I. Ganz am Anfang dieser Parascha stehen drei Gebote: a) „Ihr sollt heilig sein“1, b) „Jeder Mensch soll seine Mutter und seinen Vater ehren“2 und c) „Ihr sollt Meine Schabbatot halten.“3

Alles in der Tora ist präzise. Die Tatsache, dass diese drei Mizwot aufeinander folgen, muss daher von Bedeutung sein und zeigt, dass sie miteinander verbunden sind.

II. Der Begriff „Heiligkeit“ bedeutet in diesem Fall Absonderung, wie es am Ende der Parascha heißt,4 „Ihr sollt Mir heilig sein, denn [Ich, der Ewige, bin heilig, und] Ich habe euch von den Völkern abgesondert ...“5 Das heißt, das jüdische Volk muss von den Völkern der Welt abgesondert sein, wie es geschrieben steht: „Wir sollen unterscheidbar sein, ich und Dein Volk, von allen Völkern, die auf der Erde sind.“6

Man kann nur dann von einem Bedürfnis nach Trennung sprechen, wenn die äußeren Faktoren gleich sind. Das Gebot „Ihr sollt heilig sein“ bezieht sich also nicht auf Tora und Mizwot; denn diese beziehen sich überhaupt nicht auf die Völker der Welt, wie es geschrieben steht7 „Er verkündet Seine Worte dem Jaakow ... keinem Volk tat er so ...“ Vielmehr geht es um gewöhnliche Dinge, die erlaubt [und nicht vorgeschrieben] sind, wie Essen, Trinken, Geschäfte machen und so weiter. In diesen Dingen, so scheint es, sind die Juden äußerlich identisch mit anderen Völkern, und deshalb befiehlt die Tora: „Ihr sollt heilig sein.“

Wie ist es möglich, die Heiligkeit zu bewahren, wenn man sich mit weltlichen Dingen beschäftigt, besonders in der Zeit und unter den Bedingungen der Galut mit ihrer vielfach verdoppelten Dunkelheit? So sagt die Tora: „Denn Ich bin heilig!“8 Juden, wo immer sie sind, sind mit dem Allmächtigen verbunden, mit dem, von dem wir sagen: „Du bist heilig.“ Deshalb sind sie auch heilig, ein „heiliges Volk“9, bis hin zu einer Analogie zur Heiligkeit des Heiligen, gesegnet sei Er: „Er kann (heilig) sein wie Ich selbst.“10

III. Das höchste Ziel eines Juden ist es nicht, nur für sich selbst heilig zu sein, sondern wie die Schrift von unserem Vater Awraham, dem ersten Juden, sagt: „Damit er seinen Kindern und seinem Haus nach ihm gebiete und sie den Weg des Ewigen bewahren ...“11 Deshalb folgt auf das Gebot, heilig zu sein, der Satz: „Jeder Mensch soll seine Mutter und seinen Vater ehren“ – eine Anspielung auf die Verpflichtung von Chinuch (Erziehung). Die Eltern sind die ersten Erzieher. Die Mutter und der Vater müssen ihren Kindern das Gefühl vermitteln, dass sie anders sind als der Rest der Welt, dass sie Teil eines heiligen Volkes sind.

Die Reihenfolge in diesem Vers ist „seine Mutter und sein Vater“, wobei zuerst die Mutter erwähnt wird. Denn die Mutter ist das Fundament des Hauses, und der größte Teil der eigentlichen Erziehung liegt in ihren Händen.

IV. Wie kann man den Kindern und sich selbst das Bewusstsein vermitteln: „Wir sollen unterscheidbar sein, ich und Dein Volk“? Dies wird durch das dritte Gebot verdeutlicht: „Ihr sollt Meine Schabbatot halten.“

Der Schabbat ist ein Zeichen zwischen dem Allmächtigen und Israel.12 Er steht für den Glauben an die Schöpfung des Universums. Er stärkt und bekräftigt die Gewissheit, dass der Allmächtige der Schöpfer des Universums ist und es kontinuierlich erhält und leitet.13

In diesem Zusammenhang gibt es einen Unterschied zwischen Juden und allen anderen Völkern. Die Völker der Welt behaupten, der Allmächtige habe seine direkte Vorsehung von der Welt zurückgezogen und die Kontrolle über sie den Naturgewalten überlassen: „Der Ewige hat die Erde verlassen“14, damit sie jetzt von den Sternen und Planeten beherrscht werden.15 Der Glaube der Juden jedoch bindet sie an den Allmächtigen, der die Natur übersteigt. Daher brauchen sie sich nicht um die Naturgesetze zu kümmern, wie es geschrieben steht: „Fürchtet euch nicht vor den Zeichen des Himmels, (obwohl) die Völker sich vor ihnen fürchten sollen.“16 Das ist der Unterschied zwischen Schabbat und den sechs Wochentagen: Der Schöpfungsbericht enthält zweiunddreißig Verweise auf den G-ttlichen Namen Elokim,17 dessen Gematria (numerisches Äquivalent) dem des Begriffs haTewa (Natur) entspricht.18 Vom Schabbat wird gesagt, dass er „Schabbat laHawaja – ein Schabbat für den Ewigen“19 ist, wobei der G-ttliche Name Hawaja verwendet wird, der „Haja, Howe weJihje (Er war, Er ist und Er wird sein) verbunden in einer Einheit“20 bedeutet, d. h. das Konzept der Überschreitung der Natur.21

Der Schabbat wurde nur dem jüdischen Volk gegeben, und nicht den Völkern der Welt,22 so dass „ein Nichtjude, der den Schabbat hält, ein Kapitaldelikt begeht“23, denn die Völker können nur in Beziehung mit Elokim treten, dessen Gematria haTewa ist, und nicht mit Schabbat laHawaja.24

Dieser Aspekt wird auch in der anderen Bedeutung des Schabbat gesehen, nämlich dass er an den Auszug aus Mizrajim (Ägypten) erinnert,25 was einen Auszug aus allen Mezarim (Beschränkungen und Eingrenzungen der Natur) bedeutet.26

V. „Ihr sollt Meine Schabbatot halten“ bedeutet also, das Zeichen und den Bund zwischen Israel und der transzendenten G-ttlichkeit zu bewahren und zu schützen. Dies geschieht durch die Stärkung unseres Glaubens an die Tatsache, dass Juden nicht den Naturgewalten unterworfen sind, sondern unter der besonderen und individuellen Vorsehung des Allmächtigen stehen.

Dies wiederum wird in uns selbst und in unseren Kindern den Grundsatz „Ihr sollt heilig sein“ so weit bewirken, dass sogar unsere weltlichen und physischen Angelegenheiten von Heiligkeit durchdrungen sein werden. Denn wir glauben zutiefst, dass auch die physische Realität der Juden mit dem Einen verbunden ist, von dem es heißt: „Denn Ich bin heilig.“

So heißt es weiter in der Parascha: „Ihr sollt Meine Schabbatot halten und Mein Heiligtum ehrfürchten“27 : Das Gebot des Schabbat wird neben das Gebot über das Heiligtum gestellt, denn durch das Halten der Schabbatot bewirkt der Jude, dass alles, womit er zu tun hat, zu einer Wohnstätte und einem Heiligtum für G-tt wird, möge Er gesegnet sein.

(Adaptiert aus einer Sicha gehalten an Pessach 5717)