Eine der wichtigsten Komponenten des Koscher-Haltens ist die angemessene Trennung von Fleisch und Milch. Dieses Verbot lernen wir vom Vers „Du sollst ein Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen“. Dieser Vers erscheint in der Tora dreimal, zweimal in Exodus1 und einmal in Deuteronomium.2 Die Weisen3 erklären, dass die Wiederholung dieses Verses uns lehrt, dass es nicht nur verboten ist, Milch mit Fleisch zu kochen, sondern auch von dieser Mischung zu essen oder davon zu profitieren.
Das hebräische Wort G'di (Zicklein/Kitz) bezieht sich in diesem Zusammenhang auf jedes junge Haustier – nicht nur kleine Ziegen.4 In der Tat verbietet die Tora das Kochen, Essen und Profitieren von jedem Fleisch koscherer Haustiere in jeder Art koscherer Milch. Die Tora erwähnt das "Zicklein in der Milch seiner Mutter" als Beispiel, weil das in alten Zeiten üblich war.5
Der Grund
Die Tora verbietet das Kochen und Konsumieren von jedem beliebigen Fleisch in jeder beliebigen MilchMehrere Gründe werden für diese Mizwa angeboten. Einige argumentieren, dass es grausam ist, ein Baby in der Milch zu kochen, die zu seiner Ernährung bestimmt war. Die Tora verbietet das Kochen und Konsumieren von jedem beliebigen Fleisch in jeder beliebigen Milch, um das Kochen eines jungen Tieres in der Milch seiner Mutter zu vermeiden.6
Es heißt aber auch, dass uns diese Mizwa aus gesundheitlichen Gründen gegeben wurde.7
Maimonides8 erklärt, dass dieses Verbot damit zusammenhängt, dass es ein altes, heidnisches Ritual gab, Fleisch mit Milch zu kochen und zu essen. Der Sforno9 fügt hinzu, dass dieses Ritual einen speziellen Segen für eine reiche Ernte und fruchtbare Herden herunter beschwören sollte. Die Mizwa, Milch und Fleisch nicht miteinander zu kochen, unterscheidet das jüdische Volk von jenem götzendienenden Brauch.
Kabbalistische Quellen erklären, dass Fleisch für Gwura steht (die G-ttliche Eigenschaft des Richtens) und Milch Chessed darstellt (die G-ttliche Eigenschaft der Güte). Diese zwei entgegengesetzten Eigenschaften sollen nicht miteinander vermischt werden10
Jedenfalls steht fest, dass der Hauptgrund für diese Mizwa sich jenseits des menschlichen Verstandes befindet. Daher wird sie als Chok bezeichnet – ein Gebot, dass wir nur deshalb beachten, weil es G-ttes Willen entspricht, selbst wenn wir es nicht verstehen.11
Rabbinische Verschreibungen
Da die Tora die Definition der Parameter dieser Mizwa betreffend, etwas vage ist, hielten es die Rabbiner für notwendig, die Gebote der Tora zu beschützen, indem sie uns zusätzliche Einschränkungen verschrieben, damit wir nicht denken, dass sich das Verbot einzig und allein auf ein Zicklein in der Milch seiner Mutter bezieht.12
Die folgenden Verbote wurden von den Rabbinern hinzugefügt:
- Das Tora-Gesetz verbietet einzig und allein das Kochen und Essen des Fleisches eines Haus- bzw. Hoftieres in Milch. Die Rabbiner haben hinzugefügt, dass es ebenfalls verboten ist, das Fleisch eines koscheren, wilden Tieres oder sogar eines Vogels in Milch zu kochen.13
- Das Tora-Gesetz verbietet nur das Konsumieren des in Milch gekochten Fleisches. Die Rabbiner haben hinzugefügt, dass Fleisch und Milch nicht miteinander gegessen werden darf, selbst wenn sie nicht zusammen gekocht wurden.14
- Die Rabbiner haben verschrieben, dass zwischen der Konsumtion von Fleisch und Milch eine gewisse Zeitspanne gewartet werden soll.15
- Die Rabbiner haben ebenfalls verschrieben, dass zwei Bekanntschaften nicht am selben Tisch sitzen dürfen, wenn einer von ihnen Milchprodukte und der andere Fleischprodukte zu sich nimmt.16
Die Wartezeit zwischen Fleisch und Milch
Nach Ablauf von sechs Stunden, löst sich der Geschmack aufDer Talmud erzählt uns, dass Mar Ukwa nach dem Fleischessen bis zur nächsten Mahlzeit wartete, bevor er etwas Milchiges zu sich nehmen würde.17 Die meisten Kommentatoren entnehmen daraus, dass er sechs Stunden warten würde, da zu jenen Zeiten die Rabbiner ihr Frühstück um die Mittagszeit herum einnahmen,18 was dem durchschnittlichen Zeitabstand zwischen der morgendlichen Mahlzeit und der abendlichen Mahlzeit entsprach.19 Es gibt eine Ansicht, die jedoch nur von einer Minderheit vertreten wird, dass es bereits ausreicht, eine Stunde zu warten zwischen Fleisch und Milch20 oder drei.21 Falls jemand zu einer Gemeinde gehört, die sich nach einer dieser Ansichten richtet, kann er sich auf diese weniger strengen Bräuche verlassen, sollte aber besser sechs ganze Stunden warten.22
Es ist auf jeden Fall verboten, in der selben Mahlzeit Milch nach Fleisch zu konsumieren, selbst wenn es mehrere Stunden später geschieht.23
Warum die Wartezeit?
