Stellen Sie sich vor, jeden Morgen, wenn Sie aufwachen, steht an der Decke Ihres Schlafzimmers eine Frage: "Was soll ich heute tun?"

Vielleicht halten Sie diese Erinnerung für unnötig. Wenn wir aufwachen, wissen wir ja, was uns bevorsteht: Beruf, Familie, Personal, die Gemeinde ... Aber die Frage geht darüber hinaus. Sie bedeutet: Wie wollen Sie sich heute Abend fühlen? Wie wird die Welt sich geändert haben, abgesehen davon, dass Sie einen Kunden bedient oder ein Huhn fürs Abendessen gekauft haben? Werden Sie Ihrer Verantwortung nachkommen und die Welt heilen und besser machen?

Gewiss protestieren Sie nun: Daran kann ich nicht jeden Tag denken! Aber wenn Sie nur am Schabbat und an Feiertagen daran denken oder nur in der Synagoge, wann werden Sie diese Mizwot dann erfüllen? Studium und Gebet sollen uns an unsere Pflichten erinnern, aber Pflichten erfüllen wir nicht, indem wir es nur versprechen.

Im Wochenabschnitt Mischpatim heißt es: "Ihr werdet G-tt dienen ... ich will euch ein volles Leben geben." Jeder Jude hat eine g-ttliche Aufgabe und eine bestimmte Zahl von Tagen, in denen er sie erfüllen soll. Darum ist jeder vergeudete Augenblick in gewissem Sinne eine Auflehnung gegen G-tt.

Wir müssen unseren Egoismus überwinden. Der große Weise Rabbi Jochanan ben Sakkai soll auf seinem Sterbebett gerufen haben: "Vor mir sehe ich zwei Wege, einer führt zu Gan Eden (zum Himmel), der andere zum Gehinom. Ich weiß nicht, auf welchen ich geführt werde." Warum wusste er es nicht? Weil er so viel Energie für seinen spirituellen G-ttesdienst verbrauchte, dass er keine Zeit hatte, über seine Leistungen nachzudenken. Erst am Ende seines Lebens schaute er zurück.

Das bringt uns zurück zur Schrift an der Wand. Bei manchen Juden ist sie das Morgengebet, andere beginnen den Tag mit der Frage: Werde ich heute Abend etwas geleistet haben? Was muss ich dafür tun? Manchmal genügt es, ehrlich zu sein und das Richtige zu tun, selbst wenn Sie nur mit Kunden sprechen oder ein Huhn kaufen.

Wenn Sie ein Gespür für Ihre g-ttliche Aufgabe entwickeln, ohne um Ihre egoistischen Wünsche zu fürchten, segnet G-tt Sie mit "einem vollen Leben". Wenn es dann Tage gibt, an denen Sie Ihre Mission nicht erfüllen, gibt G-tt Ihnen die Chance, das Versäumte nachzuholen.