V. Der Vers „Ihr werdet mit Wonne Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils“1 wird auf Simchat Bet haScho-ewa angewendet.2 Daraus scheint zu folgen, dass das Wasser für die Gussopfer auf dem Altar aus Quellen geschöpft werden musste. Dies stellt jedoch eine Schwierigkeit dar: Der Rambam schreibt vor, dass sie, wenn kein Wasser aus dem Schiloach (Siloam-Becken) zur Verfügung stand, Wasser aus dem Kijor (Waschbecken) nahmen.3 Der Kijor hatte nicht den Status einer Quelle. Außerdem konnte man das Wasser einer Mikwe verwenden, um den Kijor zu füllen,4 und daher muss dieses Wasser auch für die Gussopfer geeignet gewesen sein.5
Daraus folgt, dass die Herkunft des Wassers (ob es aus Quellen oder von einem anderen Ort geschöpft wurde) keine Rolle spielt. Der Hauptzweck ist: „Ihr werdet mit Wonne Wasser schöpfen“, und das allein bewirkt schon, dass es „aus den Quellen des Heils“ kommt.
VI. Das Wasser einer Quelle hat einen Vorteil gegenüber allen anderen Gewässern:
(a) Eine Quelle reinigt (rituell) mit einer beliebigen Menge [wie wenig auch immer] ihres Wassers.6 Andere Gewässer benötigen eine bestimmte Menge, um zu reinigen. Quellwasser jedoch ist mit seiner Quelle verbunden, und seine Menge ist daher irrelevant. Es ist seine Qualität, die zählt, und deshalb kann es mit jeder Menge (rituell) reinigen.
(b) Quellwasser reinigt (rituell) auch dann, wenn es fließt.7 Andere Gewässer müssen in einem spezifischen Reservoir enthalten sein, in dem sie sich in Ruhe befinden und das ihrer angemessenen Quantität entspricht. Für Quellwasser hingegen gelten diese Anforderungen nicht, solange es mit seiner Quelle verbunden ist.8
Auf der geistigen Ebene bedeutet dies Folgendes:
Wer sich allein aufmacht, sich auf seine eigenen Möglichkeiten und persönlichen Berechnungen verlässt (also losgelöst von der Quelle), unterliegt mehreren Bedingungen. Er bräuchte eine bestimmte Menge an Intelligenz und Fähigkeiten, die ausreichen, um seinen ganzen „Körper“ zu bedecken. Diese müssen in einem “Reservoir” außerhalb seiner selbst und in der angemessenen Quantität enthalten sein, d. h., dass auch ein anderer bestätigt, dass die erforderliche Mindestmenge vorhanden ist.9 Ohne diese Voraussetzungen kann man nicht einmal die Möglichkeit in Betracht ziehen, jemand anderen (rituell) zu reinigen, und in der Tat sind diese „Wasser“ selbst anfällig für (rituelle) Unreinheit.
Wenn man jedoch mit dem Ursprung verbunden ist, mit der Quelle selbst, gibt es keine weiteren Voraussetzungen. Man kann sogar mit der kleinsten Menge Wasser (rituell) reinigen, und sogar mit fließendem Wasser. Dabei spielt es keine Rolle, ob die eigenen Fähigkeiten reichlich oder spärlich sind. Selbst wenn er nur wenig hat, und das wenige kann auch noch „fließend“ sein, hat er durch die Verbindung mit der Quelle eine breite Basis. Er ist nicht nur davor gefeit, sich selbst (rituelle) Unreinheit zuzuziehen, sondern wird tatsächlich alle Zustände der (rituellen) Unreinheit beseitigen, selbst die schwersten (sie sind „Wasser der (rituellen) Reinigung“). Da er mit der Quelle verbunden ist, spielen seine eigenen Fähigkeiten keine Rolle.
VII. Wir können nun die Bedeutung von „Ihr werdet mit Wonne Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils“ verstehen.
Das Schöpfen von Wasser im geistigen Sinne, das sich auf die Awoda des Menschen bezieht, bedeutet Kabbalat Ol. Dies wird durch den Unterschied zwischen Wein und Wasser deutlich. Wein hat einen Geschmack, der auf der geistigen Ebene für Verständnis und Einsicht steht. Bei Wasser hingegen schmeckt man nichts, was auf eine Handlung mit Kabbalat Ol hinweist. Es gibt keine Überlegungen zu persönlichen Motiven, ob es einem gefällt, sondern eine Verbindung zur Quelle und ein Handeln mit Kabbalat Ol.10
„Ihr werdet mit Wonne Wasser schöpfen“: Wenn es ein wenig einfaches Wasser gibt, das überhaupt keinen Geschmack hat, aber man schöpft es mit Freude, weil man es auf den Altar für G-tt gießt, wie G-tt es befohlen hat, wird es sich von selbst in „Quellen des Heils“ verwandeln. Es wird zu Wasser einer Quelle, die mit dem Ursprung verbunden ist und mit der kleinsten Menge (rituell) reinigt, selbst wenn es fließt, und bewirkt so die Erlösung in allem. Diese Wirkung wird überproportional zu den eigenen Fähigkeiten sein, weil sie mit der Quelle selbst verbunden ist.
(Adaptiert aus einer Sicha gehalten an Sukkot 5716)
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