Der Grund für das sechsstündige Warten ist zweifach: Erstens, weil das Fleisch ziemlich fettig ist, könnte der Geschmack längere Zeit im Mund bleiben. Nach Ablauf von sechs Stunden, löst sich der Geschmack jedoch auf.24 Zweitens, wenn das Fleisch zwischen den Zähnen steckenbleibt, wird es gemäß Halacha für die darauffolgenden sechs Stunden als Fleisch betrachtet.25 Nach diesen sechs Stunden verliert es seinen "Fleischstatus". Wer nach sechs Stunden immer noch Fleischspuren zwischen seinen Zähnen findet, sollte diese zuerst entfernen, bevor er Milchprodukte zu sich nimmt.26)
Diese zwei Gründe dienen als Basis für folgendes Gesetz: Selbst wer Fleisch wieder ausspuckt, muss trotzdem sechs Stunden warten, um Milchprodukte zu sich zu nehmen27. Wer eine klare Hühner- oder Fleischbrühe trinkt, muss ebenfalls sechs Stunden warten28, doch wer eine solche Brühe nur kostet ohne sie herunter zu schlucken, braucht keine sechs Stunden zu warten.29
Zusätzliche Gesetze
- Es ist Brauch, wer ein mit Fleisch gekochtes Gericht isst, muss ebenfalls sechs Stunden warten, bevor er Milchprodukte zu sich nimmt.30
- Wer einparves Nahrungsmittel, das weder milchig noch fleischig ist, gegessen hat, das in einem fleischigen Topf gekocht wurde, braucht keine sechs Stunden zu warten, selbst wenn der Topf nicht 100%ig sauber war.31
- Milch und Fleischprodukte dürfen nicht vom selben Tischtuch gegessen werden, soweit es in der Zwischenzeit nicht gewaschen worden ist.32
- Brotstücke, die während einer fleischigen Mahlzeit auf dem Tisch waren, dürfen nicht mit Milchprodukten konsumiert werden und umgekehrt.33
Was die Kinder betrifft
Kinder unter drei Jahre brauchen zwischen dem Essen von Fleisch und Milch nicht zu warten. Jedoch sollte ihnen in der Zwischenzeit ein anderes Nahrungsmittel angeboten werden.34 Für Kinder von drei bis fünf Jahren reicht es, zwischen Fleisch und Milch eine Stunde zu warten.35
Kinder ab sechs Jahren warten zwischen Fleisch und Milch bereits sechs Stunden. Je nach Entwicklungsstand kann damit auch bis zum neunten Lebensjahr gewartet werden, also nur eine Stunde Wartezeit ausreichen.36
Die Wartezeit zwischen Milch und Fleisch
Es reicht schon aus, in der Zwischenzeit etwas zu essen oder zu trinken, um den Mund von Resten milchiger Nahrungsmitteln zu reinigenDa der Geschmack der Milchprodukte weniger stark als der Geschmack der Fleischprodukte ist, und Milchprodukte normalerweise nicht zwischen den Zähnen steckenbleiben, ist es nicht nötig, nach dem Konsumieren von Milchprodukten lange mit dem Fleischessen zu warten. Gemäß Talmud37 reicht es bereits aus, wenn etwas zu essen oder zu trinken, um den Mund von eventuellen Milchproduktresten zu reinigen. Dazu kann jedes beliebige Nahrungsmittel außer Mehl, Datteln oder Gemüse dienen, da diese den Mund nicht ausreichend reinigen.38
Der Sohar39 vermerkt, dass Milch und Fleisch nicht in der selben Stunde gegessen werden sollen. Aus diesem Grund ist es in Chabad Brauch, nach dem Konsumieren von Milchprodukten eine ganze Stunde mit dem Fleischessen zu warten. Wer das tut, braucht in der Zwischenzeit nichts anderes zu essen oder zu trinken.40 Viele Gemeinden haben den Brauch, eine halbe Stunde mit dem Fleischessen zu warten. Sie interpretieren das Wort "Scha'a" im Sohar als eine Zeitspanne, die nicht wörtlich einer Stunde entspricht.
Halachische Autoritäten verbieten in der selben Mahlzeit Fleisch nach Milch zu essen darf,41 während andere Autoritäten dem nicht zustimmen.42
Harter Käse
Der Maharam (Rabbi Meir von Rothenberg, 1215-1293) fand einst ein Stück Käse zwischen seinen Zähnen, mehrere Stunden nachdem er Käse gegessen hatte. Im Anschluss an diesen Fund achtete er darauf, auch zwischen Käse und Fleisch sechs Stunden zu warten. Es ist angemessen für Aschkenasim, dieser strengeren Ansicht zu folgen und nach dem Essen von hartem Käse sechs Stunden bis zum Fleischessen zu warten.43 Das bezieht sich jedoch nur auf Käse mit einem gewissen Alter44 und starken Geschmack, wie z.B. Schweizer und Parmesan Käse.45
Mit einem Bekannten am selben Tisch sitzen
Zwei Menschen dürfen nicht am selben Tisch sitzen, wenn der eine Milchprodukte und der andere Fleischprodukte isst, selbst wenn die beiden normalerweise nicht die jeweils anderen Gerichte zu kosten pflegen46 – es sei denn, sie errichten ein Merkmal, um sicherzustellen, dass sie nicht versehentlich vom Teller des andern essen. Dieses Merkmal kann ein normalerweise sonst nicht auf dem Tisch befindliches Objekt sein, das auf den Tisch gestellt wird.47
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