Sie gehen die Straße entlang als plötzlich - Bamm! - ein scharfkantiges, eckiges Objekt mit einem Klatscher auf Ihrer Stirn landet. Sie gehen einen Schritt zurück und das Ding ist auf wundersame Weise noch da. Es sieht aus wie man sich einen außerirdischen Meteoriten vorstellt: ein asymmetrischer Brocken Eis und Stein, innen glühend heiß, außen eisig kalt und hart.

Sie schauen sich um. Das mittägliche Gedränge des Fußgängerwegs umfließt Sie fast nicht bemerkend, den Brocken Eis und Feuer, der auf Ihrer Stirn hängt, vergessend. Offenbar haben Sie ihn als einziger bemerkt.

Und dann trifft es Sie (diesmal im Kopf): Sie sind auf ein Stück Ihrer Vergangenheit gestoßen.


Die 7. der "10 Plagen", die Ägypten traf, war die Plage des Hagels, wie in Exodus 9:22-35 bschrieben:

Also reckte Mose seinen Stab gen Himmel, und G-tt ließ es donnern und hageln, daß das Feuer auf die Erde schoß. Also ließ G-tt Hagel regnen über Ägypten, der Hagel und das Feuer waren so grausam, dass desgleichen in ganz Ägypten nie gewesen war ...

Alle Plagen - vom Nil, der sich in Blut verwandelte zum Mitternachtstod der ägyptischen Erstgeborenen enthielten ein wundersames Element, dass "Ägypten wissen lassen soll, dass Ich G-tt bin (ebenda 7:5). Das bemerkenswerte an der Hagelplage ist die übernatürliche Art, auf der sie endete.

Wie die Tora erzählt, "Pharao sandte hinaus und ließ Mose und Aaron bringen und sprach zu ihnen:" Ich habe dieses Mal gesündigt; G-tt ist der Gerechte, und ich und mein Volk sind die Schuldigen ... Ich werde euch gehen lassen." Also "ging Mose weg vom Pharao, aus der Stadt und breitete seine Hände zu G-tt aus und der Donner hörte auf und Hagel und Regen berührten den Boden nicht mehr." "Auch diejenigen, die bereits in der Luft waren", erklärt Raschi in seinem Kommentar zu dem Vers, "nicht mehr den Boden."

Was ist die tiefere Bedeutung dieses fremdartigen Phänomens? Der Lubawitscher Rebbe erklärt, dass die hängenden Hagelkörner des Pharaos die zugrunde liegende Dynamik von Sünde, Bestrafung und Reue hervorheben.

Wenn wir über eine böse Tat reden, die von G-tt bestraft wird, so denken viele an einen übernatürlichen Richter, der die Sünden und Verfehlungen in ein kosmisches Buch einträgt, die Belastung bucht und Unglücke als "Vergeltung" oder Rache verteilt. Die Wahrheit geht viel tiefer. Die großen jüdischen Denker bezeichnen die Bestrafung eher als Resultat der Sünde als deren Vergeltung. Wenn jemand aus einem Fenster aus dem 3. Stock springt und sich das Bein bricht, so kann man sagen, dass er für seine rücksichtslose Tat "bestraft" wurde; allerdings wäre es sehr viel zutreffender zu sagen, dass der Schöpfer bestimmte Verhaltensgesetze in der physischen Welt eingeführt hat - so wie das Gesetz der Schwerkraft, kinetischer Energie usw. - die das Resultat eines Beinbruches nach einem Sturz aus dem 3. Stock "vorschreiben". Im gleichen Atemzug führte der Schöpfer auch spirituelle Verhaltensgesetze ein, die vorschreiben, dass böse Taten Unglücke über die Übertreter bringen.

Obwohl also die hängenden Hagelkörner des Pharao gegen die Gesetze der Natur verstoßen haben, so waren sie doch im Einklang mit einer wichtigeren Natur - der spirituellen Natur der Schöpfung, die der physischen zuvorkam und zugrundeliegt. In dem Moment, in dem der Pharao seine böse Art bereute, in dem er Reue über seine Taten zum Ausdruck brachte ("ich und mein Volk sind die Schuldigen") und die Zukunft beschloss ("Ich werde euch gehen lassen") - in dem Moment, in dem die geistige Ursache der Plage nicht mehr existierte - hörte auch die Plage auf zu existieren. Auch nur ein einziges Hagelkorn, das den Boden Ägyptens näher gekommen wäre, hätte gegen das grundlegende Gesetz der Schöpfung verstoßen: nämlich dass die geistige Realität die physische Realität beeinflusst - und nicht andersherum.

Dennoch verschwanden die Hagelkörner nicht, die bereits in der Luft waren. Die Reue des Pharao hatte die Kraft, die zukünftigen Reslutate seines Benehmens aufzuhalten, aber nicht die Vergangenheit ungeschehen zu machen. Durch das Aufhalten der Ursache (seine Ablehnung, das Volk Israel ziehen zu lassen), stoppte er dessen Resultat (die Plage des Hagels); aber die Hagelkörner, die das Resultat seines vorherigen Fehlverhaltens waren, konnte er nicht rückgängig machen.

Das Leben ist eine Reise (oder ein Fluss, eine Straße, eine Achterbahn - suchen Sie sich Ihr Klischee aus), in der wir uns voranbewegen und so die Vergangenheit zurücklassen. Aber obwohl wir die Vergangenheit hinter uns gelassen haben, existiert sie weiterhin. Und solange die Vergangenheit existiert, existieren ihre Resultate - Hagelkörner, die in der Luft stehen.


Es gibt dennoch eine tiefere Ebene der Tschuwa (Umkehr), die die Vergangenheit verändern kann. Eine Tschuwa, die sich aus dem zeitlosen Kern unserer Seele speist und so eine derart radikale Veränderung in unserer Lebensbahn herbeiführt, dass sie die Bedeutung - und folglich auch die Resultate - unserer vergangenen Verfehlungen neu definiert. Keine Hagelkörner mehr, die Sie beim Spaziergang auf der Straße an Ihrer Stirn treffen.