Eines Tages ging der Prophet Jeremia die Hügel hinauf in Richtung Jerusalem, das verwüstet und in Trümmern lag. Er hob seine Augen und sah eine Frau auf dem Gipfel des Berges sitzen, wo kurz zuvor noch der Bet Hamikdasch in seiner ganzen Pracht gestanden hatte. Die Frau war schwarz gekleidet und ihr Haar war zerzaust, wie das einer trauernden Frau. Sie weinte und klagte; wer konnte sie trösten? Jeremia selbst weinte voller Kummer über die Zerstörung des Bet Hamikdasch, doch er näherte sich der Frau und sagte zu ihr: „Wenn du ein Mensch bist, sprich mit mir; wenn du ein Geist bist, dann weiche von mir.“
Die Frau hob ihre tränenüberströmten Augen und antwortete: „Erkennst du mich nicht? Ich war eine glückliche Frau und Mutter von sieben Kindern. Der Vater meiner Kinder hat mich verlassen und ist nach Übersee gegangen. Dann kam ein Bote mit einer schlechten Nachricht: „Dein Haus ist eingestürzt und hat deine Kinder in den Trümmern begraben.“ Um wen soll ich zuerst trauern, um meine Kinder oder um meinen Mann?“
Inmitten seiner eigenen Trauer war Jeremias' Herz voller Mitgefühl für die untröstliche Frau, und er versuchte, sie zu trösten, indem er sagte: „Mein Herz ist voller Kummer um dich; aber ist dein Los schlimmer als das von Mutter Zion? Sieh, was mit Jerusalem geschehen ist; es ist zu einem Brutplatz für die Tiere des Feldes geworden!“
Die Frau erwiderte: „Ich bin deine Mutter Zion; ich bin die unglückliche Mutter der Sieben.“
Da sagte Jeremia zu ihr: „Dein Schicksal scheint dem von Hiob zu gleichen. Hiob hat seine Söhne und Töchter verloren, und du hast deine verloren. Hiob hat all seine wertvollen Besitztümer verloren, und du hast sie auch verloren. Hiob wurde auf den Müllhaufen geworfen, und du wurdest auch auf den Müllhaufen geworfen. Aber nimm dir ein Beispiel an Hiob, denn Hiob wurde zu noch größerer Herrlichkeit als je zuvor wiederhergestellt und wurde voll und ganz getröstet und für sein Leiden belohnt, so wirst auch du wiederhergestellt und getröstet werden; Hiobs Kinder wurden verdoppelt, und so wird es auch bei dir sein; Hiobs Reichtum wurde am Ende verdoppelt, so wird es auch bei dir sein; Hiob wurde vom Staubhaufen zu einem Ehrenplatz erhoben, und so wird es auch bei dir sein, denn so hat G-tt erklärt: „Schüttle den Staub ab, erhebe dich und setze dich aufrecht hin, Jerusalem! Ein Mensch aus Fleisch und Blut hat dich erbaut, und ein Mensch aus Fleisch und Blut hat dich zerstört. Aber in Zukunft werde ich selbst dich erbauen, und du sollst nie wieder zerstört werden. Und so steht es auch geschrieben: „G-tt wird Jerusalem bauen und die Verbannten Israels sammeln.”
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