I. Paraschat Ekew ist einer der „Sieben [Schabbatot] des Trostes.“1 Nicht nur die Haftarot dieser sieben Wochen haben Trost zum Thema, sondern auch die Sidrot, denn in den meisten Fällen spiegelt die Haftara den Inhalt der Parascha wider.2 Wenn also die Haftara den Trost der Erlösung behandelt, muss auch die Sidra von der Erlösung sprechen.

Tatsächlich bezieht sich die ganze Tora auf die Erlösung, denn „Niemand ist ein freier Mann außer dem, der sich mit dem Studium der Tora beschäftigt.“3 Das Tora-Studium befreit die Seele von der Galut des Körpers und der tierischen Seele, und das befreit auch den Körper von der buchstäblichen Galut.4

Die ganze Tora spricht von verschiedenen Themen, durch die die Erlösung zustande kommt. Die Sidrot der „Sieben des Trostes“ sprechen jedoch von der Erlösung selbst.5

Gegenwärtig befinden wir uns in der Galut. Eine Erklärung der Erlösung setzt ein Verständnis von Galut und ihrer Ursache voraus. Wenn man die Ursache der Galut kennt, weiß man auch, wie man sie beheben kann. Indem man die Ursache behebt, beseitigt man ihre Wirkung, und die Erlösung ist erreicht.

Dies kann mit einem körperlich kranken Menschen verglichen werden:6 Wenn er sich seiner Krankheit und der Symptome seines Leidens bewusst ist, wird er einen Arzt aufsuchen. Er wird wissen, was er dem Arzt sagen muss, und dieser wird wissen, welche Medizin er ihm verschreiben muss. So wird er geheilt werden.

Das bloße Wissen, dass man krank ist, und das Erkennen der Symptome der Krankheit ist bereits die halbe Heilung. Es wird schließlich die andere Hälfte der Heilung bewirken und ihn wieder ganz gesund machen.

Ähnlich verhält es sich mit der Galut. Das Verständnis des Konzepts von Galut und ihrer Ursache ist der Beginn der Erlösung. Es wird dazu führen, dass man nach Wegen sucht, um den Zustand der Galut zu heilen und sie für das „gute und weite Land“ zu verlassen.7

II. Das jüdische Volk musste durch eine riesige Wüste wandern, bevor es (zum ersten Mal) das „gute und weite Land“ betrat. „Die Begebenheiten der Väter sind ein Zeichen für die Kinder.“8

Die Tora spricht über diese Wüste, weil sie ein „Zeichen für die Kinder“ ist: Unsere heutige Galut ist wie die Wüste jener früheren Generation. Was wir über diese Wüste wissen, gibt uns daher Aufschluss über unsere gegenwärtige Galut. Dies wiederum lehrt uns, wie wir die Galut heilen können.

Paraschat Ekew, eine der „Sieben des Trostes“, spricht über die Wüste. Sie wird dort beschrieben als „die weite und schreckliche Wüste mit Schlangen, Vipern und Skorpionen und mit Durst, wo es kein Wasser gibt.“9 All dies sind verschiedene Einzelheiten der Wüste und damit auch unserer gegenwärtigen Galut. Diese Einzelheiten zu verstehen bedeutet bereits, etwas von dem Trost zu haben, denn sie machen uns bewusst, was geheilt werden muss, damit wir die Galut verlassen und in das „gute und weite Land“ gehen können.

III. Die Wüste ist kein Ort, an dem sich Menschen niederlassen können. Sie wird als „riesige Wüste“ beschrieben. Der Raum, der von dieser Wüste eingenommen wird, ohne menschliche Wohnstätten, ist größer als die Fläche der Siedlungen der Menschen.

Der Begriff Adam (Mensch) bezieht sich auf Juden – „Ihr werdet Adam genannt.“10 Schenej Luchot haBerit11 erklärt das Wort Adam etymologisch als Ausdruck für „Edame – ich will dem Höchsten gleichen.“12 Juden werden mit dem „Himmlischen Adam auf dem Thron“13 verglichen.

