und die Thora wird mit Wasser verglichen5). Dies ist wahrlich ein erbärmlicher Zustand und der Tiefpunkt in der innerlichen Galut.

Wenn sich ein Jude all dessen bewusst ist und bereits vor dem Urheber der Galut auf der Hut ist, die Welt als eine „große“ Wüste zu betrachten, wird er der „Wüste“ (Galut) entfliehen können und das Heilige Land (Erlösung) erreichen.

(Likutej Sichot, Band 2, Seite 372)