Vor seinem Tod segnete Jakow seine Söhne. Dabei erhielt sein achter Sohn Ascher folgenden Segen: Ascher, fett ist seine Speise. Raschi erklärt1, dass das Wort „fett“ den Überfluss an Olivenöl in dem Landteil Aschers andeutet und auch Mose über den Stamm Ascher einen ähnlichen Segen aussprach: Er taucht in Öl seinen Fuß.

Außer der einfachen Bedeutung beinhaltet der Segen auch eine tiefgründige, spirituelle Bedeutung. Im Talmud steht geschrieben2, dass Öl ein Symbol für Weisheit ist. Jakow und Mose segneten Ascher also mit viel Weisheit. Allerdings ist die Art des Segens zu beachten: Er taucht in Öl seinen Fuß. Das heißt, das „Öl“ hat keinen Eigennutzen, sondern dient dem „Fuß“.

Verstand ist nicht alles

So wie das Öl eine symbolische Bedeutung hat, nämlich die Weisheit, trägt auch der Fuß eine Symbolik. Der Fuß, als niedrigster Körperteil, drückt die trockene, gefühllose Tatkraft aus. Er befolgt Befehle ohne Emotionen und Verstand, doch mit bedingungslosem Gehorsam.

Im Segen Aschers gibt es die Verbindung zweier Gegensätze: Des „Öls“, das die Weisheit, den Verstand und Intellekt symbolisiert, und des „Fußes“, eines Symbols für trockene Tatkräftigkeit, jedoch mit bedingungslosem Gehorsam. Die richtige Verbindung dieser zwei Gegensätze ist das „Eintauchen des Fußes in Öl“. Weisheit und Verstand, trotz ihres hohen Ranges, haben erst dann einen Nutzen, wenn sie sich der Tat zur Verfügung stellen. Die praktische Tat aus bedingungslosem Gehorsam ist das Fundament und steht deshalb an erster Stelle über der Weisheit. Die Weisheit hingegen kann die Tat nur bereichern, wie das Öl nur den Fuß einschmiert – Er taucht in Öl seinen Fuß.

Die Schwäche des Verstandes

Es gibt zwei wesentliche Vorteile des Diensts an G-tt aus bedingungslosem Gehorsam („Kabalat Ol“ genannt) gegenüber einem Dienst, der aus dem Verständnis entspringt:

  1. Der menschliche Verstand ist eben begrenzt, doch G-tt ist unendlich. Deshalb kann man G-tt nicht durch den Verstand erreichen, sondern gerade durch bedingungslosen Gehorsam und gänzliche Hingabe an Ihn.
  2. Die Rationalität des Verstandes ist nicht absolut, sondern unterliegt auch Verformungen, was zu falschen Schlussfolgerungen führen kann. Nur bedingungsloser Gehorsam ist standfest genug um jegliche Abweichung vom richtigen Weg zu verhindern.

Das ist also die tiefere Bedeutung des Segens, den Ascher erhielt: Einerseits wurde er mit einem Überfluss an Öl gesegnet – Weisheit, doch gleichzeitig erhielt er auch den Segen, dass die Weisheit dem bedingungslosen Gehorsam und der gänzlichen Hingabe an G-tt zu Diensten steht, wodurch der Verstand standfester wird und nicht der Gefahr unterläuft vom richtigen Weg abzuweichen.

Fundstück

Der Stamm Ascher gehörte zu der Fahne des Lagers Dan, welches bei den Wanderungen des jüdischen Volkes den Abschluss bildete. Im Talmud steht geschrieben3, dass die Leute des Lagers Dan alle verlorenen Gegenstände der Stämme, die vor ihnen marschierten, einsammelten und ihnen zurückgaben.

Die spirituelle Bedeutung davon ist, dass gerade die Aneignung bedingungslosen Gehorsams, welcher im Lager Dan vorherrschte, seinen Leuten die Kraft verlieh die Fehler der anderen Stämme zu korrigieren. Auch wenn jemand aus den anderen Stämmen seinen Weg verloren hatte, konnte das Lager Dan ihn wieder auf den richtigen Weg bringen, eben wegen seines Dienstes an G-tt aus bedingungslosem Gehorsam.

So auch befähigt der Dienst an G-tt aus bedingungslosem Gehorsam jeden Menschen seine Fehler leichter einzusehen und in den Wegen G-ttes zu wandeln.

(Likutej Sichot, Band 1, Seite 102)