"Und es gab keinen anderen Propheten in Israel wie Moses, den der Herr von Angesicht zu Angesicht kannte. Das war dadurch offensichtlich, dass Moses all die Zeichen und Wunder, die der Herr ihm aufgetragen hatte, im Land Ägypten gegenüber Pharao und all seinen Dienern sowie all dem Land mit starker Hand und großer Ehrfurcht vor all den Augen Israels vollbrachte." — Deut. 34:10-12

Der Schlussvers des letzten Tora-Abschnittes bezieht sich auf die starke Hand und die große Ehrfurcht, mit der Moses die "Zeichen und Wunder ... vollbrachte". Der Talmud bezieht die Redewendung "vor all den Augen Israels" auf den Vorfall, als Moses die Steintafeln des Bundes zerschmetterte, weil das jüdische Volk das Goldene Kalb anbetete.

Das ist ein seltsamer Abschluss der Fünf Bücher Moses! Die ganze Tora endet mit der Schilderung der Zerstörung der Zehn Gebote durch Moses! Ein weiterer interessanter Punkt besteht darin, dass wir, nachdem wir diesen Abschnitt in der Synagoge zu Ende lesen, sofort mit dem Vorlesen des ersten Tora-Abschnitts beginnen (Gen. 1:1): "Am Anfang erschuf G-tt ..."

Der Grund dafür, dass die Tora mit einer Andeutung auf des Zerbrechen der Steintafeln des Bundes endet, ist derselbe, weshalb wir sofort nach Tora-Abschluss wieder von vorne zu lesen beginnen. Beide Ideen stammen vom selben Prinzip: Wir sind nie fertig und gehen weiter. Gerade wenn wir denken, dass wir auf der letzten Zeile des letzten Abschnittes am Ende angekommen sind, werden wir daran erinnert, dass die Steintafeln des Bundes zerstört und wieder neu hergestellt wurden. So ist es mit unserer geistigen Reise: Niemals gibt es ein Ende, sondern nur die Erinnerung, stets von Neuem zu beginnen.

Als Neuankömmlinge, die sich die 12 Schritte der Anonymen Alkoholiker erstmals anschauten, fragten wir uns, was wir tun, wenn wir sie beendet haben werden. Die Antwort ist, dass unsere Genesung nie endet, sondern stets von vorn anfängt. Wir erinnern uns daran, dass unser Leben einmal am Boden zerstört war, - so wie die Steintafeln, die das Wort G-ttes enthielten. In unserer Verzweiflung hatten wir uns damit einverstanden erklärt, loszulassen und uns von G-tt ein neues Leben geben zu lassen. Wir haben gelernt, G-tt zu vertrauen, unser Leben in Ordnung zu bringen und unsere Beziehungen zu reparieren. Das Programm hat sich für uns bewährt. Und dann hatten wir eines spirituelles Erwachen als Resultat dieser Schritte. Aber unser spirituelles Erwachen im 12. Schritt ist nicht das Ende unserer Genesung. Unser neu gefundener Glaube und unsere Selbstlosigkeit führen zu größerer Akzeptanz der anfänglichen Machtlosigkeit im ersten Schritt. So wie wir anfänglich G-tt gegenüber unsere Machtlosigkeit zugaben, so fangen wir wieder von Neuem an und geben wieder auf. Wie oft wir uns schon durch die Schritte durcharbeiteten, hören wir nie auf, zuzugeben, dass wir Alkoholiker und Abhängige sind. Wir geben wieder zu, dass wir unser Leben nicht bewältigen konnten, denn mit diesem Geständnis beginnt unser erneutes spirituelles Leben.

Wir erinnern uns daran, dass Er es ist, der uns unseren Schmerz nimmt und uns Freude gibt. Er ist es, der unsere Krankheit beseitigt und uns Gesundheit gibt. Er ist es, der uns neue Energie in unserem öden Leben gibt. Unser spirituelles Erwachen im 12. Schritt bringt uns zum ersten Schritt zurück. Er erinnert uns daran, dass unser jetziges spirituelles Leben mit Dunkelheit, Chaos und Leere anfing. Es ist nun unsere Aufgabe, unser Leben wieder mit Licht, Ordnung und Erfüllung anzureichern und dadurch positiv zu verändern.