Die riesige Wüste, die für die menschliche Besiedlung ungeeignet ist, ist größer als das Gebiet, auf dem dies möglich ist. So heißt es: „Ihr seid das kleinste aller Völker.“14 Die Juden sind eine Minderheit unter allen Völkern. Unter den Juden selbst sind diejenigen, die Tora und Mizwot richtig befolgen, derzeit noch nicht in der Mehrheit.

Der erste Hinweis auf die Galut in dem zitierten Vers ist der Begriff „riesige Wüste.“ Das bedeutet, dass die erste Ursache und der erste Schritt des Abstiegs zur Galut die Wahrnehmung ist, dass die Welt um uns herum größer ist als wir selbst. Das „besiedelte Gebiet“, d. h. Juden und Jiddischkeit, wird als ein kleiner Ort wahrgenommen und die Welt um ihn herum (die „Wüste“ der Nationen) als ein riesiger Raum, als etwas, das größer ist als wir selbst.

Die Wahrheit ist, dass nichts in dieser Welt Israel überwältigen kann.15 In der Tat sind alle Israel unterworfen,16 wie es in der Haftara dieser Woche heißt: „Könige werden deine Ernährer sein und ihre Prinzessinnen deine Ammen.“17 Die Gemara18 interpretiert den Vers „Alle Völker der Erde werden sehen, dass der Name G-ttes über dir angerufen wird, und sie werden sich vor dir fürchten“19 so, dass er sich auf die Tefillin auf dem Kopf bezieht. Wenn auf dem Kopf eines Juden „Höre Israel, der Ewige ist unser G-tt, der Ewige ist Einzig“20 steht und sein Geist in dem Bewusstsein aufgeht, dass der Allmächtige die alleinige Autorität über die ganze Welt ist,21 dann „werden alle Völker der Erde sehen ... und sie werden sich vor dir fürchten“, d. h. sie werden sich dir unterwerfen.

Wenn man jedoch mit einer „riesigen Wüste“ rechnet und der Welt mit dem Argument, die Welt sei groß und man selbst sei klein, Bedeutung zuschreibt, stellt man sich selbst die Frage: „Wie kann Jaakow bestehen – denn er ist klein?“22

Indem er diese Frage aufwirft und damit der Welt Bedeutung zuschreibt, bewirkt er in sich selbst einen Zustand von Galut, von Verhüllung und Verbergung, bis zu dem Punkt, dass die Welt ihn überwältigen kann. Dies ist der Ausgangspunkt von Galut.

Andererseits, wenn man sich daran erinnert, dass „Du hast uns aus allen Völkern erwählt ... Du hast uns erhöht ...“23, dann wird ihn nichts berühren, weil er sich bewusst ist, dass Israel über allem steht. Für ihn gibt es keine Galut. Der Allmächtige sorgt für seinen Lebensunterhalt, er kann seinen Geschäften nach den Anweisungen der Tora nachgehen, und er findet die Zeit für regelmäßiges Tora-Studium.

IV. Die Wahrnehmung der Welt als riesige Wüste führt dazu, dass sie nicht nur als „riesige Wüste“, sondern auch als „schrecklich“ empfunden wird.

„Riesig“ bedeutet einfach, dass sie größer ist als er. Auch er hat seine eigene Lebenswirklichkeit, wenn auch als Minderheit. „Schrecklich“ bedeutet jedoch, dass er Angst vor dem anderen hat, dass er glaubt, der andere habe Macht und Autorität über ihn.

Wenn man die Welt als eine „riesige Wüste“ betrachtet, hat dies nur dann eine Auswirkung auf einen, wenn man tatsächlich mit ihr konfrontiert wird, weil man ihre riesige Größe anerkennt. In seiner eigenen kleinen Nische bleibt er jedoch stark.

Die Wahrnehmung einer „riesigen und schrecklichen Wüste“ flößt jedoch selbst in der eigenen kleinen Nische Angst vor der Welt ein, sei es in der Schul, in der Jeschiwa oder zu Hause. Man fürchtet sich davor, Tora und Mizwot offen zu befolgen, aus Angst, dass die Welt davon erfährt, und dann heißt es: „Was werden die Nationen sagen?“

V. Dieser Zustand führt zum nächsten Abstieg: zu einem Ort der „Schlangen.“

Archej haKinujim24 sagt von Schlangen, dass ihr Gift heiß ist. „Schlangen“ impliziert also eine Verwicklung in die „Hitze der Welt“, die die Befassung mit Angelegenheiten der Heiligkeit verringert. Dies wiederum führt noch weiter abwärts zu „Vipern.“

Die Verwicklung in weltliche Angelegenheiten wird so intensiv sein, dass sie das Engagement in Angelegenheiten der Heiligkeit nicht nur verringert, sondern ganz und gar verbrennt.25 Dies wird ihn noch tiefer zum „Skorpion“ bringen.

