Der Begriff Wa'era bedeutet 'Ich habe mich offenbart', wie es zu Anfang dieser Parascha heißt, "Ich habe mich Abraham, Isaak und Jakob mit dem Namen 'Kel Schadai' offenbart, aber mit meinem Namen 'Haschem' (dem primären Namen G-ttes) wurde Ich ihnen nicht bekannt" [Schmot 6, 3]. Warum betont die Tora an dieser Stelle, daß G-tt sich unseren Patriarchen nicht mit seinem primären Namen offenbart hat?
Der Auszug aus Ägypten war vor allem eine spirituelle Befreiung, die es dem Jüdischen Volk ermöglichte, G-tt ohne Einflußnahme anderer Völker zu dienen. Selbstverständlich ist die Befreiung aus der physischen Versklavung dabei nicht unwesentlich, letztlich dient die physische Befreiung jedoch dazu, die spirituelle zu ermöglichen.
Doch was genau ist die Bedeutung einer spirituellen Befreiung? Rabbi Schneor Salman von Ljadi (der Gründer der Chabad-Bewegung) erklärt hierzu, daß dies die Befähigung darstellt, G-tt ohne irgend welche persönlichen Hintergedanken zu dienen (siehe Tora Or, Wa'era 56a). Dies zu erreichen, ist jedoch ohne die Hilfe G-ttes ein schlichtweg unmögliches Unterfangen. Solange ein Mensch versucht, sozusagen von sich aus an sich zu arbeiten, wird alles was er unternimmt, letztlich nur ein Ausdruck seiner persönlichen Agenda bleiben. Selbst wenn er sich vornehmen sollte, sich vollkommen dem Willen G-ttes unterzuordnen, so wird auch dies in der finalen Betrachtung nur ein Ausdruck seiner persönlichen, menschlichen Hintergedanken bleiben.
Um sich dem Willen G-ttes vollständig unterwerfen zu können, bedarf es der G-ttlichen Assistenz - ganz so, wie beim Auszug aus Ägypten, der eine echte spirituelle Befreiung war, die nämlich 'von oben', d.h. durch G-ttlichen Beistand erfolgte.
Dies wirft jedoch folgende Frage auf: Unsere Stammväter waren doch bereits privilegiert, G-ttes Offenbarung erfahren zu dürfen, weshalb ist also noch die spätere (spirituelle) Befreiung aus Ägypten erforderlich? Der Grund hierfür liegt in den Worten G-ttes an Moses, "Ich habe mich Abraham, Isaak und Jakob mit dem Namen 'Kel Schadai' offenbart, aber mit meinem Namen 'Haschem' wurde Ich Ihnen nicht bekannt." Nur durch die Offenbarung des primären Namen G-ttes - dem Namen, der vor allem die Unendlichkeit G-ttes widerspiegelt, sowie der damit einhergehenden Verbindung mit diesem Namen - ist es dem Jüdischen Volk erst möglich, G-tt auf eine Art zu dienen, die jenseits aller persönlichen Belange und Hintergedanken liegt.
Vollständig wird dies aber erst in der Zeit der finalen Befreiung, d.h. im messianischen Zeitalter, zum Ausdruck kommen - wenn wir frei sein werden, G-tt absolut frei zu dienen, wie es geschrieben steht, "und die Erde wird von der Erkenntnis G-ttes erfüllt sein, wie Wasser den Meeresboden erfüllt [Jesaia 11, 9]." Mögen wir es in unseren Tagen erleben!
(Basierend auf Likute Sichot, Band 31, S. 23ff)
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