Das Konzept von Belohnung und Strafe gehört zu den dreizehn Glaubenspfeilern des Judentums. G-tt verspricht uns Seinen üppigen Segen, wenn wir in Seinen Wegen wandeln, aber warnt uns auch zugleich vor negativen Konsequenzen bei Nichterfüllung Seiner Gebote.
Bei Betrachtung des Konzepts von Belohnung und Strafe fällt sofort auf, dass die Thora sich besonders auf die Belohnung und Strafe in unserer Welt bezieht – Regen, Erfolg im Geschäftsleben, Sieg in Kriegen, Vertreibung wilder Tiere, Frieden usw.
Bekanntlich ist doch die wahre Belohnung und das beständige Gute der Reichtum im Geistigen. Unsere Weisen lehren1, dass das Leben in dieser Welt nur eine Durchgangshalle ist, an deren Ende sich das große Tor zur Welt der Seelen befindet. Dort genießt der Mensch die „Früchte“, die er einst in dieser Welt gepflanzt hat. Weshalb also verspricht die Thora Belohnung in dieser Welt für das Erfüllen der Mitzwot (sodass das Konzept von Belohnung und Strafe zu einem Glaubensgrundsatz gehört), wenn doch die wahre Belohnung den Menschen in der künftigen Welt erwartet?
Essbare Baumrinde
Auf einen ähnlichen Widerspruch stoßen wir bei der vollkommenen Erlösung. Den Darstellungen unserer Meister zufolge2 wird ein noch nie gekannter Überfluss an materiellen Gütern in jener Zeit vorhanden sein. Man wird am selben Tag säen und ernten; jeder Baum wird Früchte tragen; selbst seine Rinde wird zum Verzehr geeignet sein und nach den Baumfrüchten schmecken usw.
Doch der Sinn der vollkommenen Erlösung besteht darin G-ttes Allgegenwart kennenzulernen, Welcher Sich dann in Seiner ganzen Herrlichkeit präsentieren wird. Das ist wohl eine ganz und gar spirituelle Angelegenheit! Dazu schreibt Rambam: „Die Welt wird sich mit nichts anderem beschäftigen außer G-tt zu erfahren. Materielle Güter werden (so zahlreich) wie Staub vorzufinden sein.“3
Mit dem Ausdruck „Staub“ deutet Rambam darauf hin, dass in einem solch geistig-g-ttlichen Zeitalter materieller Überfluss überhaupt keine Bedeutung haben wird! Weshalb also haben unsere Meister diesen materiellen Überfluss so detailliert beschrieben, als ob er im Mittelpunkt stünde?
Wahre Größe
Die Antwort mag überraschend klingen: Es ist ausgerechnet Reichtum in dieser Welt, welcher die Größe der Thora hervorhebt!
Über die Thora heißt es: Sie ist dein Leben und die Länge deiner Tage.4 Die Thora erfüllt alle Bereiche des Lebens. Wegen ihrer Allmächtigkeit wirkt ihr Einfluss auf jedem Gebiet und beschränkt sich nicht nur auf geistige Ebenen, sondern durchdringt jedes Territorium in G-ttes Schöpfung! Aber der Mensch muss bereit sein den g-ttlichen Einfluss der Thora aufzunehmen. Dies erreicht er durch die Mitzwot. Deshalb verspricht G-tt für das Erfüllen der Gebote materiellen Überfluss.
Man kann das mit einem Menschen vergleichen, der große Freude verspürt und dies nicht nur in seinem Verständnis belässt, sondern die Freude durchbricht seine geistigen Barrieren und breitet sich in allen Teilen des Körpers aus, bis zu den Füßen, sodass sie voller Lebensfreude zu tanzen anfangen. Das ist ein Ausdruck für wahre Freude. Auch die Thora präsentiert sich von ihrer vollkommenen Seite, wenn ihr g-ttlicher Segen auch in die materielle Welt dringt!
Ein Glaubensgrundsatz
Der Einfluss der Thora auf die allgemeine Welt hängt ebenfalls von der Bereitschaft der Welt ab, ihr g-ttliches Licht zu empfangen und „bearbeiten“ zu können. Die Vorbereitung dazu erfolgt durch die Mitzwot Israels einerseits und das Erfüllen der Sieben Noachidischen Gebote der Völker andererseits. Zur vollkommenen Erlösung hat dann die Welt den Status erreicht, in welchem der g-ttliche Segen auch unsere Welt gänzlich durchdringen wird!
Deshalb gehört auch das Konzept von Belohnung und Strafe auf dieser Welt zu den 13 Glaubensgrundsätzen im Judentum (welche den jüdischen Glauben ausmachen), denn der Einfluss der Thora auf die materielle Welt zeugt von ihrer Größe und g-ttlichen Allmacht!
(Likutej Sichot, Band 37, Seite 79)
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