Über den Skorpion heißt es in Archej haKinujim,26 dass sein Gift kalt ist. Dies ist schlimmer als Schlangen und Vipern. Hitze und Heftigkeit sind, auch wenn sie sich auf weltliche Dinge beziehen, ein Zeichen von Leben und Vitalität. Auch wenn sie gegenwärtig in einem negativen Kontext stehen, können sie in Angelegenheiten der Heiligkeit umgewandelt werden. Kälte hingegen, die das Gegenteil von Leben anzeigt, ist viel schlimmer, wie im Zusammenhang mit dem trotzigen Stehenbleiben einer Ziege im Vergleich zu einem stößigen Ochsen diskutiert wird.27

All dies kann noch zu einem weiteren Abstieg führen: „Durst, wo es kein Wasser gibt.“ Selbst wenn er von oben aufgerüttelt wird, wie z. B. mit einer Bat Kol (wie in Chassidut erklärt wird),28 die ihn in einen Zustand des „Durstes“ bringt – gibt es noch immer „kein Wasser“, was sich auf die Tora bezieht.29 Er spürt den Durst, weiß aber nicht einmal, wonach er dürstet. Er ist so weit entfernt, dass er jede Verbindung verloren hat und sich des Konzepts der Heiligkeit selbst nicht bewusst ist.

Was hat zu all dem geführt? Es begann mit der Idee einer „riesigen Wüste“, damit, dass man der „Wüste“, d. h. der Welt, eine Bedeutung zugeschrieben hat. Dies ist der erste Schritt auf dem kontinuierlichen Abstieg bis hin zum „Durst, wo es kein Wasser gibt.“

Das Heilmittel für all diese Abstiege erfordert, dass man die allererste Ursache korrigiert: Man muss in allen Angelegenheiten von Jiddischkeit stark sein, indem man sich daran erinnert: „Du hast uns aus allen Völkern erwählt ... Du hast uns erhöht ...“

So befreien wir uns von der Galut, damit unser gerechter Maschiach uns in das „gute und weite Land“ führen kann, und zwar schnell in unseren eigenen Tagen.

VI. Wir können nun die Vorschrift verstehen: „Wenn sich eine Schlange um die Ferse windet, soll man [das Gebet] nicht unterbrechen ... ist es aber ein Skorpion, unterbricht man.“30

Wenn man mitten im Gebet plötzlich von der „Hitze“ der Welt ergriffen wird – „eine Schlange windet sich um seine Ferse“ –, ist das definitiv unangemessen. Dennoch darf man nicht abbrechen, sondern muss weiter beten. Schließlich ist es ein Zeichen dafür, dass Leben in ihm ist, und er kann diese „Hitze“ und Vitalität in Angelegenheiten der Heiligkeit umwandeln.

Wenn sich jedoch ein Skorpion um seine Ferse windet, d. h., wenn er mitten im Gebet von „Kälte“ ergriffen wird, sollte er abbrechen. Der Skorpion, das „kalte Gift“, kann sich nur um seinen Fuß, seine Ferse winden, ohne seinen Verstand oder sein Herz zu berühren. Trotzdem sollte er aufhören zu beten, denn die Tatsache, dass er mitten im Gebet von „Kälte“ – Mangel an Leben – ergriffen werden kann, zeigt, dass seine Herangehensweise an den Dienst G-ttes nicht richtig ist. Diese Art der Herangehensweise und Ordnung muss aufgegeben und durch eine andere ersetzt werden. Er muss einen Dienst anstreben, der von Vitalität erfüllt ist, und das findet man im Studium von Pnimijut haTora, das als „Baum des Lebens“ bezeichnet wird.31

(Adaptiert aus einer Sicha gehalten am Schabbat Paraschat Ekew 5716)